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Flüchtlingsgipfel auf Malta
Aktionsplan in Zusammenarbeit mit Afrika

Die afrikanischen Länder sollen nach Wunsch der EU die ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen so verändern, dass die Fluchtursachen entfallen. Ein Aktionsplan soll dabei helfen. Und deshalb sitzen auch gemeinhin als diktatorisch und menschenverachtende geltende Regierungen mit am Tisch - und natürlich geht es auch um viel Geld.

Von Annette Riedel | 12.11.2015
    Flüchlinge vertreiben sich am 30.04.2015 auf dem Gelände eines offenen Flüchtlingszentrums in Marsa (Malta) die Zeit.
    Flüchtlinge vertreiben sich auf Malta die Zeit: Auf dem Europäisch-Afrikanischen Gipfel wird über die Lage diskutiert. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Das Ziel, dass die EU durch engere Kooperation mit den Ländern Afrikas verfolgt, ist ganz klar: Weniger Menschen sollen sich auf den Weg nach Europa machen. Und diejenigen, denen kein Recht auf Asyl in Europa zuerkannt werden kann, sollen von den Herkunftsländern zurückgenommen werden. Es ist die Flüchtlingskrise, die die Europäer zum Handeln treibt.
    "Wir sind nicht erpressbar, aber wir sind auf Hilfe von anderen angewiesen. Wie andere auch auf unsere Hilfe angewiesen sind."
    Sagte EU-Kommissionspräsident Juncker. Es gilt, den vielfältigen Ursachen, die zu Flüchtlingsbewegungen und illegaler Migration führen, etwas entgegen zu setzen, partnerschaftlich, betonte Bundeskanzlerin Merkel in La Valetta.
    "Dies ist hier ein wichtiger Schritt auf diesem Weg, ein kameradschaftliches Verhältnis zu Afrika zu entwickeln. Aber gleichzeitig auch eines, in dem neben Hilfe auch klare Forderungen formuliert werden und Erwartungen."
    Erwartet wird von den afrikanischen Ländern, dass sie – mit Unterstützung – die ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen so verändern, dass ihre Bürger nicht reihenweise ihre jeweilige Heimat verlassen. Und deshalb sitzen in La Valetta auch schwierige Regierungen mit am Tisch, die gemeinhin als diktatorisch und menschenverachtend gelten können. Das Thema Wiederaufnahme abgeschobener Asylbewerber ist ein schwieriges, denn die Geldüberweisungen aus Europa selbst von Kleinstbeträgen in die Heimat summieren sich auf mehr als die europäische Entwicklungshilfe.
    "La réadmission est aussi difficile. Nous pourrons pas engager ce débat de façon de point de vue de l'Europe."
    Nicht nur europäische Perspektive betrachten
    Und deshalb dürfe man das Thema nicht nur aus der europäischen Perspektive betrachten, forderte der senegalesische Präsident Sall. Auch wenn in einem Aktionsplan, der am Ende des EU-Afrika-Gipfels verabschiedet wird, der Verbesserung des Migrationsmanagement, der Grenzkontrolle, der polizeilichen Zusammenarbeit im Kampf gegen Schlepper und illegale Migration breiter Raum eingeräumt wird – es geht darin auch um besseren Schutz für Flüchtlinge. Um bessere Chancen für junge Menschen, um wirtschaftliche Entwicklung. Das nicht nur, aber auch, damit sie eben nicht ihr Heil in der Flucht suchen, so der österreichische Bundeskanzler Faymann.
    "Wir müssen Fluchtursachen beseitigen, in dem wir mithelfen, dass es menschenwürdige Lebensbedingungen gibt. Und auf der anderen Seite braucht man natürlich Rückführungsabkommen."
    Der besagte Aktionsplan setzt zum Teil sehr konkrete Ziele, von denen manche schon bis Ende kommenden Jahres umgesetzt sein sollen.
    "Dieser Aktionsplan wird die Entwicklungshilfe verstärken. Aber auch die afrikanischen Regierungschefs darauf verpflichten, mit ihren Bürgerinnen und Bürgern so umzugehen, dass die Jugend des Kontinents eine Chance hat und dass Armut und Intransparenz bekämpft werden."
    Entwicklungszusammenarbeit, die nach dem Motto mehr für mehr an die Kooperationsbereitschaft der betreffenden Länder geknüpft werden soll, so das erklärte Interesse der EU. Dafür hat sie sich einige Kritik eingefangen.
    Kritik am geplanten EU-Afrika-Fonds
    Kritik kam auch von manch einem Regierenden afrikanischer Länder an dem EU-Afrika-Fonds, der im Rahmen des Gipfels offiziell aus der Taufe gehoben werden soll. Daraus eine bessere gesundheitliche Versorgung in jenen 23 Ländern, die am meisten von Flüchtlingsbewegungen betroffen sind, zu finanzieren, und Bildungschancen für Flüchtlinge, gegebenenfalls Reintegration von Rückkehrern – dagegen hat niemand etwas. Aber die Mittel, sagen einige afrikanische Regierungen, sind mit 1,8 Milliarden Euro aus EU-Budget zu gering. Für die geplante Verdoppelung aus den nationalen Haushalten fehlte zuletzt noch von rund der Hälfte der EU-Länder eine Zusage, sich zu beteiligen. EU-Parlamentspräsident Schulz zeigte Verständnis für die kritischen Stimmen.
    "Ich glaube auch, dass wir viel Geld in die Hand nehmen müssen."
    Und damit sieht Schulz das ähnlich wie der ägyptische Außenminister Shoukry.
    "Das Flüchtlingsthema geht uns alle an. Aber diejenigen, die über mehr Mittel verfügen, müssen auch mehr schultern, um die Krise zu lösen."