Samstag, 20. April 2024

Archiv

Flüchtlingspolitik
Österreich und Balkanstaaten wollen kooperieren

Österreich und die Westbalkan-Staaten wollen ihre Zusammenarbeit verstärken, um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren. Sie setzen damit die EU unter Handlungsdruck. Die ungarische Regierung hat angekündigt, die Bevölkerung über die Verteilquoten abstimmen zu lassen.

24.02.2016
    Flüchtlinge versuchen, in Mazedonien einen Zug Richtung Serbien zu nehmen.
    Flüchtlinge versuchen, in Mazedonien einen Zug Richtung Serbien zu nehmen. (dpa-Bildfunk / EPA / Georgi Licovski)
    Auf einer gemeinsamen Konferenz in Wien haben sich Österreich und Westbalkan-Länder unter anderem darauf verständigt, sich durch die Entsendung von Polizisten in besonders betroffenen Grenzgebieten zu unterstützen. Außerdem sollen die Kriterien für die Zurückweisung von Flüchtlingen und ihre Registrierung vereinheitlicht werden. Es sei wichtig, den Strom der Menschen zu stoppen, sagte die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Wien halte angesichts einer ausstehenden EU-Lösung kurzfristige nationale Löstungen für notwendig.
    In der vergangenen Woche hatte Österreich Obergrenzen für Asylanträge an seiner südlichen Außengrenze eingeführt. Dort können nach amtlichen Angaben nur noch 80 Menschen täglich an der Südgrenze einen Asylantrag stellen. Zugleich würden nur 3.200 Menschen durchgelassen, die in einem anderen Land um Schutz bitten wollen. Mikl-Leitner betonte, "Die Masse der Flüchtlinge sind Wirtschaftsflüchtlinge." Ziel sei es, dass alle Länder an der Balkanroute ähnlich restriktiv vorgingen und so einen "Dominoeffekt" in Europa auslösten. "Wir wollen eine Kettenreaktion der Vernunft."
    Mehrere Westbalkan-Staaten beraten auf einer Konferenz in Wien über die Flüchtlingspolitik.
    Mehrere Westbalkan-Staaten beraten auf einer Konferenz in Wien über die Flüchtlingspolitik. (pa/dpa/EPA)
    Griechenland: Nicht-Einladung ist "unfreundlicher Akt"
    Österreichs Außenminister Sebastian Kurz sagte, ein "Durchwinken" der Migranten auf dem schnellstmöglichen Weg nach Mitteleuropa müsse ein Ende haben. Er verteidigte zudem den Ausschluss Griechenlands von der Konferenz. Die Regierung in Athen habe keinerlei Interesse an einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen gezeigt. Vielmehr wolle sie die Asylsuchenden einfach weiter nach Mazedonien durchlassen.
    Der griechische Außenminister Nikos Kotzias kritisierte, dass sein Land - anders als Slowenien, Kroatien, Bulgarien, Albanien, Bosnien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien - nicht eingeladen wurde. "Die Nicht-Einladung unseres Landes wird als unfreundlicher Akt betrachtet, da das den Eindruck aufkommen lässt, dass einige in unserer Abwesenheit Entscheidungen auf den Weg bringen wollen, die uns direkt betreffen", sagte er.
    Auch der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer kritisierte, dass Athen nicht teilnehmen durfte. "Wenn man das von einer europäischen Perspektive sieht, ist es natürlich notwendig, dass alle Beteiligten an einen Tisch kommen", sagte er im Deutschlandfunk. Er mahnte, man solle nicht ein "Schwarzer-Peter-Spiel in Europa beginnen, wo immer gerade dann der nächste den schwarzen Peter bekommt." Es sei zudem falsch, Deutschland nicht einzubinden.
    Orban kündigt Volksabstimmung an
    Ungarns Ministerpräsident Victor Orban teilte unterdessen mit, seine Regierung werde ein Referendum zu den EU-Flüchtlingskontingenten abhalten. Zur Begründung sagte er, die ethnische, kulturelle und religiöse Landkarte Ungarns und Europas werde durch die Quoten neu geschrieben. Seine Regierung sei der Überzeugung, dass es einem Machtmissbrauch gleichkäme, solche Quoten einzuführen, ohne die Bevölkerung zu fragen.
    Die ausformulierte Frage des Referendums soll wörtlich wie folgt lauten: "Wollen Sie, dass die Europäische Union die verbindliche Ansiedlung von nicht-ungarischen Bürgern in Ungarn sogar ohne Zustimmung des Parlaments bestimmt?". Einen Termin für die Volksabstimmung gibt es noch nicht. Ende September hatten sich die EU-Innenminister nach langem Streit auf addondie Verteilung von 120.000 Flüchtlingen geeinigt - allerdings gegen den Widerstand mehrerer Länder, darunter auch Ungarn.
    (hba/fwa)