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Flüchtlingsdebatte
CSU dementiert Unterschriftenliste gegen Merkels Kurs

Für ihre Entscheidung zur Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge hat Bundeskanzlerin Angela Merkel von einigen Unionspolitikern herbe Kritik einstecken müssen. Nun hat auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD die Kanzlerin zu einer Umkehr aufgerufen. Für Aufregung sorgen auch Gerüchte über eine angebliche Unterschriftenliste.

15.01.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt an der 148. Sitzung des Deutschen Bundestages teil.
    Auch aus der SPD gibt es Kritik am Kurs der Kanzlerin. (picture alliance / dpa /J örg Carstensen)
    Merkel werde sich im Laufe des Jahres korrigieren müssen, sagte Weil der Zeitung "Die Welt": "Entweder gelingt es, international die Zugangszahl zu drosseln. Oder wir müssen Dinge tun, die niemand will und die Europa schaden werden." Sollten die EU-Außengrenzen nicht gesichert werden, würden die Binnengrenzen in Europa ein Comeback erleben, meinte Weil. Er stellte sich zwar hinter die Entscheidung der Kanzlerin vom September, die Grenze zu öffnen. Diese habe aber fatalerweise zu einer Sonderrolle Deutschlands und einem Zurücklehnen anderer EU-Staaten geführt. Diesen Mechanismus müsse die Bundesregierung beenden.
    Weil forderte auch neue Maßnahmen der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingskrise. So müssten viele neue Wohnungen gebaut werden, "damit es nicht zu einem Verdrängungswettkampf mit den Ärmeren in der Gesellschaft kommt". Das hätten die Unionsmitglieder der Bundesregierung bislang nicht verstanden.
    Mayer dementiert Unterschriftensammlung
    Zuvor hatte es Berichte über eine interne Unterschriftensammlung von CDU und CSU gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, dementierte das. Eine solche Aktion gebe es nicht, sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Es sei auch falsch, mit einem Antrag in der Bundestagsfraktion klären zu wollen, ob Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen seien. So eine Entscheidung müsse die Exekutive treffen.
    Medien hatten berichtet, Unionsabgeordnete wollten Angela Merkel mit einer Unterschriftensammlung zur Abweisung von Flüchtlingen an den Grenzen bewegen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollen mehrere Unionspolitiker jetzt einen Brief an Merkel schreiben, der nicht veröffentlicht werden soll. Auf die Unterschriftenaktion werde verzichtet, hieß es.
    De Maizière wirbt für europäische Lösung
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach sich auf einer Wirtschaftsveranstaltung der "Welt" erneut für eine europäische Lösung aus, um die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren. Der Schutz der europäischen Außengrenzen habe zeitlich und inhaltlich Vorrang vor nationalen Lösungen, sagte der CDU-Politiker. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangte eine solidarische Umverteilung der Flüchtlinge auf die europäischen Länder und warnte vor Kleinstaaterei. Die EU sei dabei, weltweit an Reputation zu verlieren.
    Die Zahl der Flüchtlinge ist weiter hoch. Seit Jahresbeginn wurden von den deutschen Behörden mehr als 51.000 Asylbewerber registriert. Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Im vergangenen Jahr waren 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Die Zahl der gestellten Asylanträge lag allerdings bei unter 500.000. Dies liegt daran, dass es vom Grenzübertritt bis zur Antragstellung oft lange dauert.
    Flüchtlinge warten am 9.12.2015 vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Lageso in Berlin in einem Wartezelt. In dem Amt in Berlin Moabit können sich Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland registrieren lassen oder weitere Leistungen zur Unterstützung beantragen.
    Im vergangenen Jahr zählte Deutschland 1,1 Millionen Flüchtlinge. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Wie die "Frankfurter Rundschau" ebenfalls unter Berufung auf Zahlen des BAMF berichtet, stieg zuletzt die Zahl der Asylbewerber aus Algerien und Marokko stark an. Allein im Dezember kamen demnach mehr als 5.000 Menschen aus den beiden Ländern nach Deutschland. Im August waren es noch weniger als 1.500. Aus CDU und CSU wurden zuletzt Forderungen laut, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.
    (adi/hba/fwa)