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Flosbach: Regulierung der Märkte hängt nicht allein von Finanztransaktionssteuer ab

Klaus-Peter Flosbach (CDU) schließt in der Diskussion um eine EU-weite Finanztransaktionssteuer nicht aus, dass man sich dem englischen Modell einer Börsenumsatzsteuer annähern werde. Man müsse sich aber auch anderen Regulierungsvorhaben widmen - beispielsweise dem Hochgeschwindigkeitshandel.

Das Gespräch mit Klaus-Peter Flosbach führte Gerd Breker | 14.03.2012
    Friedbert Meurer: Die Verursacher der Finanzkrise, sie sollen auch dafür zahlen. Diesen Vorsatz versuchen die EU-Finanzminister umzusetzen in Form der sogenannten Finanztransaktionssteuer. Die Idee dahinter lautet ja, die Anleger, die hoch spekulativ im Minuten-, wenn nicht im Sekundentakt kaufen und verkaufen, sie sollen für jede Transaktion einen winzigen Bruchteil an Steuern bezahlen. Aber es gibt Vorbehalte, innerhalb der EU liegt das Ganze seit gestern auf Eis. Gerd Breker hat gestern Abend Klaus-Peter Flosbach gefragt, den finanzpolitischen Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, ob man nicht von Anfang an gewusst habe, dass das Vorhaben vorerst scheitern würde, denn man habe doch die Haltung der Briten gekannt.

    Klaus-Peter Flosbach: Wir wussten lange schon, dass es sehr schwierig sein würde, die Engländer ins Boot zu holen. Frau Merkel und Herr Schäuble haben ja das Thema nach vorn getrieben und nicht nur auf der Regierungsebene, sondern auf Parlamentarierebene wurden ja Gespräche geführt, und wir haben in allen Gesprächen mit den Engländern erfahren, dass die Engländer nicht bereit sind, die Vorteile ihres großen Finanzstandorts, der ja fast dreimal so groß ist wie der deutsche, aufzugeben.

    Gerd Breker: Nikolas Sarkozy hat die Finanztransaktionssteuer im Alleingang für Frankreich eingeführt. Warum macht Deutschland das nicht ebenso?

    Flosbach: Nun, Nikolas Sarkozy hat eher oder will eine Börsenumsatzsteuer einführen. Wir kennen ja eine ähnliche Steuer auch in England, die sogenannte Stempelsteuer, und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass auf der europäischen Ebene wir uns dem englischen Vorschlag nähern werden. Auch Schäuble hat bei jeder Gelegenheit gesagt, auch dies ist ein denkbares Modell. Für uns ist vor allen Dingen wichtig, dass viele europäische Staaten, möglichst alle 27 in der EU mitmachen, und deswegen scheint es zunächst stärker in diese Richtung zu gehen.

    Breker: Ein Gedanke, Herr Flosbach, hinter dieser Finanztransaktionssteuer war ja auch, die Verursacher der Krise an den Kosten zu beteiligen. Ist das vom Tisch, bleibt dieser Markt weiterhin unreguliert?

    Flosbach: Zunächst einmal hat es immer zwei Gründe gegeben: einmal, die Verursacher an der bisherigen Krise, aber auch für die Zukunft, die Finanzmärkte über Steuern heranzuziehen. Das Zweite war natürlich immer, die Finanzmärkte zu entschleunigen – durch eine Gebühr, durch eine Steuer -, damit also gewisse riskante Geschäfte unattraktiver gemacht werden. An diesem Prinzip halten wir auch in der Union weiterhin fest.
    Auf der anderen Seite werden wir uns natürlich auch den anderen Regulierungsvorhaben widmen, wie zum Beispiel auch dem Hochgeschwindigkeitshandel. Dieser kann natürlich auch durch andere Regulierungsmaßnahmen, nicht nur durch eine Steuer verlangsamt werden, durch Unterbrechung oder andere Hemmnisse. Wir sind also nicht nur allein auf die Finanztransaktionssteuer angewiesen, zudem zu beachten ist, dass wir ohnehin maximal zwei Milliarden in den Haushalt eingestellt hatten. Das heißt also, nicht das Heil auf Erden hängt von der reinen Finanztransaktionssteuer ab.

    Breker: Allerdings, Herr Flosbach, eins kommt zu dem anderen. Wir haben heute gehört, dass die Bundesbank auch deutlich weniger Geld an den Bundeshaushalt abführt. Zwei Milliarden sind eingestellt für die Finanztransaktionssteuer. Es wird doch langsam kritisch für Wolfgang Schäuble.

    Flosbach: Nun, der Haushalt besteht nicht nur aus zwei Positionen, sondern bedenken Sie alleine, dass wir in diesem Jahr voraussichtlich zehn Milliarden Zinsen sparen werden, da die Deutschen bei ihren Anlagen ja maximal noch bei Kurzläufern ein halbes Prozent Zinsen zahlen müssen und bei Langläufern 1,8 Prozent Zinsen. Wir müssen schon das Gesamte sehen, und unsere Planungen gehen doch deutlich davon aus, dass wir die Schuldenbremse, die ja geplant ist bis zum Jahre 2016, schon vorher, wahrscheinlich im Jahre 2014, einhalten werden.

    Breker: Sie haben die Schuldenbremse angesprochen, Herr Flosbach, damit auch den Fiskalpakt, auf den man sich geeinigt hat. Nun hat die SPD-Opposition, deren Stimmen Sie ja im Bundestag brauchen, gesagt, sie würde ihre Zustimmung von der Einführung einer Finanztransaktionssteuer abhängig machen. Das heißt, da ist noch ordentlich Gesprächsbedarf?

    Flosbach: Es wird sicherlich über das eine oder andere noch heftig diskutiert werden, aber die Finanztransaktionssteuer hängt ja eben nicht alleine von Deutschland ab. Das wird auch die SPD einsehen müssen und ich halte deren mögliche Blockadespiele einfach für unverantwortlich. Auch ist die europäische Politik der SPD damit nicht zu vereinbaren. Ich gehe davon aus, dass die SPD in dieser Richtung vernünftiger sein wird.

    Breker: Nun haben wir von Wolfgang Schäuble gehört, dass die Kompromisssuche schon begonnen habe. Im Gespräch ist eine Stempelsteuer nach britischem Vorbild. Ist das nicht irgendwo auch ein Spiel auf Zeit?

    Flosbach: Natürlich werden wir verhandeln müssen, aber sehen Sie mal, in anderen Bereichen ist Deutschland auch vorangeschritten – in der Schuldenbremse, im Restrukturierungsgesetz, im Zerschlagen von Banken, bei den Leerverkäufen. Wir müssen da noch hart dran arbeiten, um auch die anderen zu überzeugen. Persönlich setze ich sehr stark auf die 17 Euro-Länder. Immerhin sind es neun Länder, es sind vor allen Dingen die großen, die fast 90 Prozent vom BIP ausmachen, vom Bruttoinlandsprodukt, die dahinter stehen. Es sind die kleinen Länder, die bisher nicht mitmachen, aber ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen hier noch nicht abgeschlossen sind.

    Meurer: Gerd Breker sprach mit Klaus-Peter Flosbach, dem finanzpolitischen Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, über das vorläufige Scheitern der Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.