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Finanzministerium
Schäuble sträubt sich bei Angleichung der Ost-Renten

Vor einer Woche hat Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles die Angleichung der Ost-Renten ans Westniveau in zwei Schritten versprochen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sträubt sich dagegen, will die Kosten dafür nicht alleine aus dem Bundeshaushalt bestreiten. Und was für ostdeutsche Rentner positiv wäre, hat dort für aktive Arbeitnehmer auch einen Pferdefuß.

Von Theo Geers | 28.07.2016
    Bundesfinanzminister Schäuble und Bundesarbeitsministerin Nahles sitzen im Plenum nebeneinander und unterhalten sich.
    Bundesfinanzminister Schäuble und Bundesarbeitsministerin Nahles: Angleichung der Ostrenten noch nicht vom Tisch. (dpa/picture-alliance/Rainer Jensen)
    Den schwarzen Peter will sich das Bundesfinanzministerium so mir nichts dir nichts nicht zuschieben lassen. Bei der Angleichung der Ost-Renten an das Westniveau hat Wolfgang Schäuble Arbeitsministerin Andrea Nahles zwar vorerst ausgebremst, die Betonung liegt aber auf dem Wort vorerst:
    "Wir sind und bleiben innerhalb der Bundesregierung im Gespräch zu diesem Thema", lässt Schäuble am Vormittag mitteilen."Gerade finden Vorabstimmungen auf Beamtenebene statt, um die das Arbeitsministerium gebeten hat."
    Mit anderen Worten: Die Tür ist noch offen. Und wie die Angleichung der Ost-Renten damit gegenfinanziert wird, ist Verhandlungssache. Vor gut einer Woche hatte Andrea Nahles ihre Pläne vorgestellt. Die Angleichung der Ost-Renten, die seit der Rentenerhöhung Anfang dieses Monats 94,1 Prozent des Westniveaus erreichen, sollen danach in zwei Schritten erfolgen:
    "Zum 1. Januar 2018 wird Rentenwert Ost um die Hälfte des Unterschieds zum Rentenwert West angehoben, zum 1. Januar 2020 erfolgt die vollständige Angleichung. Damit bestehen dann am 1. Januar 2020 auch im Rentenrecht keine Unterschiede mehr zwischen alten und neuen Bundesländern."
    Gesamtkosten von 5,7 Milliarden Euro
    Die Kosten des Projekts: 1,8 Milliarden Euro für Stufe eins, 3,9 Milliarden für Stufe zwei ab 2020. Um diese Mehrausgaben kreist jetzt auch der Streit. Für Nahles ist dabei der Fall klar: Der Bund soll über einen höheren Bundeszuschuss die Kosten tragen. Denn:
    "Die Angleichung der Renten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
    Nahles will mit diesem Argument verhindern, dass sie aus ihrem Etat oder aus den Rentenbeiträgen die Mehrausgaben finanzieren müsste. Für die Arbeitsministerin ist die Rentenangleichung eine gute Investition in die Vollendung der deutschen Einheit – 30 Jahre nach dem Fall der Mauer.
    Und sie wähnt hier auch die Kanzlerin an ihrer Seite, was Schäubles Position schwächt. Er will die Mehrkosten nicht oder zumindest nicht ganz aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Doch umstritten sind die Pläne nicht nur wegen der Finanzen.
    Aus ostdeutscher Sicht haben sie einen weiteren Pferdefuß: Nahles will im Gegenzug für die Ost-West-Angleichung der Renten für die Pensionäre eine weitgehend unbekannte Vergünstigung für ostdeutsche Arbeitnehmer, also der aktiven Beitragszahler, streichen. Bisher werden die ostdeutschen Löhne bei der Rentenversicherung aufgewertet, dieser Vorteil liegt bei 8,5 Prozent.
    Ostdeutsche Arbeitnehmer erhalten also für jeden in die Rentenversicherung eingezahlten Euro später eine um 8,5 Prozent höhere Rente als ihre westdeutschen Kollegen. Das soll erst mal so bleiben oder zumindest nicht so schnell abgebaut werden, wie es Nahles plant, fordert zum Beispiel Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff (CDU). Und somit gibt es auch hier noch weiteren Gesprächsbedarf.