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Filmstadt Rom
Von "Quo Vadis“ bis "Illuminati“

Im Film "To Rome with love" von Woody Allen versucht ein Verkehrspolizist den chaotischen Verkehr von Rom zu regeln. Und da ist es, das Klischee, das in fast jedem Film über Rom vorkommt: der chaotische Verkehr. Zumindest, seit dort Auto gefahren wird. In älteren Filmen donnern die Römer stattdessen im Pferdewagen durch ihre Stadt.

Von Heike Braun | 25.05.2014
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    Der Trevi-Brunnen oder Fontane di Trevi ist eins der Highlights auf der Film-Führung in Rom bei der ehemalige Kulissen gezeigt werden. (picture-alliance / dpa / Kevin Kurek)
    Auch Woody Allens Film - aus dem Jahr 2012 - kommt nicht ohne das berühmte Verkehrschaos aus. "To Rome with love" ist eine komödiantische Liebeserklärung an die Stadt. Woody Allen spielt darin eine der Hauptrollen. Als Vater einer heiratswilligen Tochter, besucht er den Vater des Bräutigams. Die zukünftige italienische Verwandtschaft ist allerdings gar nicht sein Fall.
    "Mr. Santoli ist Bestatter."
    "Das ist nicht Dein Ernst."
    "Er hat ein Bestattungsunternehmen. Jetzt mach da kein Drama draus."
    "Gütiger Gott. Der Sohn ist Kommunist. Der Vater ist Leichenbestatter. Leitet die Mutter
    eine Leprakolonie?"
    Für den italienischen Schlager "Volare" gab es 1958 beim Gran Prix Eurovision de la chanson den dritten Platz. Bei Woody Allen beginnt mit diesem Lied eine filmische Rundreise durch Rom.
    Die Spanische Treppe, Fontana di Trevi, Piazza Navona, die Engelsburg, der Tiber. Nichts fehlt. Und genau das wollen auch die Touristen sehen, die sich in Rom, auf dem Piazza del Popolo zu einer so genannten "Film-Führung" treffen.
    Auch Giacomo steht jeden Tag am Piazza del Popolo. Seit seiner Pensionierung, vor rund 15 Jahren, ist er Straßenmusikant in Rom. Singt er: "Volare", singen die Deutschen Touristen mit.
    Die heutige Movie Tour leitet der Stadtführer Andrea Mancelli. Auf italienisch und englisch. Diese Führungen lassen sich leicht vor Ort in den Reisebüros buchen. Dabei geht es ausschließlich zu Sehenswürdigkeiten, die in Filmen vorkommen.
    "Wir machen heute eine Rundreise durch Rom als Filmstadt. Eine verrückte Stadt, die bei jedem Film der hier gedreht wird, immer noch etwas chaotischer wird. Wir gehen von hier in die Kirche Santa Maria del Popolo. Sie hat im Film Illuminati eine zentrale Rolle gespielt. Sie war bis zu dem Film mit Tom Hanks gar nicht so bekannt. Dabei ist sie wirklich wunderschön."
    Die Iluminaten sind im Film ein angeblich wieder auferstandener Orden, der den Vatikan zerstören will. Um das zu verhindern, ist Tom Hanks angetreten.
    "Die Illuminati waren ein Geheimbund. Im Dienste der wissenschaftlichen Wahrheit. Die katholische Kirche ordnete ein Massaker an, um sie zum Schweigen zu bringen. Jetzt wollen sie Rache. Es führt ein geheimer Pfad durch Rom."
    Und auf diesem "Pfad der Erleuchtung", wie er im Film heißt, bewegen sich auch die Touristen, die diese Tour gebucht haben.
    "Der endet auf der Piazza Navona, wo der ein Priester noch ertränkt wird."
    Unter ihnen Margitta und Markus Alt und Carsten Bauer aus Marburg. Sie sind Filmfans. Kennen Rom wie ihre Westentasche. Aber eben nur aus dem Kino. Jetzt stehen sie zum ersten Mal inmitten von Rom, das sie nur als Filmkulisse kennen.
    "Ich finde es schon gigantisch. Aber die einzelnen Kirchen, da geht's ja um -wieviele? Das ist ja so sternförmig angeordnet. Das habe ich noch nicht wieder erkannt."
    "Da geht's um vier Kirchen, die so angelegt sind, wie die vier Elemente. Wasser, Feuer. Luft, Erde."
    Und schon geht's weiter auf dem Pfad der Erleuchtung. Vorbei an der Engelsburg und dem Fontana di Trevi, wo Anita Eckberg im Film Dolce Vita ihr atemberaubendes Bad nahm. Und: vorbei an den vielen Cafes und Bars, mit Autogrammen von Filmstars an den Wänden. Für die Filmtouristen eine willkommene Gelegenheit, ihr Know How zu testen.
    "Casablanca: Humphrey Bogart und?
    "Ingrid Bergmann."
    "Genau: Ingrid Bergmann. Weißt Du noch, als wir da vorne standen da hast Du mich nach der Frau gefragt."
    "Das war Anita Ekberg und die Claudia Cardinale."
    Im berühmten Caffé Greco, an der Via Condotti, macht die Gruppe eine Pause. Und entdeckt Autogramme von Gregory Peck und Audrey Hepburn. Die Fotos zeigen die beiden, wie sie auf einer Vespa durch Rom brausen.
    "Ein Herz und eine Krone. Das ist ja die klassische Szene."
    Im Original heißt der Film "Roman Holiday". Audrey Hepburn bekam für die Darstellung einer englisch sprachigen Prinzessin ihren einzigen Oscar. Margitta Alt kommt ins Schwärmen.
    "Toller Film, tolle Schauspieler, tolle Geschichte. Audrey Hepburn, so eine zierliche hübsche Frau. Und dann Gregory Peck gutaussehender Mann. Dann Liebesgeschichte, die auch noch komplett in Rom spielt. Das liebe ich. Ich muss ja nur italienisch hören. Und dann ist es ja so ein bisschen Märchengeschichtchen. Die Prinzessin, die sich mal raus traut, in das normale Leben kommt, das genießt, sich verliebt und dann aber leider wieder zurück muss. Und er als Reporter, der ja erst nur an einer guten Geschichte interessiert ist und sich dann auch verliebt.
    "Das tolle an dem Film ist: man sieht viel von Rom, die ganzen bekannten Plätze. Da geht mir das Herz auf. Den kann ich mir immer wieder angucken. Den habe ich bestimmt schon zehn Mal gesehen."
    Auch Audrey Hepburn ist in Rom das Herz aufgegangen. Sie lebte nach den Dreharbeiten noch 20 Jahre in der Stadt. Vom Caffé Greco – wo sie regelmäßig zu Gast war - geht es weiter zum "Vierströmebrunnen" am Piazza Navona. Er ist eigens für den Film Illuminati restauriert worden.
    Mario Rizzoli ist Schweizer und Gastprofessor für Architektur in Rom. Er nimmt ebenfalls an der cineastischen Stadtführung teil. Als er - vor sieben Jahren - zum ersten Mal nach Rom kam, waren dort gerade alle Brunnen versiegt. Auch der Vierströmebrunnen.
    "Im Norden von Rom wollte jemand eine Privatgarage bauen lassen und ging viel tiefer, als es eigentlich erlaubt war. Die stießen dann auf das Akvedukt. Und weil sie genau wussten, dass sie sich bereits in einer Tiefe befanden, in der es eigentlich illegal wäre, haben sie einfach versucht, alles zu zu betonieren. Mit der Folge, dass der Beton sich im Wasserkanal ausgebreitet hat und die Brunnen im Zentrum versiegt sind. Und man jetzt –ich glaube immer noch mit sehr viel Aufwand, versucht, den Beton abzuspritzen. Der wird das wohl bezahlen müssen. Ich denke schon dass da hart durch gegriffen wird."
    Unter Julius Cäsar wurde der Piazza Navona zum ersten Mal für Kampfspiele genutzt. Kaiser Domitian hat ihn ausbauen lassen. Im Mittelalter wurde er auch für Pferderennen genutzt.
    Das spektakuläre Wagenrennen zum Film Ben Hur ist allerdings nicht auf einem dieser historischen Plätze gedreht worden. Sondern in einer nachgebauten Arena, in den römischen Cinecittá Filmstudios. Hunderte Kinoerfolge haben in der Cinecittá ihren Ursprung. Stadtführer Andrea Mancelli kann sie gar nicht alle aufzählen. Obwohl er ein Fan der italienischen Filmindustrie ist.
    "Es gibt unglaublich viele Orte in Rom, wo Filme gedreht worden sind. Bei vielen weiß man gar nicht, dass es keine Hollywood Produktionen sind. Wer glaubt den schon, dass 'Gangs of New York' in den Cinecittá Studios in Rom entstanden ist. Frederico Fellini und Sergio Leone (Sertscho) begründeten hier ihren Weltruhm. Rom ist eine famose Filmkulisse."
    Besuch der Cinecittá Filmstudios
    Mit dieser Liebeserklärung an Rom, ist der erste Teil der filmischen Stadtführung vorbei. Andrea Mancelli führt seine Gruppe zur U-Bahn an der Spanischen Treppe.
    Hier sitzt ein Geigenspieler und verkürzt den Filmtouristen die Wartezeit.
    Von dort aus fahren sie zur den Cinecittá Filmstudios, die eine eigene Metrostation haben und direkt gegenüber vom Eingang liegen. Also nicht zu verfehlen. Hier übernimmt Giorgia di Lauro die Gruppe
    "Andrea! Ist das unsere Gruppe?"
    Vor den Cinecittá-Studios zücken die Filmfans ihre Kameras und wollen Aufnahmen machen. Doch ausgerechnet hier ist Filmen strikt verboten.
    "Fotografieren ist erlaubt. Aber bitte keine Videoaufnahmen, wegen der Konkurrenz. Wir gehen jetzt in den Bereich, wo die ganzen Italo Western entstanden sind."
    Mit zu den bekanntesten gehören die Django Filme. Italo-Western Fan, Markus Alt aus Marburg fällt dazu sofort etwas ein:
    "Von wegen: Gott vergibt. Django nicht"
    "Auf diesem Set sind Details aus den Django-Filmen zu sehen. Aber auch aus dem berühmten Sergio Leone Klassiker 'Spiel mir das Lied vom Tod', mit Henry Fonda, Claudia Cardinale und Charles Bronson in den Hauptrollen. Wenn man überhaupt von Hauptrollen sprechen kann. Denn geredet wurde in dem Film 'Spiel mir das Lied vom Tod' ja nicht viel. Es ging eigentlich hauptsächlich um eine Frage:"
    Henry Fonda: "Wer bist Du?"
    Henry Fonda: "Wer bist Du?"
    Claudia Cardinale: "das ist ja auch egal."
    Henry Fonda: "Wer bist Du?"
    Charles Bronson: "Spiel mir das Lied vom Tod."
    Die Cinecittá Studios sind im Jahr 1937 gegründet worden. Hollywood produzierte zu diesem Zeitpunkt schon längst am Fließband. In den ersten sechs Jahren entstanden in den Cinecittá Studios rund 300 Filme. Danach wurde es zwar ruhiger, aber auch hochwertiger. Dafür sorgten auch die bekannten italienischen Regisseure wie Vitorio de Sica, Roberto Rossellini, Frederico Fellini oder Sergio Leone. Mit Beginn der 50er Jahre entstanden in den Cinecittá Studios fast nur Kassenschlager. Filmproduktionen, die in den USA zu teuer geworden wären, wichen gerne auf die römischen Filmstudios aus.
    Doch unter Berlusconis Amtszeit änderte sich das schlagartig. Die Studios verfielen zusehends. Vor allem die Requisiten. Heute sind sie wieder zu besichtigen.
    Zum Beispiel eine Kopie der Via Appia Antica, über die Petrus im Film Quao Vadis ging und fragte:
    "Quo vadis, domine?"
    In viele der Kulissen kann man hinein gehen. Überraschenderweise gibt es hier auch ein U-Boot. Alles darf angefasst und ausprobiert werden. Sehr zur Freude der Kinofans.
    "Das ist ein Echolot. Hier kann man dran drehen."
    "Interessant."
    Wer durch das Periskop schaut, sieht dasselbe, wie die Schauspieler während der Dreharbeiten.
    "Kannst Du da was durch sehen?"
    "Nee. Da siehst Du nichts."
    "Hier kannst Du auch dran kurbeln."
    "In diesem Bereich haben wir Requisiten, über die vor allem die deutschen Besucher staunen. Ich persönlich habe noch keinen getroffen der weiß, welcher Film hier gedreht wurde."
    Die sonst so gut informierten deutschen Filmfans, haben tatsächlich keine Idee. Ihre Reiseleiterin klärt sie auf.
    "Diese Kulissen sind 2008 entstanden. Für den Film 'U-900', mit Axel alias Atze Schröder.
    Und so bleibt Giorgia di Lauro auch weiterhin auf der Suche nach dem ersten Deutschen der weiß, dass Atze Schröder, in Rom eine Kino-Komödie gedreht hat.
    Die Movie-Tour durch die Stadt Rom enden am Film Set von Ben Hur. Charlton Heston spielt darin den israelitischen Fürsten Judah Ben Hur. Der Monumentalfilm wurde mit –bislang unübertroffenen - elf Oscars ausgezeichnet. Der Film wird meist als amerikanische Produktion ausgegeben. Dass die berühmtesten Szenen in den römischen Cinecittá Studios entstanden sind, bleibt oft unerwähnt.
    Mitten im Zentrum der Filmstudios liegt die Arena. Dort ist das wohl berühmteste Wagenrennen der Filmgeschichte gedreht worden. Mit Zusammenstößen, Rempeleien, viel Geschrei und Lärm.
    Nicht nur die Filmtouristen, sondern auch viele Regisseure sind sich einig: so fahren die heutigen Römer immer noch.
    Doch gerade das, macht den Charme von Rom ja aus. Und Filmemacher werden diese traumhafte Kulisse ganz sicher auch weiterhin nutzen.