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Fitnessstudios
Der Trainingsort soll schöner werden

Ächzen und Schwitzen ja, aber bitte in schicker Umgebung! Fitnessstudios sind heute nicht nur Orte zum Training - sondern zum Wohlfühlen. Dafür sorgt auch eine Firma aus München.

Von Mirko Smiljanic | 26.05.2017
    Ein Mann stemmt eine Hantel in einem Fitnessstudio.
    In Deutschland gibt es rund 7.600 Fitnessstudios. (picture alliance / ZB / Britta Pedersen)
    Köln, ein früher Freitagabend in einem Fitnessclub: Kraftmaschinen und Hantelbänke, Laufbänder und Crosstrainer – fast alle Geräte sind besetzt. Ächzende und schwitzende Menschen wohin man schaut, während leise Musik die angenehm gestalteten Räume in eine Klangwolke taucht.
    "Geht noch alles! Alles in Ordnung", beteuert dieser junge Mann, der die Einstellungen seines Crosstrainers weit nach oben getrieben hat: "Also Widerstand und Steigung auf 7."
    Mehr Plaudern ist im Moment nicht möglich, lieber drückt er beherzt einen Knopf und erhöht den Widerstand auf 9.
    "Das ist der Crosstrainer der neuesten Generation von Precor, EFX 885, ist letztes Jahr im Herbst rausgekommen, in diesem Fall mit der Multimediakonsole, sprich multimediales Entertainment und multimediale Trainingserfassung", erklärt Alexander Rotsch, Berater und Projektmanager bei "Precor Deutschland" mit Sitz in München.
    Fitness kennt keine Altersbegrenzung mehr
    "Ziel ist möglichst eine natürliche Bewegung zu imitieren, es geht schon in eine Laufbewegung, wo man die Arme, wie man bei diesem jungen Mann sieht, mit einbeziehen kann, und deswegen eine möglichst natürliche Laufbewegung simuliert. Deswegen auch diese Rampe, die nicht ganz parallel die Füße führt, sondern ein bisschen nach innen. Wenn man sich seine Laufschritte vorstellt an einem Strand, dann sind die auch hintereinander und nicht parallel nebeneinander."
    Gebaut und vertrieben wird die Hightech-Mischung aus Fahrrad und Laufband von "Precor Deutschland" aus München, Teil der finnischen Amer Sports Coperation. (*) Seit 15 Jahren stattet der Fitnessausrüster Clubs und Hotels mit eher höherpreisigen Geräten aus.
    "Also Laufband, Crosstrainer, Fahrräder, aber auch Kraftmaschinen, Hanteln, Scheiben, Functional Training, man findet alles wider, was wir verkaufen in Sportstudios", zählt Martin Borchers auf, der Precor-Deutschlandchef. 35 Mitarbeiter stehen werk- wie wochentags für ihre Kunden zur Verfügung, Fitness kennt keinen Achtstundentag. Und es kennt mittlerweile keine Altersbegrenzung mehr.
    "Die Zielgruppe ist bei uns von Jung bis Alt. Wir können ältere wie junge Mitglieder bedienen. Bei Jungen ist das Thema Training mit freien Gewichten eher an der Tagesordnung, im älteren Bereich das Zirkeltraining."
    Europa ist Marktführer bei der Digitalisierung der Studios
    Unabhängig von Alter spielt die Digitalisierung der Fitnessmaschinen eine große Rolle. Interessanterweise, so Borchers, haben die USA auf diesem Gebiet einen großen Nachholbedarf. Marktführer sei Europa:
    "Da geht es darum, dass der Kunde, der ins Studio kommt, mit einer Check-in-Karte quasi alles steuern kann. Vom Eingang ins Studio über das Schranksystem, wo er sich umzieht, das Ansteuern der Geräte im Kraftbereich oder im Kardiobereich, wo auch die Trainingsdaten gespeichert werden, und er sich auch einen Plan erstellen lassen kann vom Trainer."
    Und dann gibt es noch den großen Bereich des Entertainments, so Alexander Rotsch von Precor Deutschland:
    "Das ist eine androidbasierte Konsole, wo man sich seine Apps runterladen kann, Spotify, Netflix wie die modernen Sachen heißen, um sich so das Training spannend zu gestalten."
    Wem Musik und Filme nicht reichen, kann noch einen besonderen Service nutzen. Auf dem Monitor erscheinen Landschaften, durch die Trainierende radeln oder laufen. Würde dies gekoppelt mit VR-Brillen, könnte er oder sie komplett eintauchen in virtuelle Realitäten – technisch ist das kein Problem mehr. So rasant die Entwicklungen auch sind, Fitnessgeräte müssen trotzdem mindestens fünf Jahre halten, bevor sie entweder verschrottet werden oder letzte Abnehmer finden etwa in Osteuropa.
    "Natürlich entwickelt sich das viel, und auch die Hardware verändert sich, aber die sind so, dass die sich auch updaten können, dass man immer verhältnismäßig auf dem neuesten Stand bleiben kann, und sich nicht wie beim Computer alle zwei Jahre komplett neu ausstatten muss."
    Zehn Prozent der Deutschen sind Mitglied in einem Fitnessstudio
    Fitnessgeräte werden üblicherweise geleast. Dass Clubs Crosstrainer und Laufbänder kaufen, kommt selten vor. Auf Wunsch bietet Precor Deutschland zudem die Komplettplanung von Studios. 30 Millionen Euro Jahresumsatz macht Precor, Tendenz steigend. Der Konkurrenzdruck sei zwar durch asiatische Billiganbieter heftig, so Martin Borchers, gleichzeitig wächst aber auch die Nachfrage. Mittlerweile seien etwa zehn Prozent aller Deutschen Mitglieder in Fitnessclubs, so Borchers, in Skandinavien sind es schon 20 Prozent – da ist viel Luft nach oben.
    "Und ich denke, das hat auch viel mit der Politik zu tun, wie die da mitspielt, dass Krankenkassen bestimmte Mitglieder subventionieren, was die Mitgliedsbeiträge betrifft, dass sie halt stärker Wert darauf legen, wenn einer eine Krankenkasse wählt. Dass sie sagen, wenn Du Dich privat fit hältst, hast Du den und den Vorteil bei uns."
    Fitnessclubs sind im Breitensport angekommen, bei dem aber jenseits von Ächzen und Schwitzen ein Punkt mindestens genauso wichtig ist.
    "Wenn ein Mitglied in ein Fitnessstudio reinkommt, muss der erste Eindruck natürlich stimmen, da geht es darum, was er sieht, ob es der Loungebereich ist, der Boden, die Wände, die Einrichtung im Ganzen. Das ist mittlerweile ein ganz großes Thema, dass man sich da wohlfühlt und den Lifestylefaktor nicht vernachlässigt."
    Ächzen und Schwitzen ja, aber bitte in schicker Umgebung!
    (*) Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, einer Tochter der US-amerikanischen Amer Sports Deutschland GmbH. Diesen Fehler haben wir korrigiert.