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Firma Wein und Rat
Makler von Weingütern und Winzern

Immer mehr Winzer suchen Nachfolger für ihre Betriebe. Umgekehrt ist der Besitz eines Weingutes ein Statussymbol ganz besonderer Art. Wie können sich Verkäufer und Käufer von Weingütern finden? Das Unternehmen Wein und Rat spielt hier den Makler - klärt aber auch auf, wie anstrengend der Alltag als Winzer sein kann.

Von Stefan Wolff | 03.07.2015
    Trauben der Sorte Müller-Thurgau hängen im Weinberg in Hohberg-Diersburg (Baden-Württemberg) vor Beginn der Weinlese am Rebstock.
    Trauben an einem Rebstock (picture alliance / Patrick Seeger)
    "Der Rheingau war für mich auf der Suche ganz oben angesiedelt. Das war im Endeffekt Zufall, dass da was frei wurde, also zum Verkauf stand. So war das eine runde Sache."
    Urban Kaufmann ist Schweizer, Anfang 40. Er betrieb bis vor zwei Jahren noch eine Käserei in der Schweiz, doch der Traum vom eigenen Weingut hat ihn schon lange beschäftigt. Jetzt steht Kaufmann in seinem Keller in Hattenheim im Rheingau und etikettiert frisch befüllte Flaschen.
    Hans Lang, Riesling trocken, steht auf dem Etikett. Hans Lang ist ein wohlklingender Name in der Branche, von ihm hat Urban Kaufmann das Gut übernommen und fühlt sich in den großen Fußstapfen recht wohl:
    "Grundsätzlich ist das mal positiv, weil es einem doch gewisse Kontakte eröffnet. Grundsätzlich möchte man doch einen bestehenden und funktionierenden Betrieb weiter entwickeln. Von daher ist das sicher positiv."
    In Deutschland steht etwa jedes vierte Weingut zum Verkauf. Ein groß angelegter Generationenwechsel vollzieht sich da, wie in vielen anderen Betrieben auch. Die Firma Wein und Rat aus Geisenheim bringt Verkäufer und Käufer zusammen. Erhard Heitlinger hatte die Idee für dieses Geschäft, das ihn auch noch längere Zeit ernähren dürfte:
    "Das ist ein wachsender Markt. Eine große Zahl von Weinbaubetrieben gehört Eigentümern, die jetzt in dieser Generation 50 plus sind. Da gibt es welche, die haben gar keine Kinder, und welche, da sind die Kinder in anderen Berufen erfolgreich tätig, verdienen gutes Geld und wollen nicht zurück."
    Traum und Wirklichkeit als Landwirt
    Ein Weingut zu besitzen, ist für manchen Prominenten ein Statussymbol. An Wein und Rat wenden sich aber viele Jungwinzer ohne Grund und Boden. Sie suchen die Chance, eine Existenz zu gründen. Dazu kommen immer mehr Quereinsteiger, wie Urban Kaufmann, die in einem zweiten Berufsleben als Winzer durchstarten wollen. Die meisten träumen den Traum schon lange. Erste Gespräche sollen ergeben, wie ernst der Traum wirklich ist. Natascha Popp, ebenfalls Geschäftsführerin bei Wein und Rat, hat dabei schon so manchen Romantiker desillusioniert:
    "Die größte Illusion ist, dass man glaubt, dass sich der Wein von allein verkauft. Dass man als Winzer die Aufgabe hat, die Trauben zu ernten, aus ihnen Wein zu machen, und sich dann zurücklehnen kann und warten kann bis die Kunden auf den Hof kommen und den Wein kaufen. Das ist ganz weit weg von der Realität."
    Das Leben als Landwirt ist das eine, das kaufmännische das andere. Die Trinkgewohnheiten der Weinfreunde haben sich geändert. Immer weniger haben einen Stammwinzer, von dem sie sich einmal im Jahr beliefern lassen. Für die Winzer bedeutet dies, neue Vertriebswege zu gehen, das Internet zu nutzen, und trotzdem auch mal am Abend und am Wochenende Schänke und Keller geöffnet zu haben. Ein 35-Stunden-Job ist das nicht.
    Wein und Rat arbeitet erst einmal wie ein Makler. Weingut und neuer Besitzer werden zusammen gebracht. Kommt es zum Vertrag, fließt eine Courtage. Doch ein reiner Makler ist Erhard Heitlinger nicht:
    "Da, wo die aufhören, da fangen wir nochmal richtig an. Die meisten Quereinsteiger und Profis wünschen dann eine fachliche Begleitung. Wir haben dazu ein Netzwerk aufgebaut von unterschiedlichen Spezialisten und Fachleuten, die wir dann vorschlagen und die begleiten dann mit uns zusammen diese Betriebe."
    Dieser Prozess kann Jahre dauern. Urban Kaufmann hat als Schweizer vor allen Dingen rechtlichen Rat in Anspruch genommen - auf dem Weg durch den deutschen Gesetzesdschungel. Auch Vorgänger Hans Lang war gefragt, erzählt Kaufmann:
    "Die Weinvermarktung war für mich ein komplett neues Betätigungsfeld, weil das beim Käse ganz anders funktioniert hat. Da war ich sehr auf meinen Vorgänger angewiesen, dass er mich da in die Materie, in die Geschäftskontakte einführt."
    Kaufpreis und Verdienstmöglichkeiten
    Kaufmann fährt in seine Weinberge. Das Wetter diktiert den Dienstplan eines Winzers. Wieviel man in dem Job verdienen kann? Die Parteien halten sich bedeckt. Von mindestens fünf Prozent Rendite ist die Rede. Hinzu kommt der Lohn, den sich der Winzer und seiner Familie zubilligt. Auch der Kaufpreis ist geheim. Wie er zustande kommt, erklärt Natascha Popp:
    "Der richtige Kaufpreis ist der Preis, wo der Verkäufer sagt, das ist ein faires Angebot, das ist mein Lebenswerk wirklich wert, dafür habe ich mein Leben lang gearbeitet, und der Käufer muss sagen, das ist ein fairer Preis. Der steht im richtigen Verhältnis zu dem Kapitaldienst, was der Betrieb erwirtschaften kann."
    Günstig ist der Traum vom eigenen Weingut jedenfalls nicht. In den vergangenen Jahren sind die Preise für Immobilien und Weinberge stark gestiegen, sodass für gute Lagen schnell Millionenbeträge aufgerufen werden. Ein Grund mehr für viele Interessierte, die Hilfe von Wein und Rat zu suchen.