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Flüchtlinge
Landräte fordern Besuch der Kanzlerin

Am Samstag sind wieder rund 2.700 Menschen in Bayern angekommen, auch für heute werden weitere Flüchtlinge erwartet. Die Landräte im Freistaat wenden sich darum nun direkt an die Bundeskanzlerin: Sie müsse sich an Ort und Stelle, in der Grenzregion, ein Bild von der Lage machen.

20.09.2015
    Flüchtlinge am Hauptbahnhof in Passau
    Flüchtlinge am Hauptbahnhof in Passau (Picture Alliance / dpa / Armin Weigel)
    Der Präsident des Bayerischen Landkreistages, Christian Bernreiter, erklärte unumwunden: "Wir müssen ihr zeigen, wie dramatisch die Situation vor Ort ist." Die Kanzlerin signalisiere, dass es keine Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen gebe. Bayern, so der CSU-Politiker, setze die Folgen dieser Haltung Tag für Tag um, "und ist dabei längst über dem Limit". Anders formuliert: Der Freistaat, so Bernreiter, brauche Unterstützung und ein klares Konzept. Unterstützung kam von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow: Er sagte der "Thüringer Allgemeinen", die kommunalen Spitzenverbände müssten als "Vertreter aus dem Maschinenraum" am nächsten Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern teilnehmen.
    Helfer vom Technischen Hilfswerk (THW) und Bundeswehrsoldaten bauen auf dem Gelände der Gäubodenkaserne in Feldkirchen nahe Straubing (Bayern) Zelte auf.
    Helfer vom Technischen Hilfswerk (THW) und Bundeswehrsoldaten bauen auf dem Gelände der Gäubodenkaserne in Feldkirchen nahe Straubing (Bayern) Zelte auf. (picture-alliance / dpa / Armin Weigel)
    Ifo-Institut: Mindestlohn senken
    Ebenfalls weiter diskutiert wird in Deutschland über die Frage, wie gut die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Das Münchner ifo-Institut teilte mit, die meisten Flüchtlinge seien nicht gut genug qualifiziert. Die Zuwanderer müssten aber so schnell wie möglich bezahlte Jobs annehmen, damit die Krise die Steuerzahler nicht dauerhaft überlaste. Es stehe zu befürchten, dass viele bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro keine Stelle fänden. Das Institut plädiert darum dafür, den Mindestlohn abzusenken.
    Bundesarbeitsministerin Nahles geht davon aus, dass die hohe Zahl der Flüchtlinge auch die Arbeitslosenquote nach oben treiben wird - zumindest vorübergehend. Die SPD-Politikerin sagte im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks aber auch, die Flüchtlinge von heute könnten die Fachkräfte von morgen sein - wenn man sie denn optimal integriere. Das Hauptproblem dabei sei die Sprache: Sie sei das größte Hindernis bei der Vermittlung an Arbeitgeber. Hinzu komme die Vorrangprüfung - sie besagt, dass jeder Arbeitgeber nachweisen muss, dass er keinen gleichwertig geeigneten deutschen oder EU-Bewerber für die Stelle finden kann. Erst dann darf er einen Flüchtling einstellen. Nahles stellte klar: Diese Regelung müsste man aussetzen, wenigstens für eine begrenzte Zeit.
    Andrea Nahles (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, im Plenarsaal des Bundestages.
    Arbeitsministerin Nahles will die Vorrangprüfung aussetzen (picture-alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, sagte unserem Programm, es würden beispielsweise in der Gastronomie händeringend Leute gesucht. Da könne man die Vorrangprüfung getrost ausfallen lassen. Die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg plädierte für eine vollständige Abschaffung der Regelung, die nach ihren Worten eine unnötige Diskriminierung für Flüchtlinge darstellt.
    7.000 Menschen sitzen fest
    In Österreich, Ungarn und Kroatien bleibt die Lage unübersichtlich. Am Sonntagmittag saßen nach Korrespondentenberichten rund 7.000 Flüchtlinge am ungarisch-österreichischen Grenzübergang Nickelsdorf fest. Der Grund: Die Einsatzkräfte haben Schwierigkeiten, die Menschen mit Bussen und Zügen weiterzutransportieren.
    Viele der Gestrandeten waren vor kurzem noch in Kroatien, dessen Regierung sich mit der Lage überfordert sieht und darum tausende Flüchtlinge nach Ungarn bringt. In Ungarn werden sie dann weiter zur österreichischen Grenze gebracht. Eine Absprache zwischen Kroatien und Ungarn gab es nicht, das räumte der kroatische Regierungschef Milanovic auch offen ein.
    (jcs/jan)