Dienstag, 16. April 2024

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FC Bundestag
"Können natürlich nicht alle ausschließen, die AfD wählen"

Der Vereinsprädident von Eintracht Frankfurt will keine AfD-Mitglieder aufnehmen und hat damit für Diskussionen gesorgt. Beim FC Bundestag werde man die AfD nicht ausschließen, sagte der Abgeordnete Dieter Janecek im Dlf. Allerdings nehme man "keine Leute von der AfD auf, die offen rassistisch agieren".

Dieter Janecek im Gespräch mit Martin Zagatta | 29.12.2017
    Bundestagsabgeordneter Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen).
    Kickt beim FC Bundestag: Dieter Janecek von Bündnis 90/DieGrünen. (dpa / Michael Kappeler)
    Martin Zagatta: Peter Fischer heißt der Präsident des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt, und der will keine AfD-Anhänger in seinem Verein. Das will er bei der im Januar anstehenden Mitgliederversammlung klarmachen, und mit dieser Forderung, keine AfD-Anhänger im Fußballverein hat er eine erregte Debatte ausgelöst. Andrea Schültke berichtet.
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    Ein Bericht von Andrea Schültke, und mitgehört hat Dieter Janacek von Bündnis90/Die Grünen. Er ist Bundestagsabgeordneter und Landesvorsitzender in Bayern, und wir haben ihn angerufen, weil er mitspielt in dieser Fußballmannschaft des Bundestages, im FC Bundestag. Guten Tag, Herr Janacek!
    Dieter Janecek: Guten Tag, grüß Sie!
    "Können natürlich nicht alle ausschließen, die AfD wählen"
    Zagatta: Herr Janacek, wenn wir mit Frankfurt beginnen: Vom Vereinsrecht wäre das wohl gedeckt, aber was halten Sie davon, was Eintracht Frankfurt da jetzt vorhat, was Eintracht Frankfurt da jetzt macht. Kann man AfD-Anhänger von einem Fußballverein ausschließen?
    Janecek: Ich habe das so verstanden, dass Herr Fischer gesagt hat, Leute, die sich wirklich engagieren, die Parolen der AfD auch durch die Gegend schleudern, die haben keinen Platz im Verein, wir setzen da ein Signal auch gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Rassismus. Das ist übrigens ja auch die Haltung des DFB und auch des Deutschen Bundestages, denn wir haben ja ein Grundgesetz, wo genau das betont wird. Wenn man das so verstehen kann, finde ich das gut. Prinzipiell können wir natürlich nicht alle Leute jetzt ausschließen, die irgendwie AfD wählen, aus dem Fußball. Das macht natürlich keinen Sinn.
    "Keine Leute von der AfD, die offen rassistisch agieren"
    Zagatta: Und Grundgesetz hin oder her, die AfD ist ja mit 14 Prozent fast in den Bundestag eingezogen. Spaltet man da mit solchen Forderungen jetzt die Gesellschaft nicht noch mehr?
    Janecek: Wir im Bundestag haben ja eine eigene Haltung zu dieser ganzen Frage, was die Mannschaft angeht, der ich ja seit vier Jahren angehöre. Wir haben gesagt, wir haben klare Prinzipien in der Bundestagsmannschaft, wir spielen ja schon seit vier Jahren von der Linken bis zur CSU fraktionsübergreifend zusammen, verstehen uns sehr gut. Die Politik wird insofern rausgehalten, dass man halt sich verständigt auf Prinzipien, das heißt, gegen Rassismus, das heißt für Vielfalt, das heißt auch mal Benefiz-Spiel für die Flüchtlingshilfe.
    Wenn die AfD sagt, da können wir mitmachen, dann werden wir uns das auch anschauen. Aber was wir nicht machen werden, ist Leute von der AfD aufnehmen in die Mannschaft, die offen rassistisch agieren oder gar versuchen, dann ihr eigenes Spielchen zu spielen, was sie ja schon versucht haben. Sie sind ja über die "Bild"-Zeitung gegangen, haben angekündigt, sie gehen da jetzt dicke rein in die Mannschaft und mischen das auf.
    Und dazu ist der FC Bundestag nicht da. Das ist überparteilich, aber es ist eben auch auf klaren Prinzipien basierend, und die sind gegen Rassismus, sie sind für Flüchtlinge. Wenn die AfD das mitträgt, dann kann sie natürlich auch mitspielen.
    "Die Prinzipien müssen sie auch unterschreiben"
    Zagatta: Wollte ich gerade sagen. Es wäre doch witzig, wenn Sie AfD-Abgeordnete dazu bringen, dann für Flüchtlingshilfe da aktiv in der Fußballmannschaft zu werden. Warum sollte man so was verbieten?
    Janecek: Ja. Das will ich ja gar nicht verbieten. Die Haltung ist, sie können kommen, die können natürlich mitspielen. Jeder kann das. Aber die Prinzipien, die müssen sie auch unterschreiben, und das heißt, eine deutsche Mannschaft, die vertritt Deutschland. Deutschland ist ein Land der Vielfalt, das auch anderen hilft, das auch sagt, wir wollen gegen Rassismus eintreten. Das ist ja nicht gerade das, was die AfD jetzt im Bundestag oder im Parteiprogramm vertritt. Aber das müssen sie dann selbst wissen.
    "Müssen uns damit abfinden, dass die AfD gewählt ist"
    Zagatta: Da steht aber auch nicht das Gegenteil drin. Da wird doch ein AfD-Abgeordneter kaum Schwierigkeiten haben, das zu unterschreiben. Oder haben Sie da Zweifel?
    Janecek: Das weiß ich nicht, ob er das kann. Aber es wird natürlich auch Bilder geben dann, wo wir gemeinsam beispielsweise mit einem Banner stehen "Für Flüchtlingshilfe, gegen Rassismus". Wenn der AfD-Spieler das dann mittragen kann, dann ist das ja vielleicht auch ein gutes Zeichen, dass die AfD da ein bisschen Farbe bekennt, was sie ja bisher nicht tut. Ganz im Gegenteil, sie schürt ja diese Ängste und Fremdenfeindlichkeit und lebt davon.
    Zagatta: Sie selbst spielen im rechten Mittelfeld, haben wir uns sagen lassen. Wollen Sie denn dann notfalls auf einen so gefährlichen Rechtsaußen wie Alexander Gauland verzichten? Ist es das wert?
    Janecek: Wir hatten jetzt mit Herrn Dirk Fischer aus Hamburg einen 74-Jährigen hinten stehen, rechts-außen, der ist jetzt nicht mehr im Bundestag, der war über 30 Jahre im Parlament.
    Zagatta: Genau, da wäre doch Gauland jetzt ein guter Ersatz.
    Janecek: Ich sehe das erst mal ganz locker. Natürlich ist die AfD auch gewählt. Ich tu mich natürlich schon erst mal schwer mit dem Gedanken. Aber wir sind ein Parlament. Im Parlament sind alle, die gewählt worden sind, eben vom Volke gewählt, und wir müssen uns auch damit abfinden, dass die AfD gewählt ist. Ich habe von einem AfD-Abgeordneten gehört, er hat sich zitieren lassen, gesagt, er will mit keinem Grünen zusammenspielen. Am Ende sind wir gewählt und müssen damit umgehen.
    Aber wir haben Prinzipien. Wenn die Prinzipien nicht eingehalten werden, dann kann man die Leute aus der Mannschaft rausschmeißen. Das ist eben auch möglich, auch in jedem Verein.
    "Ein Signal setzten - das kann jeder Verein machen"
    Zagatta: Klar. Aber wenn Sie sich jetzt so offen geben, kann dann, um da noch mal zum Ausgangspunkt unseres Gesprächs zurückkommen, kann sich dann so ein Verein wie Eintracht Frankfurt da so verschließen? AfD-Anhänger, das sind ja auch angeblich sehr viele Protestwähler. Sie kommen aus Bayern. Würden Sie sagen, der FC Bayern sollte das ähnlich machen?
    Janecek: Ich glaube, ein Signal zu setzen, dass jeder, der dem FC Bayern angehört, auch die Prinzipien unterschreibt, nämlich gegen Fremdenfeindlichkeit einzutreten - der FC Bayern hat auch gespendet für die Flüchtlingshilfe, hat gesagt, wir stehen gemeinsam zusammen in der Gesellschaft. Wir sind ein Verein aus vielen Spielern vieler Nationen, wir unterstützen dieses Bild von Vielfalt. Wir schimpfen nicht auf Jerome Boateng, wie das der Gauland gemacht hat.
    Das kann jeder Verein machen. Und übrigens, bei Fußballweltmeisterschaften, Europameisterschaften, Bundesliga, oft ist es ja auch so, dass der DFB, dass die FIFA, die UEFA diese Signale auch geben an die Fans. Die Frage ist, wie weit man geht in die Fans hinein und sagt, wir verlangen von euch jetzt wirklich einen Bekenntnisnachweis. Das muss jeder selber entscheiden.
    "Der DFB ist für mich ein Bollwerk gegen Rassismus"
    Zagatta: Wie weit sollte man denn da jetzt in der Gesellschaft gehen? Gestern habe ich Meldungen gelesen, dass eine Tafel, die sich da um Hilfsbedürftige kümmert, die hat eine Spende der AfD für diese Menschen, für Bedürftige, wieder zurückgehen lassen, weil man das nicht will. Können Sie das nachvollziehen?
    Janecek: Ja, natürlich kann ich das nachvollziehen, weil man natürlich den Verdacht haben kann, dass sich da manche reinwaschen wollen. Die AfD hat ja ein großes Interesse, als nicht rassistische Partei dazustehen. Aber faktisch gesehen, das sage ich auch ganz deutlich, ist sie das. Sie toleriert das ja, sie toleriert ja Herrn Höcke und andere und läuft mit den Thesen durch die Gegend.
    Und dass man sich da nicht missbrauchen lassen will als soziale Organisation, das kann ich gut nachvollziehen, das kann ich auch als Fußballverein nachvollziehen. Wir haben ja auch Probleme in den Stadien mit rechten Parolen, mit Rassismus, nicht erst seit gestern. Auch vor Kurzem wieder beim Länderspiel. Herr Löw hat sich ja auch, unser Bundestrainer, sehr deutlich geäußert. Übrigens auch 2015 in einer beeindruckenden Rede. Der DFB ist für mich ein Bollwerk gegen Rassismus, und das muss die AfD auch verstehen.
    "Was wir nicht zulassen, ist dieses ständige Gejammer der AfD"
    Zagatta: Ich glaube auch nicht, dass die AfD das gutgeheißen hat. Die andere Frage noch, wir hören ja jetzt immer wieder, dass man im Bundestag, dass Sie regelrecht überrascht seien, wie gemäßigt sich da die AfD-Abgeordneten geben. Das stimmt doch so, oder sehe ich das falsch?
    Janecek: Schwer einzuschätzen. Aber ich merke das in der Tat, wenn ich mal abends beim Bier sitze – im Bundestag gibt es ja so eine Art Kneipe unten -, dann kommen auch Leute von der AfD, und die wollen Anerkennung. Das ist ganz seltsam. Man will ja akzeptiert sein, irgendwie auch dazugehören. Und dann sage ich zu denen, in aller Regel, natürlich können wir reden, aber ich will mal von euch verstehen, warum ihr diese rassistischen Theorien von Herrn Höcke und anderen toleriert, und dann kommt keine Antwort, da kommt kein Gespräch zustande.
    Also, Gespräche wird es geben. Das Gemäßigte - man will natürlich wählbarer sein als AfD in der Zukunft. Aber man sagt sich eben nicht los von dem, was gegen die Prinzipien aus meiner Sicht des Grundgesetzes steht, nämlich ganze Gruppen menschenfeindlich auszugrenzen und die Ängste zu schüren und damit letztlich auch etwas zu zerstören, was wir in der Gesellschaft über Jahrzehnte aufgebaut haben. Da kommen wir nicht in einen Dialog rein. Aber wir werden miteinander umgehen. Was wir vor allem nicht zulassen, ist dieses ständige Gejammer der AfD, dass sie die Opfer sind. Weil das ist ja auch ein Spiel. Man versucht sich ständig zu inszenieren. Ich finde das ein bisschen weinerlich mit der Zeit. Die müssen sich mal was Neues einfallen lassen.
    "Erst mal werden wir uns offen geben"
    Zagatta: Vielleicht legt sich das, wenn Sie jetzt da demnächst gemeinsam Fußball spielen. Auf eine neue Regierung müssen wir wohl noch lange warten. Wie ist das jetzt bei Ihnen? Trainieren Sie schon wieder, sind da Spiele schon absehbar?
    Janecek: Ja, ich würde gern mal wieder trainieren. Das hat ja in der Tat auch damit zu tun, dass wir keine neue Regierung haben, dass wir auch keine Ausschüsse haben. Dadurch haben wir auch noch keinen Spielbetrieb, weil der Bundestag sich jetzt erst, im Januar, organisiert. Da freue ich mich drauf. Das ist auch ein guter Ausgleich dann, wenn man die ganze Woche von morgens bis abends sitzt, dass man abends mal ein bisschen läuft und spielt. Ich bin gespannt, wie das werden wird. Ich kann es Ihnen auch noch nicht sagen.
    Es kann auch natürlich dazu führen, dass das Klima schlecht wird in der Mannschaft und wir letztlich auch sagen, wir haben keine Lust mehr, zu spielen. Ich hoffe, dass wir das hinkriegen. Aber erst mal werden wir uns offen geben. Das müssen wir auch, glaube ich, ja.
    Zagatta: Sagt Dieter Janacek, Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen und Mitspieler im FC Bundestag im rechten Mittelfeld. Herr Janacek, schönen Dank für das Interview!
    Janecek: Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.