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Flüchtlingspolitik
Drastische Worte zu heiklem Thema

Ministerpräsident Seehofer bezeichnete es im Bayerischen Landtag als "verdammte Pflicht" der Politik, den Missbrauch des Asylrechts zu verhindern, anstatt Leistungen der heimischen Bevölkerung zu kürzen. Die SPD nennt Seehofers Argumentation "erbärmlich".

22.07.2015
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht am 20.07.2015 in St. Quirin am Tegernsee (Bayern) nach dem Auftakt der bayerischen Kabinettsklausur während einer Pressekonferenz.
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat erneut für den verschärften Umgang mit Flüchtlingen geworben. (dpa/Sven Hoppe)
    Es ist die letzte Sitzung des Bayerischen Landtags vor der Sommerpause. Und diese Gelegenheit nutzt der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, um noch einmal für den verschärften Umgang mit Flüchtlingen zu werben:
    "Nun ist meine feste Überzeugung: Bevor wir in Leistungskürzung gehen für die Bevölkerung, die hier lebt, ist es unsere verdammte Pflicht, diesen nennenswerten, ich sage auch vor diesem Parlament, diesen massenhaften Missbrauch des guten Asylrechts, das im Grundgesetz geschützt ist, einzudämmen und abzustellen."
    Aus Sicht der CSU bedeutet dies: die Schaffung von gesonderten Aufnahmestellen für Asylbewerber aus den westlichen Balkanländern. Und: die Verfahren in der Regel auf zwei Wochen zu begrenzen.
    Im politischen Berlin reagiert man unterschiedlich auf den bayerischen Weg. Das Bundesinnenministerium spricht von einem abgestimmten Vorhaben, das auch Thema beim Flüchtlingsgipfel vor einem knappen Monat gewesen sei.
    Fahimi: Seehofer betreibt erbärmliches Spiel
    Anders sieht es Yasmin Fahimi. Gegenüber dem Sender n-tv sagte die SPD-Generalsekretärin:
    "Na ja, das war Herr Seehofer da betreibt, ist ein ziemlich erbärmliches Spiel. Es geht da ja nicht um praktische Lösungen, sondern er will offenbar das Signal setzen, dass Flüchtlinge in Bayern nicht willkommen sind. Das ist fatal für unser gesellschaftliches Klima."
    Auch die innenpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Ulla Jelpke, betont: Jeder Mensch habe im einzelnen ein Recht darauf, dass sein Schutzgesuch auch geprüft werde:
    "Und da kann nicht einfach über solche Grundrechte hinweggegangen werden, und hier die Flüchtlinge in gute und böse eingeteilt werden. Oder richtige und falsche. Das halte ich für ganz fatal. Es ist ein Einschnitt wirklich in die Grundrechte für Flüchtlinge, das geht überhaupt nicht."
    Städte und Gemeinden hoffen auf Entlastung
    Deutlich mehr Unterstützung erfährt Seehofer dagegen von Seiten der Länder und Kommunen. Städte und Gemeinden könnten so entlastet werden, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds:
    "Ehrlich gesagt habe ich mich etwas gewundert, dass dieses Thema so hochpoppt. Das sind genau die Dinge, die wir auf dem Flüchtlingsgipfel mit den Ländern und der Kanzlerin besprochen haben. Da war völlig unstreitig: Wir müssen mehr für die Verfolgten tun. Aber wir müssen auch ehrlich sein: Wenn 40 Prozent der Personen aus Ländern kommen, wo eine politische Verfolgung nicht stattfindet, dann müssen wir denen auch sagen, ihr habt hier keine Perspektive, ihr werdet zurückmüssen", so Landsberg im WDR-Hörfunk.
    Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann signalisierte am Dienstag abermals Gesprächsbereitschaft dafür, weitere Länder des Balkans als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Allerdings müsse die Bundesregierung dafür die Folgen für die weiteren Flüchtlingszahlen klarmachen, sagte Kretschmann im ZDF:
    "So hat es die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, dass sie uns das darlegen muss, dass es auch einen wirklichen Effekt hat. Da bestehen gewisse Zweifel. Wenn sie darlegt, dass das sinnhaft ist, sind wir selbstverständlich dafür offen."
    Kein großer Effekt der Einstufung als "sichere Herkunftsstaaten"
    In Anbetracht der hohen Zahl an aussichtslosen Asylanträgen hatte die Bundesregierung vergangenes Jahr Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als "sichere Herkunftsstaaten" eingestuft. Das Innenministerium hat jedoch inzwischen eingeräumt, dass die Auswirkungen nur begrenzt sind. Aus Serbien und Bosnien-Herzegowina sei die Zahl etwas zurückgegangen. Die Zahl der Asylanträge aus Mazedonien sei dagegen gestiegen.
    Flüchtlingsorganisationen lehnen eine pauschale Einstufung von einzelnen Ländern als "sicher" ab und sprechen von einer rein politischen Entscheidung.