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Fließender Übergang

Helge Jung hat seinen Bachelor in Informatik gemacht. Während seines Studiums absolvierte er ein Praktikum bei C-Lab, einem gemeinsamen Entwicklungs- und Forschungslabor von Siemens und der Uni Paderborn. Er hinterließ offenbar so viel Eindruck, dass er nach dem Studium dort anfing zu arbeiten.

Helge Jung im Gespräch mit Sandra Pfister | 14.10.2009
    Sandra Pfister: Das Erstsemester ist meist wild und aufregend. Härter wird es im Moment am Ende des Studiums. Die Wirtschaftskrise verhagelt vielen den Berufseinstieg, und Bachelorabsolventen müssen gegen das Vorurteil anarbeiten, sie seien nur auf der Schmalspur ausgebildet und außerdem noch grün hinter den Ohren. Deshalb fragen wir in dieser Woche: Wie schlagen sich frischgebackene Bachelorabsolventen bei ihrem Jobeinstieg? Zwei junge Berufseinsteiger haben wir diese Woche schon kennengelernt, heute sind wir mit einem frischgebackenen Informatiker verabredet, der seit zwei Wochen im Job ist: Helge Jung. Herr Jung, wir erwischen Sie in Paderborn, Sie haben dort auch studiert. Das wirkt wie ein Riesenglück, in der Stadt, in der man studiert hat, auch gleich den ersten Job zu finden, manche ziehen ja durch die halbe Republik. Wie haben Sie das denn hingekriegt?

    Helge Jung: Im Rahmen des Studiums an der Universität Paderborn müssen wir ein Praktikum machen, ein Softwaretechnikpraktikum machen, und ja, das hat sich mehr oder minder zufällig ergeben, dass ich das hier im C-LAB machen konnte. C-LAB ist eine Kooperation der Uni Paderborn mit der Siemens AG, und da ich da sozusagen offenbar durch meine Leistungen überzeugen konnte, habe ich dann meine Bachelorarbeit auch dort gemacht und darauf aufbauend bin ich dann hier auch vonseiten der Siemens AG übernommen worden.

    Pfister: Das ist natürlich prima, so ein Bachelor als Steilvorlage, weil Sie die Arbeit da auch schon gemacht haben. Was genau ist Ihr Job, was machen Sie?

    Jung: Also das C-LAB, das ist auch mein Job dann jetzt, kümmert sich darum, sozusagen Forschungsergebnisse aus dem universitären Umfeld bis zur Industrie- oder Produktreife weiterzuentwickeln, also sozusagen aktuelle Forschungen marktreif zu machen. Und konkret ist es momentan der Fall, dass zum Beispiel Kraftwerke, die die Siemens AG weltweit betreibt, dass dort Experten vor Ort per unter anderem einer Videoverbindung unterstützt werden sollen. Das heißt, die Techniker vor Ort werden von Experten zum Beispiel aus Deutschland heraus unterstützt. Und da sind halt viele ja auch kleine Detailprobleme, wo ja auch aktuelle Forschungstechniken benutzt werden, um diese Probleme zu lösen.

    Pfister: Und Sie sitzen am Computer und programmieren dann solche Lösungen?

    Jung: Programmieren auch, aber es geht auch sehr viel um die Konzeptionierung, also sozusagen, wie packe ich das an und nicht so wirklich nur das Programmieren.

    Pfister: Ist das Ihr Traumjob?

    Jung: So ziemlich genau, ja. Also es macht sehr viel Spaß, ich bin hier sehr glücklich. Das Team ist super, die Atmosphäre ist super, und man hat halt wirklich einen sehr interessanten Mix aus Forschung, sozusagen ja auch theoretischen Punkten und auch neuen Technologien, aber halt auch auf der anderen Seite wirklich diesen Arbeitsalltag, den Praxiseinsatz.

    Pfister: Sie sind 23, Sie haben vor zwei Wochen angefangen – wusste Ihr Chef, was er mit diesem sehr jungen Bachelor anfangen sollte, als Sie sich da beworben haben?

    Jung: Er wusste es schon, weil er hat da selber auch studiert und durch die Nähe der Uni Paderborn, also die Uni Paderborn, ein Außengebäude ist hier im Gebäude, oder andersrum, das C-LAB ist im Gebäude der Uni, dadurch ist einfach schon auch durch Personen die Nähe da. Er wusste also ziemlich genau, worauf er sich einlässt, wie gut auch der Ausbildungsstand ist. Was da einfach bei mir auch sehr viel geholfen hat, dass ich hier ein Praktikum gemacht habe und dass ich sozusagen ja mich persönlich wirklich schon mit Arbeit vorstellen konnte, sodass halt wirklich eigentlich auch mein Bachelor-Zeugnis überhaupt keine Rolle spielte.

    Pfister: Nun sind Sie noch nicht mal zwei Wochen beruflich am Start und schon sagen Sie, nö, das reicht mir nicht, ich will unbedingt noch den Master machen, und deshalb arbeiten Sie auch auf einer Dreiviertelstelle statt auf einer vollen Stelle und machen den Master in Informatik nebenher. War der eine Abschluss nicht genug?

    Jung: Also das ist für mich hauptsächlich ja ein bisschen als Sicherheit gedacht, einfach sozusagen angenommen den Fall, die Siemens AG würde in der nächsten Zeit Pleite gehen – wovon natürlich nicht auszugehen ist, aber einfach für den Fall –, könnte ich mich halt mit einem Master deutlich besser – vermute ich zumindest – irgendwo noch mal bewerben, habe dann jetzt aber auch den Praxiseinsatz. Den Master wollte ich aber so oder so machen. Und das ist jetzt für mich einfach eine gute Gelegenheit, auch ja wirklich Praxiserfahrungen und Geld zu verdienen während des Studiums zu machen.

    Pfister: Und wie kriegen Sie das unter einen Hut?

    Jung: Ja, insbesondere durch die Dreiviertelstelle, da ich halt wirklich hier im C-LAB wirklich, also als Angestellter eine Dreiviertelstelle habe und sozusagen in der Uni, das ist jetzt neu in Paderborn, einen sogenannten Teilzeitmaster mache. Das heißt, ich habe nicht Regelstudienzeit vier Semester, sondern acht Semester, und gut, habe eine Beschränkung, dass ich nur eine bestimmte Anzahl von ECTS-Punkten machen darf, aber hat für mich einfach den Vorteil, dass ich nebenbei arbeiten kann und studieren gleichzeitig, denn so ein normaler Arbeitstag bei Siemens und ein normaler sozusagen Studiumstag in einer Uni haben ja auch unterschiedliche Stundenzahlen. Also ich denke, der Arbeitstag ist normalerweise kürzer als der Studiumstag.

    Pfister: Haben Sie überhaupt noch Freizeit?

    Jung: Momentan am Wochenende.

    Pfister: Aber dadurch, dass Sie weiterstudieren, war es für Sie wahrscheinlich kein besonders harter Bruch zwischen Studium und Arbeit?

    Jung: Nein, der Übergang war hier recht fließend, vor allen Dingen, weil ich meine Bachelor-Arbeit halt auch schon hier auch in der gleichen Abteilung gemacht habe. Daher kannte ich halt das Team schon, ich kannte die Aufgaben, ich kannte das Projekt schon, und ich war halt auch während der Bachelor-Arbeitsphase sehr oft hier. Und ja, also der Übergang war halt wirklich sehr fließend.

    Pfister: Wie geht es denn idealerweise weiter bei Ihnen?

    Jung: Ja, ich hoffe jetzt dann, dass ich halt in acht Semestern beziehungsweise vier Jahren meinen Master dann abgeschlossen habe, und hoffe dann, dass ich dann auch hier im C-LAB weiterarbeiten kann.

    Pfister: Helge Jung, Informatiker, arbeitet zwei Wochen in einer gemeinsamen Forschungseinrichtung von Siemens und der Uni Paderborn. Frisch im Studium, neu im Job. Morgen setzen wir unsere Serie fort.

    Frisch im Studium - neu im Job: Wie sich Erstsemester an der Hochschule und Bachelor im Berufsstart schlagen *