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Der große Aufräumer? - FIFA Präsident Infantino ein Jahr im Amt

Wer ist der Richtige, um den FIFA-Sumpf aus Korruption und Bestechung trocken zu legen? Das war die Frage vor einem Jahr bei der Wahl eines neuen Verbandspräsidenten. Der UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino machte das Rennen. Doch ist der große Aufräumer, den man beim Weltfußallverband braucht?

Von Dietrich Karl Mäurer | 26.02.2017
    Gianni Infantino blickt vom Podium des FIFA-Kongresses in die Runde der Delegierten und hebt zum Dank für seine Wahl die Arme.
    Gianni Infantino nach seiner Wahl zum neuen FIFA-Präsidenten in Zürich. (dpa / ENNIO LEANZA)
    Gianni Infantino ist smart, selbstbewusst, intelligent. Sechs Sprachen spricht er fließend. Als sich der in der Südwestschweiz aufgewachsene Sohn italienischer Einwanderer vor einem Jahr bei der Wahl zum FIFA-Präsidenten durchsetzte, waren dennoch etliche skeptisch. Würde es ihm tatsächlich gelingen, dem skandalerschütterten Weltfußballverband zum Neustart zu verhelfen? Gianni Infantino gab sich kämpferisch und versprach genau das: "Ich will mit Euch allen zusammenarbeiten, um eine neue Ära für die FIFA zu schaffen, in der endlich wieder der Fußball im Mittelpunkt steht."
    Reformer verdängt, Gehaltsvorschlag abgelehnt
    Der Applaus ist mittlerweile verhallt. Statt mit Aufklärung und Transparenz für Positiv-Schlagzeilen zu sorgen, drängte Gianni Infantino mit Domenico Scala den wichtigsten Reformer des Fußballverbandes aus dem Amt. Minuspunkte sammelte er auch mit der Diskussion über sein Gehalt. Beim Fifa-Council in Mexiko im Mai letzten Jahres beklagte sich der 46-jährige Glatzkopf: "Ich habe diesen Gehaltsvorschlag nicht akzeptiert. Er war beleidigend. Es war weniger als die Hälfte von dem, was mein Vorgänger verdient hat."
    Seit letztem Sommer steht fest: der FIFA-Boss bekommt 1,5 Millionen Schweizer Franken - plus Dienstwagen, Dienstwohnung und Spesen. Eine Gehaltserhöhung wird gerade geprüft.
    Kräftig umgekrempelt wurde in seinem ersten Amtsjahr beim FIFA-Personal: 81 Mitarbeiter gingen freiwillig oder wurden gegangen. Das sorgt bis heute für Unruhe in der Weltfußball-Zentrale in Zürich. Als Überraschungscoup wahrgenommen wurde ein von ihm vorgeschlagener Neuzugang: die ehemalige UNO-Koordinatorin Fatma Samoura aus dem Sudan wurde Generalsekretärin. Eine Besetzung, die nicht nur bei Ex-Fifa-Sprecher Guido Tognoni für Stirnrunzeln sorgte: "Die Frau hat keine Ahnung von Fußball. Sie hat den Namen FIFA vor der Nomination wohl kaum einmal gehört. Dass sie sich in der Funktion, die sie ausüben müsste, nämlich als operative Leiterin, dass sie sich darin bewährt, hat sie bisher auch noch nicht bewiesen."
    Mammut-WM durchgesetzt, wenig Reformwillen
    Der wohl größte Erfolg des neuen Präsidenten: er konnte sich mit seinem Vorschlag durchsetzen, die WM künftig auf 48 Teilnehmer zu erweitern: "16 Länder, von denen einige bislang nicht mal davon träumen konnten, je an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen, haben nun die Chance zur Teilnahme und viele weitere haben die Chance zu träumen, an der WM teilzunehmen."
    Endlich wurde bei der Fifa wieder über Fußball geredet. Dennoch bleiben viele Probleme und so fällt der Blick auf Gianni Infantinos erstes Jahr recht nüchtern aus - meint der ehemalige FIFA-Mediendirektor Guido Tognioni: "Alles in allem glaube ich, dass Gianni Infantino die richtige Spur noch nicht gefunden hat. Er ist bis jetzt nicht als ein forscher Reformer in Erscheinung getreten. Das ist eigentlich bedauerlich. Er sollte das eigentlich noch machen. Ich finde er kann das auch noch machen. Nur mit dem Austausch von Personal in der FIFa beweist man keinen Reformwillen. Das reicht nicht aus."
    Eine Schweizer Tageszeitung ging mit Gianni Infantino hart ins Gericht. Einen ganzseitigen Artikel über den FIFA-Präsidenten überschrieb sie mit: "Chef auf Abruf".