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Fifa-Präsidentschaft
"Der Fußball braucht dringend Veränderung"

Zwei Gegenkandidaten hat FIFA-Präsident Sepp Blatter schon, ein dritter könnte noch hinzukommen: Der Chilene Harold Mayne-Nicholls legt sich noch nicht auf seine Kandidatur fest. Er versuche derzeit herauszufinden, ob die gesamte Fußball-Familie seine Pläne für Veränderung unterstütze.

Harold Mayne-Nicholls im Gespräch mit Philipp May | 11.01.2015
    Harold Mayne-Nicholls - damals Chef der FIFA-Prüfkommission für die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018/2022 - auf einer Pressekonferenz in Doha 2010.
    Der Chilene Harold Mayne-Nicholls war Vorsitzender der FIFA-Prüfkommission für die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018/2022. (Karim Jaafar / AFP)
    Philipp May: Was halten Sie von Fifa-Präsidentschaftskandidat Prinz Ali bin al Hussein?
    Harold Mayne-Nicholls: Ja ich kenne ich ihn sehr gut, er ist ein großartiger Mann. Ein Mann des Fußballs. Und das ist, was wir brauchen. Zuerst kommt der Fußball - und dann die Politik und Verwaltung und so etwas.
    May: Heißt das, Sie unterstützen ihn?
    Mayne-Nicholls: Nein, nein: Das heißt nicht, dass ich ihn unterstütze. Nur dass er eine gute Option für die FIFA ist. Ob ich ihn unterstütze, hängt davon ab, wie ich mich entscheide. Wenn ich selbst für die Präsidentschaft kandidiere, dann kämpfe ich natürlich für mich. Aber ich glaube, er ist eine gute Option und wir brauchen solche Kandidaten: Menschen, für die der Fußball an erster Stelle steht.
    May: Also Sie denken weiterhin über eine Kandidatur nach - von welchen Faktoren hängt Ihre Entscheidung ab?
    Mayne-Nicholls: Zum Beispiel davon, was Prinz Ali macht. Dann bin ich außerdem eingeladen worden zu einem Gipfel des EU-Parlaments am 21. Januar, da könnte sich die Situation auch noch einmal verändern. Es wird noch viel passieren und deswegen muss ich meine Entscheidung sorgfältig abwägen.
    May: Um für die FIFA-Präsidentschaft zu kandidieren, braucht man die offizielle Unterstützung von zumindest fünf Nationalverbänden. Haben Sie die?
    Mayne-Nicholls: Ich würde sagen, dass ich die mittlerweile habe. Aber es geht nicht nur um die fünf Verbände, es geht darum, dass du das Gefühl haben musst, dass die gesamte Fußball-Familie deine Pläne für Veränderungen unterstützt. Und das ist, was ich gerade versuche herauszufinden.
    May: Im Moment gibt es zwei Gegenkandidaten zu Sepp Blatter, mit Ihnen könnte noch ein dritter hinzukommen. Glauben Sie, dass es eine realistische Chance gibt, Blatter bei einer FIFA-Präsidentenwahl zu schlagen?
    Mayne-Nicholls: Ja, das glaube ich. Denn es ist eine Sache, was die Leute öffentlich sagen, und eine ganz andere, wen die Leute dann in einer geheimen Abstimmung wählen. Und dann bin ich mir sicher, denken die Leute an die Zukunft des Fußballs. Und der Fußball braucht dringend Veränderung. Und wenn die Leute daran denken, wählen sie die beste Option.
    May: Ein Problem für Sie könnte sein, dass die FIFA-Ethik-Kommission gegen Sie ermittelt, können Sie unseren Hörern erklären, warum?
    Mayne-Nicholls: Ja, sie ermitteln gegen mich wegen eines Interessenskonflikts. Als ich Katar besucht habe, war ich in einem wunderbaren Sport-Zentrum, der Aspire-Akademie...
    May: Nur um das zu erklären: Sie haben Katar 2010 besucht, um für die FIFA die WM-Bewerbung zu prüfen und zu bewerten, also vor der Wahl Katars und Russland.
    Mayne-Nicholls: Das ist korrekt, ich war der Vorsitzende der FIFA-Prüfkommission. Und während des Besuchs haben sie uns das Aspire-Sport-Zentrum gezeigt, was mit der Bewerbung nichts zu tun hatte. Und dort habe ich mit dem deutschen Direktor Andreas Bleicher - auch er hatte nichts mit der Bewerbung zu tun - gesprochen und ihm gesagt, dass das eine der wunderbarsten Orte ist, die ich jemals gesehen habe. Und nach der Reise habe ich ihm gemailt, dass ich gerne auf meine Kosten meinen Sohn und meine Neffen zu einem Fußballcamp in die Akademie schicken würde. Außerdem habe ich nach einer Einladung zu einem Fußballturnier für eine U-17-Auswahl Chiles gefragt. Es gab einen Mailaustausch und am Ende hat Bleicher gesagt, vielleicht könnte das problematisch wegen der Bewerbung werden. Lass uns lieber später reden. Und ich habe gesagt: Ok. Aber wir haben nie wieder gesprochen. Nichts ist passiert, niemand ist gefahren. Und deswegen ermittelt jetzt die Ethikkommission gegen mich.
    Das Gespräch können Sie bis mindestens 11. Juli 2015 nachhören.