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Flüchtlinge
Berlin reagiert gelassen auf Bayerns Drohung

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer droht der Bundesregierung mit einer Verfassungsklage, sollte sie den Zuzug von Flüchtlingen nicht drastisch begrenzen. Selbst kann Bayern allerdings wenig ausrichten - dementsprechend gelassen reagieren Minister der Bundesregierung.

09.10.2015
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in der Münchner Staatskanzlei
    Der bayerische Ministerpräsident Seehofer und Innenminister Herrmann drohen damit, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen (dpa / picture alliance / Andreas Gebert)
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach in Erfurt von einer "bayerischen Art und Weise, Dinge vorzutragen" und zeigte sich ansonsten gelassen: "Jeder kann das Bundesverfassungsgericht anrufen." Inhaltlich widersprach er der bayerischen CSU-Regierung: Das Problem lasse sich nicht an der deutschen Grenze nachhaltig und wirksam lösen, sondern nur an den Außengrenzen Europas. Auch Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier glaubt nicht, dass es zu einer Klage kommt. "Wir sind in der Bundesregierung davon überzeugt, dass wir auf dem Boden des Grundgesetzes stehen", sagte er im Interview mit den Tagesthemen. "Und gerade das Grundgesetz verpflichtet uns ja dazu, den Menschen zu helfen, die in Not sind."
    Nach der Sondersitzung des Kabinetts in München hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Bund dazu aufgerufen, als Notmaßnahme Flüchtlinge direkt an der deutschen Grenze zurückweisen zu könnnen. Falls die Bundesregierung darauf nicht eingehe, behalte sich Bayern eigene anlassbezogene Maßnahmen vor. Worum es dabei geht, wollte Ministerpräsident Seehofer "aus strategischen Gründen" nicht sagen.
    Selbst darf Bayern die Flüchtlinge an der Grenze nicht zurückweisen. Die Sicherung der Grenzen ist Sache der Bundespolizei und unterliegt damit dem Bundesinnenministerium. Und auch die könne Flüchtlinge nicht einfach abweisen, sagte Altmaier: "Das Grundgesetz schreibt nun einmal vor: Wenn jemand Asyl beantragt, muss man dies prüfen", sagte er. "In vielen Fällen werden die Anträge auch abgelehnt, aber das dauert einige Wochen." Nach dem Dublin-Abkommen dürfen die Flüchtlinge auch nicht nach Österreich abgeschoben werden, sondern müssen in das Land zurückgeschickt werden, in dem sie zuerst EU-Boden betreten haben. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte Seehofers Forderung deshalb schon im Vorfeld als "Angriff auf den Rechtstaat" kritisiert.
    Bayern beschließt Integrationsgesetz
    Die bayerische Landesregierung forderte die Bundesregierung auf, bis November dafür zu sorgen, dass in Griechenland und Italien Zentren zur Registrierung von Flüchtlingen eingerichtet werden. Die sogenannten "Hotspots" waren von der EU beschlossen worden. Außerdem forderte er, den Nachzug von Familienangehörigen zu beschränken.
    Für Bayern kündigte Ministerpräsident Seehofer an, wegen der Flüchtlingskrise mehr als 3.700 zusätzliche Stellen für Polizei, Justiz und Verwaltung sowie im Schulbereich zu schaffen. Allein im nächsten Jahr sollen dafür knapp 490 Millionen Euro zusätzlich ausgegeben werden. In einem Integrationsgesetz, das das Kabinett auf den Weg gebracht hat, wird festgeschrieben, dass Flüchtlinge Deutsch lernen sollen - als Kernbestandteil der Integration.
    (at/mb/wes)