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FDP-Abgeordneter kritisiert Bundesbank-Personalie Weidmann

Kritik an der Wahl Jens Weidmanns für das Amt des Bundesbankpräsidenten: Frank Schäffler sieht die Unabhängigkeit der Bundesbank durch Jens Weidmanns bisherige Nähe zur Kanzlerin in Gefahr.

17.02.2011
    Peter Kapern: Ein zwiespältiges Echo hat gestern die Berufung von Jens Weidmann an die Spitze der Bundesbank hervorgerufen. Es überwogen die Vorschusslorbeeren für den bisherigen Wirtschaftsberater der Bundeskanzlerin, aber es gab auch Stimmen, die von einem Makel dieser Personalie sprachen. Kann ein Mann, der bislang als politischer Beamter im Kanzleramt gearbeitet hat, nun auf Distanz zur Politik gehen? Wie also steht es unter Weidmann um die Unabhängigkeit der Bundesbank? – Das hat mein Kollege Christian Bremkamp Frank Schäffler von der FDP gefragt. Er ist Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages.

    Frank Schäffler: Ja die Unabhängigkeit der Bundesbank, die muss gestärkt werden. Gerade in dieser wichtigen Phase, wo es um die Zukunft unserer Währung geht, sind auch Personalentscheidungen wichtige Signale auch in den Markt hinein.

    Christian Bremkamp: Und was ist das für ein Signal von heute?

    Schäffler: Ich hätte mir gewünscht, dass man ein deutlicheres Signal für die Stärkung der Unabhängigkeit ausgesandt hätte. Direkt vom Bundeskanzleramt in die Bundesbank auf den Chefsessel zu wechseln, halte ich nur für bedingt glücklich.

    Bremkamp: Waren Sie, war die FDP denn irgendwie eingebunden in die Personalfindung als Koalitionspartner?

    Schäffler: Das weiß ich nicht. Ich war es zumindest nicht, aber das muss nichts heißen, denn das ist ja letztendlich Regierungshandeln, da ist das Parlament nicht gefragt.

    Bremkamp: Seit heute steht fest, Jens Weidmann wird es. Hätten Sie denn einen Gegenvorschlag?

    Schäffler: Ach, es gibt, glaube ich, in Deutschland genügend Persönlichkeiten, die dafür infrage gekommen wären. Entscheidend ist eben, dass diese Person geldpolitische Kompetenz hat. Es ist nicht nur notwendig, dass er gut organisieren kann, sondern er muss geldpolitisch sauber sein und muss da die Unabhängigkeit im EZB-Rat vertreten und muss die deutschen Interessen auch im EZB-Rat vertreten, sprich die Stabilitätskultur in Deutschland in Europa oder in die europäischen Gremien hineintragen.

    Bremkamp: Und da ist Herr Weidmann der Falsche?

    Schäffler: Nein, das will ich nicht sagen, denn dazu kenne ich Herrn Weidmann zu wenig. Aber Personalentscheidungen sind auch immer symbolische Entscheidungen. Damit wird ein Signal gesandt, und dieses Signal hätte ich mir deutlicher gewünscht.

    Bremkamp: Nun ist der Bundesbankpräsident nicht irgendjemand, vor allem nicht in Zeiten von überschuldeten Euro-Staaten und weit aufgespannten Rettungsschirmen. Wenn man sich Ihre Internet-Seite anschaut, Herr Schäffler, dann ist da viel von Währungsstabilität zu lesen. Sie haben es ja gerade auch schon ins Gespräch eingebracht. Mit dem jetzt anstehenden Wechsel in Frankfurt, ist diese Stabilität denn in Gefahr?

    Schäffler: Nein! Ich glaube, den Handelnden ist durchaus bewusst, dass hier, was die Stabilitätskultur betrifft und die Inflationsbekämpfung, jetzt eine ganz wichtige Phase des Euros eingetreten ist und wir alles dafür tun müssen, dass wir die Inflation auch energisch bekämpfen, und da kommt natürlich der Europäischen Zentralbank eine ganz wichtige Rolle zu und deshalb ist es wichtig, dass Deutschland auch seinen Einfluss im Direktorium und im EZB-Rat behält.

    Bremkamp: Nun wird aber Axel Weber, der Noch-Bundesbankpräsident, definitiv nicht EZB-Chef. Was bedeutet das denn?

    Schäffler: Das halte ich für ein ja ziemlich schlechtes Signal, denn man muss sich vorstellen: Wir sind der größte Anteilseigner an der EZB und wenn Herr Stark, der Chefvolkswirt der EZB, 2014 aus dem Direktorium, aus dem Führungsgremium der EZB ausscheidet, dann ist Deutschland nicht mehr vertreten als größte Volkswirtschaft, und das halte ich für völlig inakzeptabel.

    Bremkamp: Lasten Sie das auch der Kanzlerin an?

    Schäffler: Ich glaube, Deutschland und auch die Bundesregierung muss darauf drängen, dass wir unseren Einfluss wahren. Das machen andere Länder in Europa auch und es ist in unserem ureigensten Interesse, was unsere Währungsstabilität betrifft, dass wir unsere Stabilitätskultur auch in Europa hineintragen.

    Bremkamp: Und wie soll das funktionieren?

    Schäffler: Indem wir darauf drängen, dass wir ein gehöriges Wort mitreden bei der Nachfolge von Herrn Trichet und auch bei der Nachfolge von Herrn Stark im Jahre 2014.

    Bremkamp: Nur muss nicht damit gerechnet werden, dass Währungspolitik doch immer mehr zwischen Paris und Berlin ausgehandelt, gemacht wird und die Zentralbank, die Bundesbank immer weniger zu sagen hat?

    Schäffler: Nein, ganz im Gegenteil. Die Europäische Zentralbank hat fast 80 Milliarden Staatsschulden inzwischen aufgekauft, monetarisiert, sozialisiert und sie spielt da eine ganz, ganz wichtige Rolle und sie hat die Zügel über die Zinspolitik in der Hand, das Geld zu verknappen, oder es weich zu machen, und sie hat es in der Vergangenheit sehr weich gemacht und das hat auch unter anderem dazu geführt, dass sich Länder wie Griechenland oder Spanien so stark so billig verschulden konnten. Also die Notenbanken haben durchaus eine sehr, sehr große Mitverantwortung auch an der jetzigen Situation.

    Kapern: Frank Schäffler war das von der FDP im Gespräch mit meinem Kollegen Christian Bremkamp.