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Flüchtlingspolitik
Sondertreffen soll Streit in der EU entschärfen

Als "skandalös" verurteilt Frankreich Ungarn, das seinen Zaun zu Serbien für fertiggestellt erklärt. Italien plädiert für die Einführung eines europäischen Asylrechts. Das eigene verschärfen wollen die Niederlande. Die EU streitet weiter über ihre Flüchtlingspolitik - und plant den nächsten Gipfel.

30.08.2015
    Zwei Männer steigen unter einem Stacheldrahtzaun hindurch
    Ungarn hat den umstrittenen Zaun an der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien vorzeitig fertiggestellt (picture alliance/dpa/Sandor Ujvari)
    Mit einem Treffen der EU-Justiz- und Innenminister sollen die unterschiedlichen Vorstellungen entschärft werden. "Die aktuelle Situation erfordert unverzügliches Handeln und Solidarität innerhalb Europas", unterstrich Bundesinnenminister Thomas de Maizière in einer gemeinsamen Erklärung mit seinen Kollegen Bernard Cazeneuve (Frankreich) und Theresa May (Großbritannien).
    Das Treffen wurde auf Antrag Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens für den 14. September angesetzt, wie die Ratspräsidentschaft mitteilte. Nach den Tragödien im Mittelmeer und in Österreich hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bereits einen Flüchtlingsgipfel für den 30. September nach New York einberufen.
    Rom will das Dublin-Abkommen ändern
    Ungarn stellte derweil den umstrittenen Zaun an der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien vorzeitig fertig. Frankreich kritisierte den Bau; Ungarn respektiere die gemeinsamen europäischen Werte nicht, sagte Außenminister Laurent Fabius. In den Niederlanden zeichnet sich einem Entwurf der Mitte-Rechts-Koalition zufolge eine Verschärfung des Asylrechts ab: Abgelehnte Bewerber sollen demnach nur noch wenige Wochen Verpflegung und Unterkunft erhalten.
    Italien forderte ein gemeinsames europäisches Asylrecht. Das Dublin-Abkommen müsse endlich geändert werden und es müsse eine europäische Flüchtlingspolitik mit einem europäischen Asylrecht geben, sagte Ministerpräsident Matteo Renzi.
    Die EU-Kommission will eine freiwillige Aufteilung der Flüchtlinge unter allen EU-Mitgliedstaaten erreichen, um die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland zu entlasten. Gegen den Plan gibt es aber Widerstand in mehreren osteuropäischen Ländern. Und die ursprüngliche Idee Brüssels, die Flüchtlinge über eine verbindliche Quote zu verteilen, hatte auch Frankreich abgelehnt.
    17-Jähriger Flüchtling erschossen
    In Griechenland kamen erneut Tausende Flüchtlinge auf Booten an, die von der türkischen Küste in See gestochen waren. Im Kreuzfeuer einer Schießerei zwischen einem Patrouillenboot der EU-Grenzschutzagentur Frontex und Schleppern in der Ägäis starb ein 17-jähriger Migrant, berichtet Thomas Bormann im Deutschlandfunk.
    Im Zusammenhang mit der Flüchtlingstragödie in Österreich nahm die ungarische Polizei einen weiteren tatverdächtigen Schlepper fest. Vier Männer sitzen bereits in Untersuchungshaft. Am Donnerstag waren 71 tote Flüchtlinge in einem Kühl-Lastwagen gefunden worden. Papst Franziskus sprach von einem "Verbrechen an der gesamten Menschheit".
    Nach dem Tod von bis zu 200 Flüchtlingen bei Schiffsuntergängen vor der Küste Libyens nahmen Sicherheitskräfte des Landes nun drei mutmaßliche Schleuser fest. Vor der Küste von Suwara waren in dieser Woche zwei Boote mit rund 500 Flüchtlingen an Bord gekentert. Dem UNHCR zufolge sind in diesem Jahr bereits mehr als 300.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflohen; immer wieder kommt es dabei zu Unglücken mit zahlreichen Toten.
    (bor/jama)