Kinokolumne Top Five

Die besten Filme über Restaurants

Im Kinofilm "Ratatouille" sitzt die Ratte Remy in der Küche eines Restaurants in Paris und wird von Chefkoch Skinner (M) und Hilfskoch Linguini (r) angestarrt (undatierte Filmszene).
"Jeder kann kochen!" – Szene aus dem Kinofilm "Ratatouille". © picture-alliance / dpa / Walt Disney Pictures
Von Hartwig Tegeler · 07.11.2020
Der Besuch von Kulturstätten fällt erst einmal aus: Theater, Kinos, Konzerte und auch Restaurants dürfen im November keine Gäste empfangen. Speiselokale sind allerdings nicht nur im echten Leben von Bedeutung, sondern auch in der Filmgeschichte.

Platz 5 – "Mein Essen mit André" von Louis Malle (1981)

Wally, Theaterautor – gespielt von Wallace Shawn, unter anderem Theaterautor – trifft den Regisseur André – gespielt von André Gregory, unter anderem Theater-Regisseur – zum Essen im Restaurant. Somit befänden sich die Grenzen zwischen Realität und Fiktion schon im Fluss wie die Themen: "Wir sind Geister. Wir sind Phantome. Wer sind wir?" Nur ein mäanderndes Gespräch beim Essen mit André? Von wegen "nur".
Sie werden die letzten Gäste sein, die Kellner stehen genervt da, aber die beiden am Tisch können nicht aufhören, über Politik, Kunst und – natürlich – die Existenz nachzudenken. Bis zur Schlussfolgerung, die André zieht: "Du musst dich damit abfinden zu akzeptieren, dass du vollkommen allein bist. Und das bedeutet, du akzeptierst den Tod."

Platz 4 – "Der Pate – Teil 1" von Francis Ford Coppola (1972)

Die Besprechung zwischen dem späteren Mafia-Paten Michael und dem gegnerischen Gangster inklusive seines Adlatus, des korrupten Polizeichefs, findet in einem kleinen italienischen Restaurant statt. Hier vollzieht Michael seinen Initiationsritus, indem er beiden in den Kopf schießt. Ach, dieses schöne italienische Restaurant mit den eingedeckten kleinen Tischen, hier spritzt jetzt das Blut! Oder ist es doch nur die Tomatensoße?
Eines der Geheimnisse des Kinos besteht darin, dass man trotz der Brutalität eines solchen Mafia-Restaurant-Film-Massakers danach ein fast obszönes Bedürfnis nach einem Teller Spaghetti hat: mit Tomatensoße oder aglio e olio.

Platz 3 – "Harry und Sally" von Rob Reiner (1989)

Harry – Billy Crystal – treibt es mit sehr vielen Frauen und ist dabei sehr erfolgreich. Das verkündet er, während er mit Sally im Restaurant sitzt. Sally – Meg Ryan – meint, Harry hätte keine Ahnung, wann er einer Frau wirklich Lust bereite. Da Harry uneinsichtig ist, legt Sally los mit ihrem vorgespielten Orgasmus, mitten im Restaurant, während Harry anfänglich noch das Sandwich mümmelt, dann aber aufhört zu kauen.
Zum Klassiker wird diese Szene allerdings durch die Bemerkung einer Dame am Nebentisch: "Ich will genau das, was sie hatte!"

Platz 2 – "House of Cards" (Serie 2013-2018)

Ein nahezu brutaler Schnitt vom Washington-D.C.-Politikerball nach draußen, in die Kälte der Straße, wo am Morgen der Müll abgefahren wird: eine verkommene Ecke weitab vom Politikerviertel. Aber für Frank Underwood, den zynischen Machtpolitiker, der über Leichen geht, um an die Spitze zu kommen – Kevin Spacey spielt ihn –, ist der Ausflug zu "Freddy´s Barbecue Joint" eine Auszeit. Da sitzt er also immer wieder in fünf Staffeln der Serie, sucht sich die Erdung für seine kriminelle Energie, indem er sich kauend an die Sehnsuchtsgerüche und den Geschmack der Kindheit in South Carolina erinnert, wo er sich nie so etwas hätte leisten können.
Auch die Liebe zu sich selbst geht durch den Magen. Dazu braucht es das kleine Restaurant als realen wie imaginären Wunschort und Ort der Erinnerung.

Platz 1 – "Ratatouille" von Brad Bird und Jan Pinkava (2007)

"Ratatouille? Das ist ein Bauerngericht", meint die Köchin und rümpft empört die Nase. Solch verächtliche Kategorisierung sagt aber nichts über die Meisterschaft, mit der ein Meisterkoch etwas Schnödes wie Alltägliches zu bereiten vermag. Rémy, die Wanderrate, hat einen unglaublichen Geruchssinn und kocht im Restaurant: unerkannt, durch einen menschlichen Strohmann. Und verwirklicht das Motto des verstorbenen Chefs dieses Feinschmecker-Restaurants: "Jeder kann kochen!" So überzeugt Rémy gar den bedeutenden Restaurantkritiker Ego, weil das Ratatouille ihn zu Tränen rührt und – so wie Frank Underwood bei Freddy – an den Geschmack und den Geruch der Kindheit erinnert.
Der Kritiker muss konstatieren: "Nicht jeder ist zum großen Künstler geboren, aber große Künstler werden überall geboren." Und finden sich solche großen Künstler, wie in diesem Fall Rémy, die Wanderratte, in diesem Pariser Restaurant, dann kann das nur bedeuten: "In Bälde besuche ich das Gusteau's erneut. Mit Hunger auf mehr."
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