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"Lex FIFA" - Lobbyismus und Schweizer Illusionen

Die Schweiz gilt seit jeher als Eldorado für Sportverbände. Hier gibt es Steuererleichterungen, diskrete Behörden und ein liberales Vereinsrecht. Doch das soll sich jetzt ändern. In der kommenden Woche soll die "Lex FIFA" im Schweizer Parlament beschlossen werden.

Von Hans-Jürgen Maurus | 30.05.2015
    Der Weltfußballverband FIFA hat nicht umsonst seinen Sitz in der Schweiz.
    Der Weltfußballverband FIFA hat nicht umsonst seinen Sitz in der Schweiz. (imago / EQ Images)
    "Lieber Sepp, Grüezi!"
    Ja, für den Schweizer Sport- und Verteidigungsminister Ueli Maurer ist Joseph S. Blatter immer noch der Sepp. Und natürlich kennen sich beide bestens, weil der Walliser FIFA-Veteran schon immer großen Wert auf politische Vernetzung gelegt hat. Mit Charme, großer Geste und unbändigem Machtwillen. Blatter ist kein Einzelfall, denn die Schweiz ist ein Eldorado für internationale Sportverbände. Dass sich die prominentesten wie die FIFA, die UEFA oder das IOC gerade in der Schweiz niederließen hat handfeste Gründe. Es gibt Steuererleichterungen, diskrete Behörden und ein liberales Vereinsrecht, das den Beteiligten erlaubt, praktisch unbeaufsichtigt zu schalten und zu walten, wie es Ihnen beliebt.
    Damit dies so bleibt betreiben die Sportverbände ein effektives Lobbying. Zum Beispiel um zu verhindern, dass in der kommenden Woche die "Lex FIFA" durchs Parlament geht, weil diese geplante Gesetzesänderung laut FIFA zu stark auf den Weltfußballverband zugeschnitten ist. Es geht um eine Anpassung des Privatkorruptionsgesetzes, so SVP Nationalrat Roland Büchel:
    "Wir haben verschiedene Maßnahmen bereits getroffen. Die Funktionäre bei der FIFA und auch bei den anderen Sportverbänden sind heute schon sogenannte PEPs, also "publicly exposed people", genau gleich wie die Diktatoren, wie man sagen kann, dieser Welt. Also, da ist schon einiges passiert und der Druck von der Öffentlichkeit von außen, aber auch in der Schweiz, der ist jetzt wirklich so groß, wie er noch nie war."
    Die FIFA wird zum Reputationsproblem für die Schweiz
    Der öffentliche Druck ist in der Tat ein Faktor, den die Politik nicht ignorieren kann, doch ob dies tatsächlich einen Kulturwandel auf dem Supertanker mit korrupter Schlagseite à la FIFA herbeiführen kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Immerhin begreifen einzelne Parlamentarier wie der sozialdemokratische Nationalrat Cedric Wermuth, dass die FIFA aufgrund der vergangenen Skandale ein Reputationsproblem für die Schweiz ist:
    "Ich glaube inzwischen hat sich die FIFA definitiv zu einem Standardproblem für die Schweiz und für Zürich entwickelt. Sie ist ein Element davon, warum die Schweiz international als Regulierungsoase gilt oder besser als Regulierungswüste. Als ein Ort an dem man dubiose Geschäfte machen kann, dies unbehelligt tun kann und bei dem auch alle Welt wegschaut."
    Mit der 'Lex FIFA' soll Privatbestechung zu einem Offizialdelikt werden, dass heißt: es wird dann nicht mehr erst nur wie bisher aufgrund eines Antrags eines Beschwerdeführers ermittelt, sondern Korruptionsvorwürfe grundsätzlich von Amts wegen verfolgt. Die FIFA bekämpft eine solche Gesetzesänderung. Der Status Quo ist ihr lieber, zumal Privatbestechung bisher im Gesetz über unlauteren Wettbewerb geregelt ist. Kein unlauterer Wettbewerb - bei der FIFA immer der Fall, da ein Monopol - daher keine Privatbestechung. Und doch kennt man in der Schweiz die Skandale der letzten Jahrzehnte. Z.B. den Bestechungsskandal mit dreistelligen Millionensummen der 2001 Pleite gegangenen Zuger Marketing Firma ISL, in den hohe FIFA-Funktionäre inklusive des Blatter Vorgängers João Havelange verwickelt waren. Oder die anhaltenden Korruptionsvorwürfe um die Vergabe der Weltmeisterschaften nach Südafrika, Russland und Katar. Auch beim gescheiterten Versuch des katarischen Geschäftsmannes und Ex-FIFA-Vizepräsidenten bin Hammam, den Blatter Sepp vom Thron zu stoßen, flossen Bestechungsgelder zuhauf. Und wieso tat man in der Schweiz so gut wie nichts? Das liegt einmal an der Gesetzeslage und der Haltung, dass private Vereine ihren Stall selber ausmisten sollen, andere Politiker wie der SVP Nationalrat Maximilian Reimann bewundern Sepp Blatter, seine Leistungen und sein hohes Ansehen rund um die Welt:
    Die FIFA zahlt Steuern, obwohl sie es nicht müsste
    "Hut ab vor einem Typ wie Sepp Blatter, der in diesem Alter, wie Adenauer, oder wie Ronald Reagan, oder wie Napolitano aus Italien. Der in diesem Alter noch an der Spitze von so wichtigen Institutionen stehen."
    Ja, unser Sepp. Ein Vorbild, ein Kämpfer, ein Schweizer an der Spitze des Weltfußballverbandes. Und ein paar Skandälchen, so what. Und Steuern zahlt die FIFA auch noch, obwohl sie es gar nicht müsste. "Wir sind froh, dass die FIFA uns 17 Millionen Franken an Steuern bezahlt, es soll doch nicht sein, dass die ohnehin reiche Schweiz jetzt noch mehr Steuermittel der FIFA abzwackt und diese Gelder dann in der Dritten Welt fehlen. Also das würde ja kein Mensch verstehen."
    Immer wieder ist es das Geld, das die Leute gefügig macht. Die eigenen Verbandsmitglieder, die Sponsoren, die stillhalten und die Politiker, die die schützende Hand über die FIFA halten. Und es geht um viel Geld. Zwischen 2011 und 2014 hat die FIFA sage und schreibe 5,7 Milliarden Dollar eingenommen, die Reserven übersteigen mittlerweile die 1,5 Milliarden-Dollar-Marke. Die exzessive Kommerzialisierung des Sports, die gigantischen Summen, um die es geht, die Machtfülle der Sportzaren, sie sind das Schmiermittel für Korruption, Bestechung und Geldwäsche. Ob die 'Lex FIFA' in der Schweiz wirklich durchgeht ist völlig offen.