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Finanzstabilitätsbericht
Zinsen könnten sprunghaft steigen

Die Bundesbank hat sich angeschaut, wie stabil die Lage auf dem Finanzmarkt ist und wo Gefahren lauern. Laut Finanzstabilitätsbericht machen die Banken zwar einen stabilen Eindruck, das könne sich aber schnell ändern, denn die Banken verdienen zu wenig.

Von Michael Braun | 16.11.2016
    Dunkle Wolken am Himmel
    Die deutsche Finanzwirtschaft verdiene zu wenig, sagte Bundesbankvorstand Andreas Dombret. Umso mehr müsse sie den Risiken begegnen und für Einnahmen sorgen. (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
    Noch rappelt es nicht im deutschen Bankenwesen: Sparkassen, Genossenschafts- und Geschäftsbanken machen auf die Bundesbank einen soliden Eindruck. Sie haben mehr Eigenkapital als vor der letzten Finanzkrise, sie haben risikoreiche Geschäfte abgebaut. Dennoch sei nicht alles gut, sagt Claudia Buch, die Vizepräsidentin der Bundesbank:
    "Wir sehen diese Gefahr, dass wir eben systematisch Risiken unterschätzen."
    Die Gefahr liege in der falschen Gewissheit, die Zinsen könnten dauerhaft niedrig bleiben. Mit dem Votum der Briten für den Brexit habe niemand gerechnet, mit Donald Trumps Wahl zum amerikanischen Präsidenten auch nicht. Solche Fehleinschätzungen, so Frau Buch, könnten am Finanzmarkt zu abrupten Preisveränderungen führen.
    Es drohen Ausfallrisiken
    Die Zinsen könnten sprunghaft steigen. Dann würde es für die Banken schwerer, die langfristig vergebenen billigen Hypothekenkredite zu refinanzieren. Mit den steigenden Zinsen dürften auch die Hauspreise sinken. Und damit der Wert der Sicherheiten im Kreditgeschäft. Kreditnehmer könnten nach Ablauf der Zinsbindung den neuen Kredit womöglich nicht mehr bezahlen. Es drohen Ausfallrisiken. Darauf wolle die Bundesbank mit ihren Instrumenten vorbereitet sein, so Frau Buch:
    "Wir haben keinen Befund, dass sich ein kreditfinanzierter Preisboom hier auf dem Immobilienmarkt aufbaut. Also, wir sind nicht bei der dritten Stufe, dass wir sagen, es müssen Instrumente eingesetzt werden, um Mindestanforderungen an die Tragfähigkeit der Verschuldung zu stellen. Das wäre ein Schritt, den man nur gehen würde, wenn es eine akute Bedrohung der Finanzstabilitätslage gibt. Das ist im Moment nicht der Fall. Nichtsdestotrotz sollten wir vorbereitet sein, präventive Maßnahmen ergreifen, sodass ein mögliches Eingreifen, eine Aktivierung dieser Instrumente möglich wäre."
    Hinweis auf künftige Immobilienblasen
    Sensibilisiert ist die Bundesbank, weil sie auf dem Immobilienmarkt doch so etwas wie einen Hinweis auf künftige Blasen wahrnimmt. Bundesbankvorstand Andreas Dombret:
    "Wir haben teilweise einen Immobilienmarkt, wo Immobilien gekauft werden aufgrund der Tatsache, dass Zinsen niedrig sind. Und nicht aufgrund der Tatsache, dass Sie sich selbst sonst möglicherweise für diese Form von Immobilien interessiert hätten."
    Dombret sagte auch, die deutsche Finanzwirtschaft verdiene zu wenig. Umso mehr müsste sie den Risiken begegnen und für Einnahmen sorgen:
    "Zu diesen Erträgen, die sie ausbauen, gehören zum Beispiel Kontoführungsgebühren, Zahlungsverkehrsgebühren. Außerdem werden negative Zinsen eben zunehmend an die Großkunden, an die institutionellen Anleger von diesen Banken und Sparkassen auch weitergegeben."
    Dies mit dem aufsichtsrechtlichen Segen der Bundesbank. Auch auf Fusionen im Sparkassen- und Genossenschaftssektor schaut sie mit viel Verständnis, wenn nicht Wohlwollen.