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Flüchtlinge auf Lesbos
Einwohner erwarten wieder mehr Menschen

In den letzten Monaten sind auf Lesbos Tausende Plätze für Flüchtlinge entstanden, wo sie wenigstens vorübergehend bleiben können. Das reicht für die aktuellen Flüchtlingszahlen. Doch bald schon, wenn das Wetter wieder besser wird, werden die Zahlen steigen. Freiwillige versuchen sich auf diese Situation vorzubereiten.

Von Wolfgang Landmesser | 01.02.2016
    Flüchtlinge bei ihrer Ankunft an der Küste von Lesbos (5. Oktober 2015)
    Flüchtlinge bei ihrer Ankunft an der Küste von Lesbos (5. Oktober 2015) (dpa / picture-alliance / Zoltan Balogh)
    Ein Flüchtlingsboot kommt am Strand von Skala Sikamias an. Es gibt dramatischere Landungen: Alle rund 50 Menschen im völlig überfüllten Schlauchboot sind wohlbehalten – und einigermaßen trocken.
    Direkt am Strand hat die Hilfsorganisation Lighthouse Relief ein Übergangscamp eingerichtet. Mit Umkleidezelten für Männer und Frauen einem Kleiderlager, einer Suppenküche. Und sogar an einen Gebetsraum haben die freiwilligen Helfer gedacht, sagt Alison, deren Initiative "Dirty Girls" das Lager mit frischen Kleidern zum Wechseln versorgt.
    "Hier ist der medizinische Bereich und das ist das Aufwärmzelt, es gibt darin ein Feuer, und sie können sich wirklich aufwärmen."
    Die etwa zehn Kilometer lange Küste zwischen Skala Sikamias und Molyvos haben die Hilfsorganisationen in Sektoren eingeteilt. Ihr Ziel ist es, in jedem Abschnitt Plätze für die Erstaufnahme von Flüchtlingen zu haben, wo sie sich umziehen und ein wenig zur Ruhe kommen können.
    Junge Flüchtlinge wärmen sich an einem Lagerfeuer auf der Insel Lesbos
    Junge Flüchtlinge wärmen sich an einem Lagerfeuer auf der Insel Lesbos (dpa / picture alliance / Socrates Baltagiannis)
    Das ehemalige Hotel Elpis liegt oberhalb eines Strandes, wo immer wieder Boote ankommen. Sieben Jahre stand es leer, jetzt richten es Freiwillige wieder her – für Flüchtlinge. Die Idee hatte Cookie, wie sie alle nur nennen.
    "Das hier ist eine Transitzone. Es geht vor allem darum, Leute warm und trocken zu kriegen, ihnen Essen zu geben, die Möglichkeit zu duschen. Sie mit Liebe zu empfangen und auf ihren Weg zu schicken."
    Es gibt eine große Lounge mit einer Bar und einem Kamin, der schon brennt. Aber sonst muss fast alles neu gemacht werden – elektrische Leitungen, Sanitäranlagen, Solarheizung. Die ehemaligen Appartements entlang einer Steintreppe werden jetzt ganz neu genutzt.
    "Das ist das Arztzimmer, es wird komplett eingerichtet. Freiwillige Ärzte unterstützen uns. Hier wird rund um die Uhr ein Doktor sein, für alle Notfälle."
    Dann kommen die Umkleideräume für Frauen und Männer, auch Ruheräume für Familien sind geplant. Ein paar Stunden sollen die Menschen im ehemaligen Hotel Aufnahme finden, bevor es weiter geht zum Hotspot, wo sie registriert werden. Es gehe vor allem um das Willkommenheißen, sagt Cookie, die ihren Job im englischen Brighton für ihr Flüchtlingsprojekt ruhen lässt.
    Im Frühling werden die Flüchtlingszahlen wieder steigen
    "Unser Ziel ist es, den Leuten wieder Privatsphäre und Unabhängigkeit zu bieten. Es gibt Räume, wo Familien ihre Kleider wechseln und Zeit zusammen verbringen können. Sich einfach ein wenig erholen. Sie hatten eine lange Reise, nicht nur Überfahrt mit dem Boot."
    Cookie und ihre Freunde renovieren unter Hochdruck, von morgens bis abends. Wenn in ein paar Wochen die Flüchtlingszahlen wieder zunehmen, wollen sie bereit sein. Schon jetzt, im Winter, kommen jeden Tag über tausend Menschen neu an.
    Eine Nacht und zur Not auch länger können die Flüchtlinge im Camp von Kara Tepe bleiben – ein klassisches Flüchtlingslager, betrieben von der Inselverwaltung. Es liegt auf einem Hügel über dem Meer, nur wenige Kilometer von der Inselhauptstadt entfernt. Die weißen Plastikhäuser stehen in langen Reihen; es gibt Platz für 1.600 Menschen, wenn der Andrang groß ist, können in zusätzlich aufgebauten Zelten noch einmal 500 Leute unterkommen.
    Die Infrastruktur für Flüchtlinge habe sich auf Lesbos inzwischen deutlich verbessert, sagt Boris Cheshirkov – mit insgesamt rund 3.000 Plätzen. Das reiche für die aktuelle Situation, so der Sprecher des UNHCR, aber kaum für das, was noch kommt.
    "Das geht in die richtige Richtung. Aber wir müssen sehen, dass wir in der Nebensaison sind. Wenn das Wetter besser wird, werden die Zahlen wahrscheinlich wieder zunehmen und dann wird auch die Aufnahmekapazität steigen müssen."