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Feldfieber
Nagetiere übertragen Leptospirose

Ratten und Mäuse können Krankheiten übertragen. Eine haben sich Forscher von Gesundheitsbehörden in den vergangenen Jahren genauer angeschaut: die Leptospirose. Viele Infektionen verlaufen schwach, regelmäßig treten auch schwere Formen auf. 2014 sind drei Menschen an schweren Verläufen der Krankheit gestorben.

Von Joachim Budde | 21.01.2016
    Juli 2014 südlich von Oldenburg. Unter Erdbeerpflückern häufen sich Fälle, bei denen die Patienten über Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen klagen. Bei einigen waren Leber und Nieren entzündet, erinnert sich Dr. Johannes Dreesman vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt.
    "Die Symptome deuteten darauf hin, dass es sich um Leptospirose handeln könnte. Das hat dann dazu geführt, dass das Ganze intensiver untersucht wurde. Und im Endeffekt stellte sich heraus, dass insgesamt 45 Personen an Leptospirose erkrankt waren."
    Etwa die Hälfte der Patienten kam ins Krankenhaus. Sie erhielten Antibiotika und wurden wieder gesund.
    Bevor Maschinen die meisten Aufgaben in der Landwirtschaft übernahmen, war die Leptospirose häufig, weil viel mehr Menschen auf den Feldern arbeiteten. Daher nannte man die Krankheit auch Feldfieber oder Erbsenpflückerfieber.
    Es ist bekannt, dass Nagetiere, vor allem Mäuse die Bakterien übertragen, die Leptospirose auslösen. Sie scheiden den Erreger mit ihrem Urin aus. 2014 gab es sehr viele Mäuse in der Region. Das Wetter war feucht-warm, es standen Pfützen auf den Feldern.
    "Und der Urin der Mäuse gerät dann in diese Wasserpfützen, und dann kommen die Arbeiter auf das Feld und berühren mit ihren Händen das Wasser oder die Erde, die mit den Bakterien kontaminiert ist. Gleichzeitig haben die oft kleine Wunden an ihren Händen, weil da Stroh unter den Erdbeerreihen liegt mit Spitzen, wo man sich dann ab und zu die Hände aufgepiekst hat. Und über diese kleinen Wunden geraten die Bakterien dann in den Körper des Menschen und lösen die Infektion aus."
    Die Mäuse selbst merken gar nichts von der Infektion, sagt Dr. Karsten Nöckler. Er leitet in der Abteilung Biologische Sicherheit am Bundesinstitut für Risikobewertung die Fachgruppe Diagnostik und Erregercharakterisierung.
    "Das sind dann sogenannte Reservoir-Tiere, die eben für das Vorkommen und auch für die Verbreitung dann eine ganz wichtige Rolle spielen."
    Um Leptospirose und andere Krankheiten besser überwachen zu können, haben mehrere Bundesinstitute das Netzwerk »Durch Nagetiere übertragene Pathogene« gegründet. Die Forscher haben in Deutschland, Dänemark, Österreich, der Schweiz und Ungarn 400 Ratten in freier Wildbahn auf Leptospiren untersucht. Bei bis zu 20 Prozent konnten sie den Erreger nachweisen.
    Auch innerhalb Deutschlands gibt es große Unterschiede zwischen den Regionen. Bereits 2010 untersuchte das Netzwerk mehr als 1600 Mäuse in vier Bundesländern.
    "Das heißt, dass in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen die Häufigkeit bei jeweils etwa 26 Prozent positiver Mäuse lag, im Vergleich zu Thüringen und Baden-Württemberg, wo die Häufigkeit deutlich geringer war mit 5 Prozent bzw. 12 Prozent. Das heißt also, je mehr Sie Richtung Süden kommen, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man auch den Erreger dann bei Reservoir-Tieren wie Mäusen findet."
    Besonders gefährdet sind neben Landwirten und Feldarbeitern auch Leute, die beruflich viel mit Wasser zu tun haben wie Kanalarbeiter oder Wassersportler. Im Schnitt werden jedes Jahr zwischen 50 und hundert Fälle von Leptospirose in Deutschland gemeldet.
    Um größere Ausbrüche zu verhindern, haben Johannes Dreesman und seine Kollegen Informationsmaterial zusammengestellt. Zu den Vorbeugemaßnahmen zählt:
    "Dass sie darauf achten sollten, dass sie zum Beispiel Handschuhe tragen oder eine Knieschutz tragen, wenn sie auf der Erde knien, und dass sie bei Krankheit eben auch einen Arzt aufsuchen. Und die Information für die Ärzte bestand darin, weil Leptospirose ja eine sehr seltene Krankheit ist, noch mal über das Krankheitsbild zu informieren und darauf hinzuweisen, dass durchaus Fälle auftreten können, damit die dann bei der Diagnostik nicht übersehen werden."