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Feuerwehren "Made in Germany"
Von der Ostalb in die Welt

Ohne Feuerwehrautos läuft kein Flughafenbetrieb: Die schwäbische Firma Ziegler hat als Hersteller von Spezialfahrzeugen und Ausrüstung für den Löscheinsatz an Flughäfen eine lange und bewegte Firmengeschichte hinter sich. Eine Kartellstrafe trieb sie einst in die Insolvenz, ein chinesischer Investor erwies sich als Retter.

Von Uschi Götz | 28.04.2017
    Ein Feuerwehrauto fährt in der Dunkelheit mit Blaulicht
    Feuerwehr im Einsatz: Ziegler ist Marktführer bei Feuerwehrfahrzeugen, die an Flughäfen eingesetzt werden. Ein chinesischer Investor hat das Unternehmen nach der Insolvenz gerettet. (dpa/Carsten Rehder)
    Kurz nach dem Start vom Frankfurter Flughafen melden die Piloten einer Boeing Probleme mit den Tragflächen. Europas größte Werkfeuerwehr rückt aus. Routine. Am Frankfurter Flughafen gibt es in der Woche bis zu zwei Not- oder Sicherheitslandungen. Die Boeing mit über 100 Passagieren an Bord landet trotz technischer Probleme sicher. Das Flugzeug wird von Flugfeldlöschfahrzeugen an seine Parkposition begleitet.
    "Das System ist abgeschaltet, keine Maßnahmen von uns", tönt es vom Rollfeld.
    Flugfeldlöschfahrzeuge aus dem baden-württembergischen Giengen an der Brenz kommen nahezu auf jedem deutschen Flughafen zum Einsatz, so auch auf dem größten deutschen Flughafen Frankfurt. Die Albert Ziegler GmbH zählt international zu den führenden Anbietern von Feuerwehrfahrzeugen und feuerwehrtechnischem Zubehör.
    Traditionsfirma wegen Preisabsprachen in Schieflage
    In der Lackierhalle am Stammsitz von Ziegler bekommt gerade ein Fahrzeug den letzten Schliff. Die Wunschfarbe des Kunden - Limonengelb - wirkt fast harmlos ob der Größe des rund 52 Tonnen schweren Koloss.
    "Hier sehen wir jetzt eins vom Typ Z8, das ist ein vierachsiges Löschfahrzeug für den Flughafen Zürich", erklärt Angelina Reutter vom Management. Sie führt über das knapp 80 000 Quadratmeter große Gelände am Stammsitz in Giengen.
    Das Unternehmen blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Vor über 125 Jahren gründete Namensgeber Albert Ziegler eine Spezialfabrik für Schläuche und Feuerwehr-Ausrüstungen, seit den 1950er Jahren werden bei Ziegler auch eigene Feuerwehrfahrzeuge gebaut.
    In die Schlagzeilen kam das Unternehmen 2011. Das Bundeskartellamt hatte Preisabsprachen zwischen mehreren Herstellern von Feuerwehrfahrzeugen aufgedeckt, Ziegler war auch darunter.
    Das verhängte Bußgeld in Höhe von acht Millionen Euro verkraftete das Giengener Unternehmen nicht und musste in der Folge Insolvenz anmelden.
    Chinesische Investoren entscheiden sich für den deutschen Firmennamen
    Zwei Jahre später, Ende 2013, übernahm die China International Marine Containers Group, kurz CIMC, das Traditionsunternehmen im östlichen Baden-Württemberg.
    Langjährige Mitarbeiter berichten, der Einstieg von CIMC sei reibungslos verlaufen, selbst beim Firmennamen wurde man sich schnell einig:
    "Die wollten, wie auch ihre anderen Firmen benannt sind, das CIMC im Firmenlogo zukünftig drin haben. Wir saßen dann mit denen zusammen ein paar Tage und konnten die dann doch davon überzeugen. Die haben sich dann entschieden, dass sie das CIMC weglassen, wir konnten dann auf Albert Ziegler GmbH umfirmieren", berichtet Günter Dörflinger, der 1979 als Auszubildender in Giengen angefangen hat.
    Heute leitet er den internationalen Verkauf. Er kennt die Seele des Unternehmens, auch die Anforderungen der internationalen Kundschaft:
    "Durch diese CIMC Gruppe können wir jetzt auch international an Märkte kommen, die für uns früher komplett tot waren. Wir haben früher vielleicht im Jahr zehn bis 15 Großfahrzeuge nach China geliefert, heute liefern wir 150."
    Ziegler arbeitet eng am Kunden
    Längst hat sich das Unternehmen wieder erholt, der Umsatz der Ziegler Gruppe betrug 2015 rund 174 Millionen Euro. Neben Löschfahrzeugen stellt die Albert Ziegler GmbH auch Wasserwerfer und Spezialfahrzeuge für Industrieunternehmen wie BASF her.
    Weltweit sind 1300 Mitarbeiter beschäftigt, davon die Hälfte an insgesamt drei deutschen Standorten.
    Im Ausland produziert die Albert Ziegler GmbH unter anderem in Holland, Kroatien und Indonesien. Deutsche Auftraggeber, dazu zählen vor allem Flughäfen, Berufsfeuerwehren, Freiwillige Feuerwehren und Behörden ordern in der Regel Normfahrzeuge:
    "Das heißt, da sind die Fahrzeuge in etwa ähnlich. Im internationalen Markt bezeichnen wir das immer so als Rolls Rolls-Royce-Fertigung – Wir machen tatsächlich Angebote und Technik basierend auf den Anforderungen des Kunden."
    High-Tech aus Deutschland für den Export
    Der Exportanteil betrug in 2015 etwa 50 Prozent. Einer der wichtigsten Kunden ist dabei die Türkei. Daran hat sich bislang nichts geändert:
    "Im Moment haben wir ca. 1600 Fahrzeuge in der Türkei laufen, alle Flughäfen in der Türkei, also Istanbul, Ankara, Izmir, Antalya verwenden alle Ziegler-Fahrzeuge."
    Vor ein paar Monaten gelang CIMC ein neuerlicher Coup. Zuhause in China kaufte das Unternehmen den dort größten Fahrzeugaufbauer für Löschfahrzeuge. Von dort aus sollen künftig Fahrzeuge in China ausschließlich für den eigenen Markt hergestellt werden:
    "Und unsere Aufgabe aus Giengen wird es sein, diese Firma mit Komponenten zu beliefern. Das heißt, das High-Tech kommt aus Deutschland. Dort wird eigentlich nur 'assembly' gemacht. Mit Technik aus Deutschland, das ist das Ziel."
    Ein Fahrer startet den Motor eines Löschfahrzeugs. Zügig fährt er auf eine ältere Halle zu. Das firmeneigene Museum einer 125-jährigen Geschichte. Hier lässt sich der technische Fortschritt am ehesten nachvollziehen.
    Und doch: Bis heute werden die Lösch-Schläuche in der firmeneigenen Schlauchweberei hergestellt. Auch die Pumpen werden noch selbst gemacht. Made in Germany unter chinesischer Führung – zumindest auf der schwäbischen Ostalb eine Erfolgsgeschichte.