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Flüchtlinge in Mazedonien
72 Stunden im Chaos

Im Südosten Mazedoniens kommen derzeit jeden Tag hunderte Flüchtlinge an, die von dort weiter nach Westeuropa wollen. Bei 40 Grad warten sie auf ihre Papiere - auf die sie schnellstens angewiesen sind, denn nach 72 Stunden müssen sie das Land wieder verlassen haben.

Von Stephan Ozsvath | 17.08.2015
    Zu sehen ist eine Flüchtlingsfamilie in Mazedonien, einige der Kinder schlafen.
    Flüchtlinge harren in Mazedonien aus, wo sie auf einen Zug nach Serbien warten. (picture-alliance / dpa / Georgi Licovski)
    Gevgelija im Südosten Mazedoniens - Griechenland ist nur wenige Kilometer entfernt. In der mazedonischen Grenzstadt ist ein babylonisches Sprachgewirr zu hören. Arabisch, Kurdisch, Urdu, Pashtu wird hier gesprochen - von Alten, Jungen, Kindern.
    Es ist brütend heiß, mit über 40 Grad brennt die Sonne auf die Köpfe der Flüchtlinge, die über Griechenland gekommen sind. Auch auf den von Elias Mahmoud. Der 17-Jährige kommt aus Syrien, erzählt er.
    "Wir sind aus Zentralsyrien, aus Hamma", sagt der junge Mann. "Über das Meer kamen wir von der Türkei nach Griechenland. Seit vier Uhr morgens sind wir hier. Und es ist sehr heiß."
    Das Rote Kreuz ist vor Ort
    Eine Gruppe von 600 Flüchtlingen wartet auf ihre Papiere: Mit den Papieren läuft auch die Uhr. Nur 72 Stunden dürfen sie sich in Mazedonien aufhalten. Die Einheimischen von Gevgelija haben sich an das Bild der Flüchtlinge mittlerweile gewöhnt: Täglich kommen Hunderte, erzählt dieser Mann:
    "Manche Bewohner der 23.000-Einwohnerstadt versuchen das Beste aus dem Flüchtlingsansturm zu machen: Syrer wollen telefonieren. Afghanen ins Internet. Und alle brauchen Wasser."
    "Wir bieten ihnen an, für ein paar Euro das Handy aufzuladen. Im Internet Gespräche zu machen. Aber auch kalte Getränke. Es ist normal, dass wir daran etwas verdienen. Wir sitzen ja auch den ganzen Tag hier herum."
    Auf kleinen Tischen reiht sich Mehrfach-Stecker an Mehrfachstecker, an denen die Handys der Flüchtlinge neuen Saft bekommen. Ihre Nabelschnur in die Heimat - zu anderen Flüchtlingen - und wohl auch zu Schleppern. Auch das Rote Kreuz ist vor Ort. Magdalena Jakimovska leistet Erste Hilfe:
    "Wir untersuchen sie, versorgen Verletzungen. Geben ihnen Tabletten gegen Fieber oder Kopfschmerzen - und bei ernsteren Verletzungen fahren wir sie zum Krankenhaus von Gevgelija. Dort wurde eigens eine Abteilung für die Migranten eingerichtet."
    "Ich will nach Deutschland - aber ich kenne den Weg nicht"
    Gevgelija ist für die Migranten nur Durchgangsstation. 72 Stunden lang dürfen sie Busse und Züge kostenlos benutzen. Dann müssen sie das Balkan-Land verlassen haben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Sie wollen ohnehin weiter, erzählt Elias Mahmoud:
    "Wir gehen nach Serbien, einige wollen nach Schweden, Deutschland, Norwegen, ich will nach Deutschland. Aber ich kenne den Weg nicht. Ich gehe einfach."