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Fisch
Etikettenschwindel in der Kühltheke

Rund 14 Kilogramm Fisch isst der deutsche Bundesbürger jährlich - Tendenz steigend. Beim Kauf von Fischprodukten ist die Art des Fisches allerdings nicht immer ersichtlich. Strenge EU-Vorschriften regeln deswegen die Angaben auf den Verpackungen. Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, dass dabei oft geschummelt wird.

Von Peter Kaiser | 25.10.2016
    Ein Mitarbeiter der Frosta AG in Bremerhaven (Bremen) überwacht am 26.03.2015 die Produktion von Fischstäbchen.
    Fischstäbchenproduktion: Nicht immer wird der Fisch verarbeitet, der auf der Packung steht. (dpa / picture alliance/ Ingo Wagner)
    "Ich weiß, welcher Fisch wie aussieht, und welcher Fisch das ist." Sagt die freundliche Fischfachverkäuferin auf einem Berliner Wochenmarkt bestimmt. Und fügt hinzu:
    "Es kann immer mal sein, dass wir was Neues ausprobieren, dass wir nen neuen Fisch dahaben, aber dann gucken wir und uns den vorher genau an, wissen wie er aussieht, und verkaufen ihn dann auch."
    Hier mag das stimmen, doch anderswo wird es mit der Fischart wohl nicht so ganz genau genommen. Das zumindest hat das Team um die Molekularbiologin Babett Günther vom Wilhelmshavener Senckenberg Forschungsinstitut in einer neuen Studie herausgefunden, die kürzlich in "Science Direct" veröffentlicht wurde. Mit Hilfe des sogenannten DNA-Barcoding überprüften die Senckenberg-Forscher 118 Fisch- und Meeresfrüchteprodukte.
    "Wir haben Lebensmittel, die wir jeden Tag verzehren aus dem Supermarkt oder vom Fischhandel gekauft und geguckt, ob wir die Art bestimmen können, genetisch. Und dabei versucht ein neues Verfahren anzuwenden. Und haben geguckt, was wirklich in den Lebensmitteln drin ist, und ob das mit der Etikettierung übereinstimmt."
    18 falsche Fische bei 118 Produktproben
    Wie bei einem industriellen Strichcode sind bestimmte kurze Gen-Abschnitte - sogenannte DNA-Barcodes - für jede Tier- und Pflanzenart einzigartig. Diese DNA-Barcodes sind die Grundlage für die seit 2002 EU-weit streng geregelte Etikettierung von Fischen- und Fischprodukten. Darum kann man, wenn man einen Hering, Lachs, Heilbutt oder welchen Fisch auch immer kauft, sicher sein, genau diesen Fisch auch zu bekommen. Doch die Senckenberg-Forscher fanden bei den 118 untersuchten Produkten 18 falsch etikettiert.
    "Wir haben ja einerseits die Handelsbezeichnung, was auf dem Produkt drauf steht, also Alaskaseelachsfilet, Lachs, Hering. Und dann im Kleingedruckten muss ja inzwischen immer der lateinische Artname angegeben sein. Und das muss einheitlich sein mit der Handelsbezeichnung. Und dieses Verhältnis haben wir untersucht, in dem wir auch die Arten noch bestimmt haben genetisch. Das heißt, es sind Produkte aufgefallen, da stand zum Beispiel die lateinische Art von Lachs drin, da war aber ein ganz anderer Lachs drin. Oder da war weißer Heilbutt verkauft, genetisch konnten wir aber schwarzen Heilbutt identifizieren. Dann gab es noch die Kategorie, dass zwar die Handelsbezeichnung richtig war, aber wir nicht exakt die Art gefunden haben, sondern eine andere. Und dann gab es noch vier weitere Fälle, wo die Handelsbezeichnungen und die lateinische Art auf der Etikettierung an sich nicht übereingestimmt haben."
    Schwierige Analyse bei stark verarbeitetem Fisch
    Die Suche nach der richtigen Fischart wurde noch schwieriger, je stärker verarbeitet der Fisch war.
    "Bei so einfach verarbeiteten Produkten wie Fischfilet oder Shrimps, die gefroren sind, funktioniert das ganz gut. Bei stärker verarbeiteten Produkten wie Thunfischpizza oder auch eingelegten Produkten so was wie eingelegter Hering ist das schwieriger. Weil durch die Verarbeitung, das Kochen oder das Einlegen in Säure, geht die DNA kaputt und zerfällt in ganz kurze Teile. Und da wird es schwierig die Methode anzuwenden."
    Bisher. Denn um noch genauer die Fische bestimmen zu können, haben Babett Günther und ihre Kollegen das DNA-Barcoding-Verfahren erweitert. Sie analysierten kürzere Gen-Fragmente als bis-her üblich, und konnten damit nicht nur noch genauer, sondern auch wesentlich mehr Produkte testen. Die neue Testmethode bietet nun einen doppelten Vorteil.
    "Für den Verbraucher, falls er Allergien hat, oder bestimmte Fische nicht verträgt. Andererseits gehts natürlich auch um den Schutz vor Überfischung, oder das geschützte oder unbekannte Arten nicht gefischt werden."