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Fan-Ausschluss bei Borussia Dortmund
"Echte Liebe" kennt keinen Hass

100000 Euro Strafe und ein Spiel keine Fans auf der Südtribüne. Nach den Ausschreitungen beim letzten Heimspiel gegen Leipzig hatte der Kontrollausschuss des DFB diese Strafe beantragt. Borussia Dortmund hat ihr heute zugestimmt.

Ein Kommentar von Matthias Friebe | 13.02.2017
    Die gesperrte Südtribüne im Dortmunder Signal Iduna Park
    Die Südtribüne im Dortmunder Signal Iduna-Park bleibt am Samstag gesperrt. (Sven Simon/ Imago)
    In Dortmund ist Fußball mehr als nur die schönste Nebensache der Welt. Seit Jahren wirbt der BVB mit dem Slogan "Echte Liebe" für sich. Für manch einen ist der Verein gar Religion, was selbst in der Vereinshymne so beschrieben wird. Die lautesten und leidenschaftlichsten Fans werden das aber am Samstag nicht im Stadion singen können, sie müssen zu Hause bleiben. Die Herzkammer der Dortmunder Arena bleibt leer, die als gelbe Wand gefeierte Südtribüne grau. Und das zu Recht.
    Zwar durfte der DFB in seinem Urteil die Gewalt vor dem Stadion gar nicht mit einbeziehen, weil man nur für Vorfälle auf den Rängen und auf dem Platz zuständig ist, aber schon das reichte in diesem Fall aus. Längst nicht zum ersten Mal waren einige der Anhänger mehr als nur negativ aufgefallen. Blind vor Liebe für den eigenen Verein, brauchten manche von ihnen sogar Hass und Gewalt, um sich von anderen abzugrenzen. Lieblingsziele sind von Konzernen protegierte Clubs wie Hoffenheim, Wolfsburg und seit neuestem vor allem Leipzig.
    "Diese Strafe ist gerecht"
    Hiebe statt Liebe vor dem Stadion, auf der Tribüne dann unterirdische Gesänge und Transparente. Was hat es mit echten Emotionen für die eigenen Farben zu tun, wenn man den Gegner zum Selbstmord aufruft?
    Und so stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Strafe nicht. Obwohl es innerhalb der Arena zu keiner Gewalt mehr kam und der BVB der erste Club ist, der trotzdem leere Ränge hinnehmen muss, diese Strafe ist gerecht. Natürlich sind auch viele jetzt davon betroffen, die auch gegen Leipzig friedlich auf der Tribüne standen. Ganz sicher sind nur einige Hundert von den 25.000 Übeltäter. Aber es ist eine Strafe für den Verein. Hätte nicht zum Beispiel der Stadionsprecher mit Durchsagen aufrufen müssen, die Transparente zu entfernen? Wie konnte eigentlich diese Vielzahl an Schmähplakaten überhaupt durch die Kontrollen kommen?
    Bilder der leeren Südtribüne werden um die Welt gehen
    Nicht zu unterschätzen ist natürlich der Symbolcharakter der Strafe. Das Bild der leeren Südtribüne wird um die Welt gehen. Die größte und vielleicht berühmteste Stehplatztribüne auf dem Globus bleibt leer. Das könnte zum Fanal werden, dass sich etwas ändern muss in den Arenen.
    Dass nebenbei der BVB selbst, sich zwar als Traditionsverein feiert, für den guten, alten Fußball stehen will, selbst aber der einzige börsennotierte Club der Liga ist und in einem Stadion spielt, dass inzwischen den Namen eines Versicherungskonzerns trägt, ist der ironische Teil dieser Geschichte.
    Mut zu unpopulären Entscheidungen
    Ändern muss sich die Sprache. Und auch wenn Rivalitäten und das pathetische Anheizen der Stimmung für viele einen Spieltag erst richtig würzen, Funktionäre tragen auch mit ihrer Wortwahl eine große Verantwortung. Der BVB also, der sich jetzt für eine sachliche Debatte einsetzen will, muss dafür sorgen, dass in Zukunft verbal abgerüstet wird und sich "echte Liebe" anders definiert als über Abneigung und Hass anderen gegenüber. Und vor allem gehört dazu, den Mut zu vielleicht unpopulären Entscheidungen zu haben, das heißt konsequent Stadionverbote auszusprechen.
    Denn eins darf man niemals vergessen im Milliardengeschäft Bundesliga. Es ist nur Fußball. Hass und Gewalt gibt es schon genug auf der Welt.