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Finale der DARPA Robotics Challenge
Retten bis zum Umfallen

Am Wochenende hatte die Technik- und Entwicklungsagentur des US-Verteidigungsministeriums (DARPA) zur Robotics Challenge nahe Los Angeles geladen. Inspiriert war der Wettbewerb von der Idee, dass Roboter in Katastrophensituationen eingesetzt werden könnten. 24 Roboter traten gegeneinander an - ein Ereignis, das auch als "Das große Stolpern" bezeichnet werden könnte.

Von Thomas Reintjes | 08.06.2015
    Der humanodie Roboter HUBO aus Südkorea siegte bei der DARPA Robotics Challenge 2015 nahe Los Angeles.
    Der Gewinner kommt aus Südkorea und heißt Humanoider Roboter, kurz HUBO. (MARK RALSTON / AFP)
    Eines steht auf jeden Fall fest: Dass Roboter die Weltherrschaft an sich reißen, damit ist so bald nicht zu rechnen. Am Wochenende konnte man bei der DARPA Robotics Challenge jedenfalls 24 hoch entwickelten Robotern beim Versagen zusehen. Best-of-Videos finden sich im Internet, zum Beispiel von Robotern, die beim Laufen, beim Aussteigen aus einem Auto oder auch im Stehen einfach umfallen.
    "Als er gerade durch die Tür gehen wollte, hat er sich abgeschaltet und ist umgefallen."
    Oskar von Stryk lässt den Wettbewerb von seinem Hotelzimmer aus via Skype Revue passieren. Er hatte gleich zwei Roboter im Rennen: Hector von der Universität Darmstadt und Vigir aus einem internationalen Kooperationsprojekt mit Beteiligung der Darmstädter. Beide fielen hin. Es reichte nur für enttäuschend wenige Punkte. Zu Beginn des Parcours saßen die Roboter in einem Fahrzeug und mussten dies über eine Piste steuern. Hector bewältigte die Strecke in knapp drei Minuten – und zählt damit zu den Schnellsten.
    "Dann muss man aussteigen, das ist für einen Menschen sehr einfach. Das Aussteigen ist mit die schwierigste Aufgabe gewesen für die Roboter. Deshalb war es auch erlaubt, dass man passive Hilfsmittel benutzen darf. Also das Siegerteam hatte den Roboter auf dem Fahrersitz sitzen, aber die Füße nach draußen hängen und hat über einen speziellen Mechanismus das Gaspedal bedient, so dass sie halt schnell rausrutschen konnten aus dem Fahrzeug."
    DARPA hat die Anforderungen nachträglich reduziert

    Der Gewinner kommt aus Südkorea und heißt Humanoider Roboter, kurz HUBO. Er läuft also wie ein Mensch auf zwei Beinen - eine besondere Herausforderung. Auf Platz zwei und drei folgten weitere Humanoide aus Florida und Pennsylvania. Knapp dahinter der Roboter der Universität Bonn, Momaro, den einige zunächst unterschätzt hatten. Momaro war einer der kleinsten und leichtesten Wettbewerber und sieht wenig elegant aus: wie eine flache Kiste mit vier Beinen, auf der ein menschenähnlicher Torso mit Kopf und Armen steckt.
    Gemacht ist Momaro für Katastrophen-Szenarien, um die es ja eigentlich auch ging, bei dem Wettbewerb in Kalifornien. Doch letztlich war nur ein kleiner Schutthaufen zu bewältigen. Die anderen Aufgaben - etwa das Zudrehen eines Ventils oder Treppensteigen, müsste auch ein Haushaltsroboter erledigen können. Sven Behnke von der Universität Bonn zieht deshalb die Bilanz, dass der Roboter seines Teams unterfordert war. Kurz vor dem Rückflug nach Deutschland sagt er am Flughafen im Telefongespräch:
    "Die DARPA hat eben gesehen, dass insgesamt der Stand der Technik noch nicht so weit ist..."
    Die DARPA habe die Anforderungen nach den Vorrunden an den Stand der Technik angepasst. Auch das Gewinnerteam konnte nicht das zeigen, was sie vorbereitet hatten. Schwieriges Gelände mussten die Roboter praktisch gar nicht bewältigen.
    Auch wenn die deutschen Teams die Preisgeld-Millionen nicht mit nach Hause nehmen, scheint sich der Wettbewerb für alle gelohnt zu haben. Oskar von Stryk beeindruckte unter anderem die Atmosphäre während der Vorbereitungswoche, die alle Teams mit ihren Robotern in einer großen Messehalle verbrachten.
    "Man hat sich gegenseitig geholfen, und einige Teams haben auch Software untereinander ausgetauscht. Wir haben das auch gemacht, um sich gegenseitig zu unterstützen. Weil: Unser Ziel ist eigentlich, das Feld voranzubringen und nicht allein quasi einen Wettbewerb zu gewinnen."
    Den Wettbewerb hält der Darmstädter Forscher aber für zukunftsweisend. Er vergleicht ihn mit der Urban Challenge, die die DARPA zuletzt ausgeschrieben hatte. Dabei ging es um die Entwicklung autonom fahrender Autos.
    "Wo wir jetzt acht Jahre nach diesem Wettbewerb viele der Technologien aus diesem Wettbewerb in der Nähe des praktischen Einsatzes sehen. Und das wird bei der Robotik jetzt genauso sein, das wird auch 10 bis 15 Jahre dauern."
    Das Publikum in Kalifornien war jedenfalls schon jetzt begeistert von den Rettungsrobotern. Es jubelte, wenn ein Roboter es schaffte, die Tür zu öffnen oder eine der vier Treppenstufen zu erklimmen. Und es erkundigte sich nach dem Wohlbefinden der Roboter, wenn mal wieder einer gestürzt war.