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Finanztransaktionssteuer
EuGH: Börsenabgabe ist rechtens

Der Europäische Gerichtshof hat sich hinter die umstrittene Einführung einer Steuer auf den Handel mit Bank- und Börsenprodukten gestellt. Die Luxemburger Richter lehnten eine Klage Großbritanniens gegen einen entsprechenden Beschluss des EU-Ministerrates ab.

30.04.2014
    Die beiden Türme des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg
    Der Europäische Gerichtshof hat sich hinter die umstrittene Börsensteuer gestellt. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Nach Ansicht der Luxemburger Richter ist es rechtens, dass zunächst elf der 28 EU-Staaten, darunter Deutschland, eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer einführen - als eine Konsequenz aus der europäischen Finanz- und Staatsschuldenkrise. Die Steuer gilt als Mittel, um Spekulation einzudämmen und den Finanzsektor an den Kosten der Krise zu beteiligen. Besteuert werden sollen Wertpapiergeschäfte vor allem zwischen Banken, Versicherungen sowie Fonds und Hedgefonds. Auch der automatisierte Hochfrequenzhandel würde erfasst. Verbraucher und Kleinsparer blieben weitgehend unbehelligt.
    Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Estland, Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, Slowakei und Slowenien vereinbarten im Rahmen der sogenannten Verstärkten Zusammenarbeit, die Bankenabgabe in ihren Ländern vorab einzuführen. Solch eine Kooperation ist in Artikel 20 des Lissabon-Vertrages verankert und wurde vom Europäischen Gerichtshof auch in früheren Verfahren bestätigt, zum Beispiel bei der Einführung eines EU-Patents. Und so urteilte der Gerichtshof auch heute: Der Beschluss der elf EU-Länder beschränke sich auf die Ermächtigung zur Begründung einer verstärkten Zusammenarbeit, ohne selbst Bestandteile einer Finanztransaktionssteuer zu enthalten.
    Briten wehren sich
    Die Briten wollen nicht mitmachen, weil sie um ihren Finanzplatz London fürchten. Eine Steuer sei sinnlos, wenn andere Akteure wie die USA und China nicht mitmachten, heißt es aus London. Dann würde ein Großteil der Finanzgeschäfte abwandern. Die Briten sehen durch die verstärkte Zusammenarbeit ihre Rechte missachtet und fürchten Kosten.
    Die Londoner City
    Die Londoner City, umsatzstärkster europäischer Handelsplatz für Finanzprodukte (picture alliance / dpa / Andy Rain)
    Deutschland und Frankreich wollen möglichst bis zu den Europawahlen Ende Mai eine Einigung der elf EU-Staaten in noch offenen Fragen erreichen. Unklar ist noch, an welchem Ort die Steuer greift - ob am Sitz des Finanzinstituts oder dort, wo die Geschäfte tatsächlich gemacht werden. Angedacht ist inzwischen, die Steuer schrittweise einzuführen. Als Starttermin war ursprünglich einmal Anfang 2014 im Gespräche; ein neuer Termin ist bislang nicht bekannt.
    Die Plänen sehen einen Steuersatz von 0,1 Prozent bei Geschäften mit Anleihen und Aktien vor sowie 0,01 Prozent bei spekulativen Derivaten. Dies ist ein Mindestsatz, über den die Staaten hinaus gehen können. Nach Schätzungen der EU-Kommission würden die elf teilnehmenden Staaten etwa 34 Milliarden Euro Steuern einnehmen, davon Deutschland allein 12 Milliarden Euro.