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Finnland
Neue Regierung unter Beteiligung der Rechtspopulisten steht

Nur drei Wochen nach der finnischen Parlamentswahl hat die künftige Regierungskoalition aus Zentrumspartei, Konservativen und Rechtspopulisten ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Dabei war auch von umfangreichen und schmerzvollen Maßnahmen die Rede.

Von Ulrike Bosse | 28.05.2015
    Juha Sipilä, Vorsitzender der Zentrumspartei in Finnland
    Juha Sipilä, Vorsitzender der Zentrumspartei in Finnland (dpa / picture-alliance / Markku Ulander)
    Juha Sipilä hat es geschafft: Innerhalb von nur drei Wochen hat der Sieger der finnischen Parlamentswahl und Vorsitzende der Zentrumspartei die Koalitionsverhandlungen mit der rechtsnationalen Partei die Finnen und der konservativen Nationalen Koalition abgeschlossen. Die "Drei S" wie die Vorsitzenden der drei Parteien entsprechend dem identischen Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen in Finnland genannt werden: Sipilä, Soini und Stubb haben pragmatisch und ergebnisorientiert verhandelt. Das Land braucht schnell eine handlungsfähige Regierung, deren Kurs der künftige Ministerpräsident ohne rhetorische Girlanden ankündigt: Finnlands Lage sei ernst; das bedeute, dass umfangreiche und schmerzvolle Maßnahmen ergriffen werden müssten.
    Eine Ankündigung, die die Finnen weniger überrascht haben dürfte als die ersten Personalien, die Sipilä bekanntgab: Neuer Außenminister Finnlands wird der Vorsitzende der rechtsnationalen Partei "Die Finnen" und Europaskeptiker Timo Soini. Er vertritt die zweitgrößte Partei in der Koalition – und die übernimmt in Finnland traditionell das Finanzministerium. Dieses geht diesmal aber den dritten Partner, die konservative Nationale Koalition und ihren Vorsitzenden Stubb, den bisherigen Ministerpräsidenten. Mit Timo Soini als Außenminister könnte Finnland für die EU künftig ein schwierigerer Partner werden – aber die Koalitionspartner machten deutlich, dass Finnland zur Mitgliedschaft in der Union und den getroffenen Vereinbarungen steht.
    Soini forderte bei der gemeinsamen Pressekonferenz Reformen für die EU; die EU müsse verbessert werden, damit den Bürgern mehr gedient sei. Eine Änderung der Verträge sei für die neue finnische Regierung jedoch gegenwärtig kein Thema.
    Finnland respektiere die gemeinsamen Regeln und erwarte das auch von anderen, wiederholte Soini einen Satz, den auch die scheidende finnische Regierung gerade in den Diskussion um die Schuldenkrise immer wieder formuliert hatte. Finnland sei ein aktiver, pragmatischer und an Ergebnissen orientierter Mitgliedstaat der EU, so Soini. Er wolle auf "konstruktive, kritische und kooperative Weise" nationale und europäische Interessen verbinden:
    Mit Blick auf die geopolitische Situation unterstrich Soimi, dass Finnland ein militärisch bündnisfreier Staat sei, der aber eine praktische Partnerschaft mit der NATO pflege und an der Option, gegebenenfalls eine NATO-Mitgliedschaft zu beantragen, festhalte. Die kommende Regierung wolle einen Bericht über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik Finnlands vorlegen, in der auch die Effekte eine möglichen NATO-Mitgliedschaft geprüft würden.
    Als Hauptaufgabe aber betrachtet die neue Koalition, die finnische Wirtschaft zum Laufen und die Finanzen des Landes wieder in Ordnung zu bringen. Um das zu erreichen, sind Einsparungen in Höhe von vier Milliarden Euro und sechs Milliarden Euro bis 2021 geplant – die EU-Kommission hatte dem Land wegen seiner Verschuldung zuletzt mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Einige Maßnahmen würden schmerzhaft sein, aber sie seien notwendig, sagte der künftige Finanzminister Stubb. Aber: Finnland hab sich auf EU-Ebene immer für eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik stark gemacht und müsse selbst leben, was es anderen predige:
    Gleichzeitig versprach Stubb aber auch ein Investitionsprogramm von 1,6 Milliarden Euro, die vor allem in Infrastrukturprojekte fließen sollen, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt.