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Flüchtlingspolitik
Spannungen im Grenzgebiet

Noch immer warten zahlreiche Flüchtlinge an der österreichischen Grenze auf die Reise nach Deutschland. Doch seit den Vorfällen in Köln wächst dies- und jenseits der Grenze die Ablehnung und auch die Gewaltbereitschaft gegen die Migranten.

Von Susanne Lettenbauer | 11.01.2016
    Demonstranten tragen am 09.01.2016 bei Freilassing (Bayern) bei einer Kundgebung ein Transparent mit der Aufschrift "Verteilung ist keine Lösung macht die Grenzen dicht!".
    Das rechtsextreme Bündnis "Wir sind die Grenze" ging in Oberbayern gegen die Asylpolitik auf die Straße. (picture-alliance / dpa/ Tobias Hase)
    Samstag am Grenzübergang Freilassing/Salzburg. Aufgebrachte Demonstranten aus Österreich und Deutschland protestierten lautstark gegen die deutsche Flüchtlingspolitik. Die Botschaft ist klar: Seit den Vorfällen in Köln wächst der Widerstand gegen die zwei- bis dreitausend Migranten, die noch immer täglich über die Balkanroute nach Österreich kommen. Darunter vermehrt Nordafrikaner aus Marokko, Tunesien und Algerien, die billige Flüge in die Türkei nehmen und sich dort in die Flüchtlingsgruppen einreihen, sagt Aki Abdul, Übersetzer für die deutsche Bundespolizei in Freilassing:
    "Zum Beispiel gestern und heute hatten wir nur Nordafrikaner gehabt und Iraner, also keine Afghanen oder Syrer. Nix. Gestern über400 oder 500 Mann aus Marokko und Algerien, die zum Beispiel sagen, dass die deutsche Regierung alle Leute eingeladen hat, die nehmen alle auf. Aber wir erklären ihnen, dass es nicht so ist. Wir nehmen Leute wegen Krieg oder so, aber wegen Arbeit und Wirtschaft können wir nicht jeden aufnehmen, sonst muss Deutschland die ganze Welt aufnehmen hier."
    Vereinzelte Übergriffe in Salzburg
    Immer mehr Frauen melden sich bei der Salzburger Polizei mit Anzeigen wegen sexueller Belästigung. Nicht nur an Silvester, auch davor und danach soll es zu versuchten Vergewaltigungen durch Asylwerber gekommen sein. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, SPÖ:
    "Also wir haben zum Glück keine Kölner Verhältnisse oder so. Wir haben vereinzelt auch Übergriffe auch hier in Salzburg gehabt, die Polizei weiß das und geht dem nach."
    Handydiebstähle, Schlägereien und frauenfeindliche Übergriffe durch Migranten werden vermehrt auf der Webseite der Salzburger Landespolizei gemeldet. Bürgermeister Schaden, gleichzeitig Vizepräsident des österreichischen Städtebundes, der 248 Kommunen vertritt, sieht eine wachsende Ungeduld der Bevölkerung beim Thema Migranten: Es gäbe ...
    "... keine Obergrenzendiskussion, zum Glück. Aber es gibt sehr wohl die Diskussion darüber, dass die Aufnahmesituation der großen Städte begrenzt sein wird, weil die politische Akzeptanz der Bevölkerung ein Ende haben wird. Das ist uns sehr bewusst. Wir gehen alle davon aus, dass die Zahlen im Frühjahr wieder steigen, ob es so bewältigbar sein wird wie 2015 muss ich erweisen.
    Wie bereits in Kärten, wo Ende Dezember 413 Personen wegen Vorspiegelung falscher Staatsbürgerschaft zurück nach Slowenien geschickt wurden, weist auch Deutschland verstärkt Migranten an der Grenze zurück, wenn sie keinen Asylgrund nennen können oder aus sicheren Herkunftsländern stammen.
    "Wir können die Leute natürlich nicht, nur weil die Deutschen sie nicht haben wollen, sagen, wir akzeptieren sie nicht und unsererseits weiterschieben. Ziel muss es sein, dass wir im Gleichklang mit den Deutschen handeln, das heißt, Personengruppen, die keine Chance auf Asyl haben, wie zum Beispiel Marokkaner, sollten - und ich hoffe dass die Kontrollen in Spielfeld bald greifen – sollten auch in Österreich gar nicht ermutigt werden weiterzureisen oder um Asyl anzusuchen."
    Bustransfers Richtung Deutschland gestoppt
    450 von Deutschland zurückgewiesene Personen warten derzeit in Salzburgs Aufnahmestation Asfinag auf eine Entscheidung der Behörden. Die Sprecherin der Salzburger Landespolizei Irene Stauffer:
    "Die Personen, die zurückkommen, werden ins Polizeianhaltezentrum gebracht, dort wird die rechtliche Situation geprüft, das heißt, ob sie Asyl bekommen können. Wenn nicht, dann entscheidet das eben das Bundesamt für Asyl, wo die hingehören."
    Einige der von ihnen waren bereits früher von Deutschland abgewiesen worden, hatten sich aber wieder unter die Flüchtlinge gemischt, so der Sprecher der Bundespolizei Rosenheim. Deshalb wurden in den vergangenen Tagen die Bustransfers Richtung Deutschland gestoppt.
    Wie genau mit den Personen, die Deutschland jetzt verstärkt zurückweist und Österreich aufnehmen muss verfahren wird, soll der nächste österreichische Flüchtlingsgipfel am 20. Januar in Wien klären. Bis dahin bleiben die überwiegend aus Nordafrika stammenden Männer wohl in der Aufnahmestation in Salzburg.
    Die seit Mitte Februar laufenden Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze laufen rechtlich gesehen Mitte Februar aus, eine Verlängerung darüber hinaus dürfte aber "kein Problem sein", hatte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos kürzlich in Berlin bereits mitgeteilt.