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Film "The Homesman"
Frauen im Wilden Westen

Von Josef Schnelle | 18.12.2014
    "Das ist sehr guter Käse Bob. Warum heiraten wir nicht. Warum schmeißen wir nicht zusammen. Das Land, Vieh, Werkzeug, eben einfach alles. Unser Leben. Die gesamte Chose. Ich habe ausreichende Mittel und das Wissen unser beider Land zu bewirtschaften." - "Ich wollte nach Osten zurück, um mir da ‚eine Frau zu suchen." - "Bitte Mr Giff. Ich dulde kein Nein als Antwort."
    Nebraska 1854. Das Land ist noch kein amerikanischer Bundestaat. Es ist ein "Territorium" ohne Gesetzeshüter und ohne Zukunft, weit weg von jeder Zivilisation. Nur ein paar Farmer und Glückssucher haben sich in die lebensfeindliche Region verirrt. Mary Bee Cuddy lebt gottesfürchtig und allein in den endlosen Weiten des Wilden Westens. Natürlich sucht sie einen Mann, um den Kampf gegen die unerbittliche Natur besser bestehen zu können. Doch der Cowboy Bob, der sich den guten Käse gerne reinschiebt, sucht bald das Weite. Mary - sagt er noch - sei ihm zu stark. Die Lebensbedingungen sind sowieso hart hier am Rande der Zivilisation.
    Auch die Einsamkeit ist für die Frauen der Pioniere, die manchmal nicht besser als das Vieh behandelt werden, hart. Von Hunger und Krankheiten gebeutelt, müssen sie mehr ertragen als ein Mensch aushalten kann. Drei Farmersfrauen verlieren nach entsprechenden Erlebnissen den Verstand. Der Reverend der kleinen Gemeinde sucht nach Jemandem der "Manns genug" ist, sie mitten durch die Wildnis mit Räubern, Indianerüberfällen und Wetterextremen zu einer barmherzigen Institution in den Osten zu bringen. Doch alle kneifen - außer Cuddy, die für sich keine Zukunft mehr in der trostlosen Einöde sieht.
    "Ich fahre. Doch ich mach es." - "Ein Weibsbild?" - "Ich reite so gut wie jedermann und ich kann auch ein Gespann führen. Das wisst ihr. Und was das Kochen und die Pflege für die Frauen betrifft bin ich euch allen weit voraus." - "Ja, da hat sie recht. Sie hat recht zum Teufel. Das wär sehr nett von Ihnen, Miss Cuddy." - "Sie müssen uns nur sagen, was sie brauchen. Wir sorgen dafür. Wann würden Sie aufbrechen?" - "So schnell es geht."
    Mit dem Viehwagen Richtung Osten
    Mit einem vergitterten Viehwagen zieht sie also los. An Bord sind die drei verwirrten Frauen. Als Cuddy den Tunichtgut Briggs beiläufig vom Strick abschneidet, an dem er als Pferdedieb erhängt werden soll, hat sie sich dann doch einen Gefährten für die lange und gefährliche Reise eingehandelt.
    Größtmögliche Unterschiedlichkeit der Protagonisten kennzeichnet das Westerngenre der Reiseabenteuer, auf das dieser Film des Schauspielerhaudegens Tommy Lee Jones, der selbst die männliche Hauptrolle übernommen hat, verweist. So sind schon die Verhandlungen über das Reiseziel nicht einfach.
    "Ich heiße Cuddy. Marie B. Cuddy." - "Und wo ist Mister Cuddy?" - " Ich bin unverheiratet." - "Worum geht's?" - "Drei Frauen in dieser Gegend haben den Verstand verloren und ihre Männer können sich nicht um sie kümmern." - "Sie sollen den Weg suchen, jagen und mich auf dem Bock ablösen und mir mit den Zugtieren helfen. Das verlang ich für ihre Rettung. Das ist die Aufgabe, die zu erfüllen sie geschworen haben."
    Regisseur Tommy Lee Jones erzählt in seinem dritten Film auch hinter der Kamera wieder eine schnörkellose Geschichte davon, wie schwer und entbehrungsreich die amerikanische Landnahme im Westen gewesen ist. Ein realistischer Spätwestern ohne jedes Pathos. Der Dreck, die Bedrohung und die Gewalt sind allgegenwärtig. Das Gute oder besser die Guten haben kaum eine Chance. Cuddy hat mit dem Leben schon abgeschlossen und auch der harte Kerl Briggs weiß nicht wirklich wohin. Natürlich kommen sich die beiden auf der Reise näher. Aber auch das führt eher zu einem tragischen Missverständnis.
    Die Landschaft, das Licht und die Handlungsführung gaukeln Schönheit vor, wo keine ist. Und so hat Tommy Lee Jones einen extrem realistischen Neowestern vorgelegt, der Seinesgleichen sucht. Oscarpreisträgerin Hilary Swank trägt in diesem Schauspielerfilm auf dem Rücken der Pferde mit großer Präsenz dazu bei, dass das zeitweise totgesagte Genre des Westerns in einer konsequent feministischen Variante wieder zum Leben erweckt wird.