Freitag, 19. April 2024

Archiv

FIFA-Prozess
Die Mafia lässt grüßen

Die Staatsanwaltschaft in Brooklyn hat bisher nur Andeutungen über die brisantesten Vorwürfe im soeben angelaufenen Prozess gegen drei ehemalige südamerikanische Fußball-Funktionäre gemacht. Es geht um mehr als Betrug und Geldwäsche. Die Ermittler haben Beweise für die Beeinflussung von Zeugen. Sogar Morddrohungen stehen im Raum.

Von Jürgen Kalwa | 11.11.2017
    Fifa-Vizepräsident Juan Angel Napout auf dem Fifa-Kongress im Hallenstadion Zürich im Mai 2015
    Ehemaliger Fifa-Vizepräsident Juan Angel Napout aus Paraguay (dpa / picture alliance / Patrick Seeger)
    Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal ziemlich schnell. Mai 2015 in Zürich: Der damalige FIFA-Vize Juan Ángel Napout aus Paraguay kommentiert die Festnahmeaktion der Schweizer Polizei. Die hatte gerade auf spektakuläre Weise sieben Funktionäre in Gewahrsam genommen. Die FIFA korrupt? Nein, meinte er. Das könnten bestenfalls einzelne Personen sein.
    Dezember 2015 erneut in Zürich: Wieder kommt die Polizei ins Nobelhotel Baur au Lac. Aber diesmal nimmt sie auch Napout mit.
    "Ich sehe kaum Beweise"
    Es sind seitdem zwar fast zwei Jahre vergangen, die er unter Hausarrest in Miami Beach verbrachte. Aber seit Anfang der Woche sitzt er zusammen mit zwei anderen ehemaligen Fußballfunktionären aus Südamerika auf der Anklagebank im Bundesbezirksgericht in Brooklyn.
    In den ersten Meldungen über den Prozess war fast immer nur von den hinlänglich bekannten Vorwürfen die Rede: von Bestechung, Betrug und Geldwäsche. Napout soll im sechsstelligen Bereich mitverdient haben. Sein Anwalt setzt trotzdem auf Freispruch: "Ich sehe kaum Beweise in diesem Fall", sagte er neulich. "Deshalb haben wir auch auf einen Prozess bestanden."
    Napout soll aus der Haft Anweisungen gegeben haben
    Tatsächlich hat sich der Erkenntnisstand der Ermittler seit den Verhaftungen von 2015 deutlich weiter entwickelt. Weshalb sie ab Montag in der nächsten Prozessphase auch mit neuen, noch schwereren Beschuldigungen aufwarten werden. Napout soll von der U-Haft aus in der Schweiz angeordnet haben, dass Computer im Büro von CONMEBOL beseitigt werden, der südamerikanischen Föderation, deren Präsident er war. Ging es um die Vernichtung von belastendem Material?
    Die Staatsanwaltschaft wird darüber hinaus zum ersten Mal ganz konkret darüber reden, welche Informationen sie über eine Morddrohung an die Adresse eines Mitwissers hat. Einschüchterung von Zeugen - auch das ein Thema, das die Brisanz des Prozesses weiter verschärfen wird. Aussagen werden unter anderem jene Funktionäre, die in der Hoffnung auf eine mildere Bestrafung Geständnisse abgelegt hatten.
    Statut für Bandenkriminalität kommt ins Spiel
    Klar ist schon jetzt, dass es sich bei dem Komplex um mehr als nur ein legeres Arrangement aus Geben und Nehmen unter Gentlemen gehandelt haben muss. Weshalb auch ein besonderes Statut für Bandenkriminalität ins Spiel kommen wird - das Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Gesetz, kurz RICO.
    Verurteilt werden können danach auch Personen, die Straftaten nur angeordnet, aber nicht selbst ausgeführt haben. Und wenn es um Verschwörung geht, muss die Anklagevertretung nicht jede Kleinigkeit nachweisen. Es reicht, wenn sie belegen kann, dass jeder der Beteiligten wusste, dass es sich dabei um ein Verbrechen handelt - ganz egal ob Bestechung, Betrug, Geldwäsche oder Strafvereitelung.