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Flüchtlingspolitik
Ungarn will den nächsten Zaun

Ungarn hat seine Grenze zu Serbien komplett abgeriegelt und damit Tausenden Flüchtlinge den Weg nach Westeuropa abgeschnitten. Damit könnten sich die Routen der Flüchtlinge ändern, worauf Ungarn ebenfalls reagiert - mit einem weiteren Zaun an seiner Grenze zu Rumänien.

15.09.2015
    Flüchtlinge an der serbisch-ungarischen Grenze (13. September 2015)
    Flüchtlinge an der serbisch-ungarischen Grenze (imago stock & people / ZUMA Press)
    Auch an der Grenze zum EU-Nachbarland Rumänien will Ungarn einen Grenzzaun bauen. Als Grund gab Ungarns Außenminister Peter Szijjarto am Dienstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur MTI an, dass sich Schlepper nach der Schließung der ungarisch-serbischen Grenze Ausweichrouten über Rumänien suchen könnten. Man habe das Außenministerium in der rumänischen Hauptstadt Bukarest bereits über den Beschluss informiert. Ungarn hat bereits einen rund 180 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Serbien errichtet.
    Ein Zaun "in vernünftiger Länge"
    Rumänien verurteilte diesen Plan als "nicht im Einklang mit dem europäischen Geist", wie es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Bukarest hieß. Die Initiative sei "nicht korrekt vom politischen Standpunkt her", zumal beide Länder "strategische Partner" seien. Man habe dies auch der Regierung in Budapest mitgeteilt.
    Beginnen solle der Bau des Zauns am ungarisch-serbisch-rumänischen Dreiländereck. "In vernünftiger Länge" solle der Zaun von dort zum nahen Maros-Fluss führen sowie noch einige Kilometer weiter in östliche Richtung. Genauere Angaben machte Szijjarto zunächst nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierte mit Österreichs Kanzler Werner Faymann wegen der Flüchtlingskrise einen EU-Sondergipfel für die kommende Woche.
    Flüchtlinge verzweifeln an der serbisch-ungarischen Grenze
    An der ungarisch-serbischen Grenze schlugen verzweifelte Flüchtlinge am Dienstag bei Horgos von der serbischen Seite gegen das von der Polizei errichtete Metallgitter an der größten Autobahn ins Nachbarland und forderten die Öffnung der Grenzen. Neben der Grenzschließung für Flüchtlinge gelten in Ungarn seit Dienstag verschärfte Gesetze. Wer illegal ins Land kommt, kann in Haft genommen werden. Der Sicherheitsberater der Regierung, Gyorgy Bakondi, berichtete von mehreren Menschen, die beim Grenzübertritt festgenommen wurden. Sie würden vor Gericht gestellt. Das EU-Land richtete an der serbischen Grenze zudem zwei Transitzonen ein. Dort soll binnen weniger Stunden über Asylanträge entschieden werden.
    Vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen waren allein seit Montag 20.000 Menschen über Ungarn nach Österreich gekommen, teilte die österreichische Polizei mit. Die ungarische Polizei hatte am Montag bis Mitternacht insgesamt 9380 neue Flüchtlinge aus Serbien registriert, eine Rekordzahl, die das Vierfache des Tagesdurchschnitts der letzten Wochen ausmachte. Offenbar nutzten viele noch die letzte Gelegenheit, bevor Ungarn seine Grenze dicht machen würde.
    Die serbische Regierung forderte Ungarn auf, seine Grenze wieder für Migranten zu öffnen. "Wir reden mit den Ungarn. Sie werden die Grenze öffnen müssen", sagte der zuständige serbische Minister Aleksandar Vulin. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) rechnet nach Angaben einer Sprecherin damit, dass sich die Flüchtlinge neue Routen über andere Länder suchen werden, wenn Ungarn bei seiner Haltung bleibe.
    (nch/wes)