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Flüchtlingspolitik
Stoiber attackiert Merkel

Sie mache Europa kaputt: Das hat der Ex-CSU-Parteichef Edmund Stoiber Angela Merkel in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" vorgeworfen. Er fordert die Kanzlerin dazu auf, bis März ihre Flüchtlingspolitik zu überdenken. Andernfalls müssten die Schwesterparteien CDU und CSU Konsequenzen ziehen - notfalls ohne Merkel.

Von Susanne Lettenbauer | 18.01.2016
    Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber auf dem CSU-Parteitag in München.
    Ex-CSU-Parteichef Edmund Stoiber fordert eine baldige Lösung der Flüchtlingskrise. (picture alliance / dpa / Matthias Balk)
    Die Töne werden schärfer aus Bayern. Sah es bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsfraktion noch nach einem unterkühlten, aber dennoch friedlichen Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel aus, so war das wohl die Ruhe vor dem Sturm.
    Dieses Mal kommen die massiven Forderungen nicht von Horst Seehofer, sondern von seinem Vor-Vorgänger Edmund Stoiber in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Nach den zahlreichen bislang folgenlosen Drohungen Horst Seehofers Richtung Berlin fordert Stoiber jetzt ein Ende der derzeitigen Flüchtlingspolitik.
    Stoiber fordert Konsequenzen
    In drastischen Worten mischt sich der frühere CSU-Parteichef jetzt öffentlich in die Kontroverse zwischen Seehofer und Merkel ein und fordert eine baldige Lösung der Flüchtlingskrise - bis spätestens März. Wenn sich bis dahin nichts ändere, müsse es Konsequenzen geben. Dabei schließt Stoiber im Ernstfall auch nicht die Schließung der Grenzen aus – als Ultima Ratio.
    Sie mache Europa kaputt mit ihrer Haltung, wirft Stoiber der Kanzlerin vor. Ihr Alleingang, als sie im Spätsommer 2015 die Flüchtlinge von Ungarn nach Deutschland holte, habe Europa tief gespalten. Er fordert ein gemeinsames Handeln der Schwesterparteien CSU und CDU "notfalls auch gegen Frau Merkel", so Stoiber. Die CSU weiß er dabei hinter sich.
    Seine massive Kritik kommt passend zum Start der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion, ein bislang weniger beachtetes Treffen in Wildbad Kreuth, auf der Landespolitiker Themen im Freistaat beraten. Zum ersten Mal wird dort die Bundeskanzlerin am Mittwoch erwartet. Ebenso Finanzminister Wolfgang Schäuble und Regierungschef Horst Seehofer.
    Bezeichnenderweise hat Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer auch den österreichischen Außenminister Sebastian Kurz für heute Abend eingeladen.
    Der ÖVP-Politiker tritt für eine drastische Verschärfung der Grenzkontrollen ein und liegt damit auf Kurs der CSU.
    Doch das geht des Christsozialen nicht weit genug, so Kreuzer:
    "Deshalb wollen wir die Leitkultur und die Integrationspflichten in der bayerischen Verfassung festschreiben. Das führt ja dann zu dieser Diskussion, weil dann eine Volksabstimmung notwendig ist."
    CSU plant Verfassungsänderung in Bayern
    Vor über 15 Jahren zum Unwort des Jahres gewählt, will die CSU für die Leitkultur jetzt die bayerische Verfassung ändern. Grundlagen der Kultur wie auch Integrationspflichten sollen in einem Integrationsgesetz festgeschrieben werden.
    Die Opposition im Freistaat hält von der Verfassungsänderung nichts. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, in Sachen Flüchtlingspolitik sonst nah an der CSU-Position, sieht darin nur Parteienpolitik:
    "Nachdem ja jetzt eine Reihe von Verfassungsrechtlern bestätigt haben, dass die momentan praktizierte Zuwanderungspolitik nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes steht und die CSU trägt diese Politik so mit, dann muss man sagen, liebe CSU, halte dich erstmal an bestehendes Gesetz, dann würden wir dir zutrauen, eine Verfassungsänderung auch im Sinne eines Staates zu vollziehen und hier nicht nur Parteipolitik zu machen. "
    Um die Opposition zu überzeuge, hat die CSU eine Umfrage zur Leitkultur in Auftrag gegeben. Morgen wird sie der Öffentlichkeit in Kreuth vorgestellt. Sollte das nicht überzeugen, will die CSU eine Volksbefragung initiieren.