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"Fehlende TV-Präsenz"

Bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London sicherten sich die deutschen Hockey-Herren die Goldmedaille – sehr zur Begeisterung der Medien und der TV-Zuschauer. Doch abseits großer Sportereignisse muss der Hockey-Sport um Aufmerksamkeit buhlen. Und Sponsoren machen sich rar.

Von Milan Schlegel | 24.08.2013
    Öffentlichkeit gibt es nur bei Titeln – und das ist bei allen Erfolgen eine bittere Wahrheit für den deutschen Hockeysport:

    "Im normalen Tagesleben der Menschen spielt Hockey keine Rolle. Da hat man einfach das Problem, dass Hockey kein traditioneller Sport ist, der deutschlandweit flächendeckend gespielt wird. Dadurch hat Hockey es bisher nicht schafft, mit Ausnahme von einzelnen Regionen sich sozusagen in das Bewusstsein zu bringen."

    sagt Christian Hesselbach, der als "Senior Director" beim Sportvermarkter "Sportfive" für die Randsportarten zuständig ist. Und die Zahlen geben ihm recht: 77.000 Mitglieder zählt der Deutsche Hockey-Bund (DHB). Im Vergleich: Der Deutsche Fußball-Bund kommt auf über sechs Millionen Menschen, der Leichtathletik-Verband zählt über 900.000 Mitglieder, und selbst die nicht so präsenten Schützen weisen 1,5 Millionen auf. Für DHB-Präsident Stephan Abel ist der Zustand unbefriedigend. Er weiß, dass es in anderen Ländern besser funktioniert. In den Niederlanden beispielsweise hat Hockey einen wesentlich größeren Stellenwert und auch mehr Erfolg in der Vermarktung:

    "Die Holländer haben seit vielen Jahren zwei Hauptsponsoren. Das ist einmal die Rabo Bank und dann die Firma Volvo für den gesamten Jugendbereich. Insofern haben die schon eine sehr komfortable Situation."

    Für die Deutschen ist es anders: Ende letzten Jahres trennten sich die Weg mit Hauptsponsor Hyundai. Seitdem tut man sich auf der Suche nach neuen Sponsoren schwer, eine Zeit lang musste die deutsche Mannschaft sogar ohne Brustwerbung auflaufen. Für die EM 2013 konnte man einen Drucker- und Kopiergerätehersteller als Brustsponsor gewinnen.

    Wie es danach allerdings weitergeht, ist offen. Ursache dafür: Fehlende TV-Präsenz, und das schon seit Jahren. Sportvermarkter Hesselbach kennt das Problem auch von anderen Sportarten:

    "Offizielle Funktionäre von Sportarten werden einfach bemängeln: Naja, wenn ihr unseren Sportarten einfach gar keine Chance einräumt und immer nur Fußball zeigt – jetzt mal olympische Spiele außen vor – gucken auch Leute nicht mehr unbedingt dahin. Wenn ihr unserm Sport gar keinen Raum gebt, dann sorgt ihr dafür, dass unsere Sportart stirbt. Etwas brutal gesagt."

    Deshalb will man jetzt beim DHB im Marketingbereich umplanen: Mehrere kleine, mittelständische Unternehmen sollen als Förderer gewonnen werden, Verbandspräsident Abel:

    "Die Änderung ist natürlich teilweise aus der Not geboren, ist aber auch eine Überlegung dahingehend, dass halt die größeren Sponsoren mit ihren Marketingabteilungen in erster Linie nach bestimmten Kennzahlen agieren. Und da ist halt die Kennzahl – wie oft ist ein Name im Fernsehen präsent – von großer Wichtigkeit."

    Für mittelständische Unternehmen ist das allerdings nicht ausschlaggebend, der Fernsehmarkt spielt für sie eine geringe Rolle. Stattdessen kann Hockey hier seine anderen Eigenschaften einbringen, sagt Sportvermarkter Hesselbach:

    "Grundsätzlich ist die Hockey-Zielgruppe – das sind ja auch die Leute, die Hockey spielen – überdurchschnittlich gebildet, sportlich, trendy, leben vielfach in Großstädten. Das sind ja per se erst mal tolle Attribute für Unternehmen, wo man sagt: Genau, so eine Zielgruppe suche ich eigentlich für mein Produkt. Nur ich werde das Fernsehen nicht kurzfristig kriegen als Medium für die Sponsoren. Ich muss also gucken, über welchen anderen Weg kann ich meine eigentlich tollen Attribute und meine tolle Sportart zum Sponsor bringen."

    Doch auch unabhängig vom neuen Sponsoren-Konzept wünscht sich Stephan Abel mehr Aufmerksamkeit für seinen Sport.

    "Es ist einfach schade, dass so eine Sendung wie die Sportschau, die früher die Vielfalt abgebildet hat, heute sehr stark fokussiert ist auf eine Sportart. Und ich würde mir einfach wünschen, dass man dort vielleicht auch seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag insofern ein bisschen mehr gerecht wird, als dass man die Vielfalt des Sportes schon ein bisschen intensiver zeigen würde."