Aus den Feuilletons

Phänomen Trump

04:16 Minuten
Donald Trump vor amerikanischen Flaggen zeigt in die Kamera.
Trump sei es gelungen, "via Vulgarität dem einfachen Mann im Volk nahezukommen", schreibt die "Welt". © imago images/Chris Kleponis/Pool via CNP/MediaPunch
Von Tobias Wenzel · 05.11.2020
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Donald Trump wisse nicht viel über die amerikanische Geschichte, schreibt die "FAZ". Dennoch hat er anderen Politikern etwas voraus: "Als einer der wenigen hat er erkannt, wie tief das Ressentiment in Teilen der Gesellschaft reicht."
"CSI Mecklenburg" hat Cornelius Pollmer seinen Artikel für das Feuilleton der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG genannt. Damit spielt er humorig auf einen Artikel aus derselben Zeitung an, indem gefragt wurde, ob Florida das Ostdeutschland der USA sei. Das wiederum hatte die sozialen Medien, die deutschen, nicht die US-amerikanischen, heißlaufen lassen.
"Was soll man da noch schreiben?", fragt nun Cornelius Pollmer und antwortet sich und uns Lesern: "Vielleicht folgendes. Vergleiche mit Ostdeutschland sind oft seltsam, der in diesem Fall inkriminierte ist es ebenfalls, jedoch nicht nur. Interessant ist ja schon die Parallele, dass manchmal Menschen aus einem Irgendwo (Berlin / New York City) schimpfen, weil andere Menschen in einem anderen Irgendwo (Florida / Ostdeutschland) nicht so denken, reden oder eben wählen, wie sie, die einen, das gerne hätten. Das erzählt schon etwas, mindestens etwas über ein durchaus bedauernswertes patriarchalisches Denken der einen über die anderen."
"Arroganz", so nennt das Ulf Poschardt in der WELT. "Zunehmend unversöhnlich stehen in den USA die von den Eliten verhöhnten 'Eingeborenen' jenen sich mindestens so radikalisierenden Ivy-League-Agitatoren gegenüber, die mit ihrem Hochmut und ihrer Intoleranz die Stimmung von oben vergiften, während die sich hinter Trump versammelnden Ungehörten und Verspotteten hilflos, fast kindisch daran erinnern wollen, dass es ohne sie nicht geht", schreibt Poschardt und folgert: "Arroganz spaltet. Ideologie verhindert Realismus. Da haben jetzt alle etwas zu tun."

Kein Geschichtskenner

"Er ist keiner, der viel weiß", sagt über Donald Trump der Historiker Eric Foner im Gespräch mit Patrick Bahners von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Er weiß nichts über die amerikanische Geschichte. Und doch hat er sich als überaus schlauer Politiker entpuppt. Er hat Phänomene in der Kultur und in der Gesellschaft erkannt, die andere Spitzenpolitiker nicht verstanden haben. Als einer der wenigen hat er erkannt, wie tief das Ressentiment in Teilen der Gesellschaft reicht."
Trump verstehe sich auf "Resonanzrhetorik", versucht der Romanist Hans Ulrich Gumbrecht in der WELT zu erklären, wieso fast die Hälfte der US-amerikanischen Bevölkerung für die Wiederwahl des jetzigen Präsidenten gestimmt hat. "Resonanz, weil Trump in der Zuwendung auf seine Anhänger nicht durch spezifische Inhalte erfolgreich ist", erläutert Gumbrecht, "sondern mit einem eindrucksvoll entwickelten Effekt von Unmittelbarkeit und Resonanz, mit der Suggestion, jene Bürger zu erreichen, sie ernst zu nehmen, ihnen nahe zu sein, welche sich aus verschiedenen Gründen als unterprivilegiert ansehen."
Trump sei es gelungen, interpretiert in derselben Zeitung der schon erwähnte Ulf Poschardt, "via Vulgarität dem einfachen Mann im Volk nahezukommen. Und dabei nicht nur, wie es klischiert wird, dem alten weißen Mann, sondern auch Afroamerikanern, Latinos, Frauen, Schwulen – er hat all diejenigen eingesammelt, die sich von den bornierten Paternalisierern und Klugdefäkierern nicht gängeln lassen wollen."

Die Deutschen hamstern

Apropos Defäkierer: Da die Deutschen wieder Klopapier und auch Hefe hamstern, prophezeit der Satiriker Hans Zippert in der WELT, dass sie in der Coronazeit auch intensiver dementsprechenden Tätigkeiten nachgehen und sogar Küchen zum Backen und Bäder zum – Sie wissen schon – zusammenlegen:
"Die Backzutaten stehen immer in Reichweite, gleich neben dem Papierhalter. Neben der Klobürste hängen Teigschaber, Pürierstab und Kochlöffel. Vor allen Dingen wird es immer schön warm sein und sehr angenehm riechen in unseren gemütlichen Kloküchen oder Küchenklos."
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