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Fass ohne Boden

Die Commerzbank hat so viele schlecht bewertete Staatsanleihen in ihrem Portfolio, dass das richtige Löcher in ihre Bilanz reißt. Die Eurokrise hat der Commerzbank die Neun-Monats-Bilanz verhagelt - aber das ist nicht ihr einziges Problem.

Von Brigitte Scholtes | 04.11.2011
    Die Commerzbank steht wieder einmal vor großen Herausforderungen: Hohe Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen und die Marktturbulenzen haben ihr im dritten Quartal einen Verlust von 687 Millionen Euro beschert. Vor einem Jahr hatte die Bank noch 113 Millionen Euro Gewinn eingefahren. Nach neun Monaten ist damit das Konzernergebnis auf 322 Millionen zusammengeschmolzen.

    Die Börse war enttäuscht von den Zahlen. Warum, das erklärt Michel Rohr, Analyst der equinet-Bank:

    "Im Großen und Ganzen hatten die Analysten und der Markt einen Verlust für das Quartal erwartet, unbedingt auch mit Griechenland gerechnet, denn dort haben wir 800 Millionen Abschreibungen gesehen. Was hinzukam, waren allerdings auch noch Verluste auf Staatsanleihen, die man weiter abgebaut hat. Insgesamt ist das Portfolio hier zusammengeschmolzen auf knapp 13 Milliarden. Und man hat halt auch gesehen, dass Spanien noch weitere Verluste eingefahren hat und das hat die Anleger dann auch mit enttäuscht."

    Um knapp 800 Millionen Euro korrigierte das Institut den Wert der griechischen Staatsanleihen nach unten - als Folge des freiwilligen Schuldenschnitts von 50 Prozent, den die Finanzbranche nach dem Eurogipfel in der vergangenen Woche angekündigt hatte. Insgesamt hat die Bank ihren Anleihebestand in den Eurokrisenländern seit Ende 2010 um ein Fünftel auf 13 Milliarden Euro reduziert. Die Staatsschuldenkrise lässt auch die Lust der Privatkunden am Wertpapiergeschäft sinken. Doch in der der Mittelstandsbank und bei der polnischen Tochter Bre-Bank sei das Geschäft gut gelaufen. Finanzvorstand Strutz:

    "Wir gehen zunächst einmal davon aus, dass die Märkte weiterhin volatil sind, nichtsdestotrotz, dass hier die ganzen Maßnahmen, die wir mit der Roadmap 2012 für die Kernbank eingeleitet haben, greifen werden, hier die Kernbank, die ja drei Milliarden Euro operatives Ergebnis in den ersten neun Monaten geliefert hat, eine weiterhin sehr stabile Säule auch unseres Ergebnisses sein wird. Man sieht auch hier: Die vier Milliarden, die wir uns mal gesetzt haben - oder für die Kernbank eigentlich 3,6 - sind in Reichweite, wenn die Märkte sich wieder stabilisieren."

    Vier Milliarden Euro operativen Gewinn hatte die Bank eigentlich für 2012 eingeplant. Finanzvorstand Strutz rechnet nicht damit, im laufenden Jahr nach deutschem Bilanzrecht einen Gewinn zu erzielen. Nur dann wird die verbleibende stille Einlage von 1,9 Milliarden Euro bedient. So entgehen dem Steuerzahler wieder 170 Millionen Euro an Zinsen.

    Hinzu kommt die Anforderung der europäischen Bankenaufsicht EBA, die den Banken nun eine Kernkapitalquote von neun Prozent vorschreibt. Die Commerzbank muss deshalb gut 2,9 Milliarden Euro auftreiben. Eric Strutz:

    "Wir werden unsere Risikoaktiva in den nicht strategischen Bereichen deutlich schneller abbauen. Hier noch einmal ganz wichtig: Wir werden weiter Kredit für Deutschland zur Verfügung stellen, das haben wir ja auch in der letzten Krise gemacht, aber es gibt eben auch das ein oder andere Randgeschäft, das jetzt nicht verlängert wird."

    Denn um nicht noch einmal Geld vom Staat nehmen zu müssen, will die Bank neue Kredite nun nur noch in Deutschland und Polen oder an Kunden aus diesen beiden Ländern vergeben. Auch die Immobilientochter Eurohypo wird voraussichtlich bis Ende Juni kein Neugeschäft mehr vergeben. An der polnischen Bre-Bank als auch an der Direktbanktochter comdirect hält die Commerzbank jedoch fest.