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Flughalle für Bienen

Biologie. - Normalerweise machen die Honig-Bienen im Winter eine Brutpause und ziehen keine Nachkommen auf. Damit aber die Forschungsarbeiten an der Honigbiene in der kalten Jahreszeit nicht ruhen, hat die "Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau" in Veitshöchheim bei Würzburg den weltweit modernsten Bienenflugraum in Betrieb genommen.

Von Elke Drewes | 18.04.2008
    Der Bienenflugraum befindet sich im Erdgeschoss eines Institutsgebäudes der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Die Wände glänzen silbern; geriffelte Aluminiumfolie streut das blaue Licht der UV-Lampen gleichmäßig in alle Richtungen. Bei sommerlichen 25 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von knapp 60 Prozent fühlen sich die Bienen am wohlsten, sagt Stefan Berg vom "Fachzentrum Bienen".

    "Was wir machen ist, dass wir den Sommer simulieren für die Bienen. Das Bienenvolk zieht sich normalerweise im Winter zu einer Traube zusammen und hat keine Brut. Und wir regulieren das Licht, die Temperaturen, die Luftfeuchte. Das Bienenvolk wird bei Laune gehalten, um Brut zu produzieren. Sie haben eine Morgendämmerung, eine Abenddämmerung, so dass sie bei uns auch einen Tag-Nacht-Rhythmus vorgegaukelt bekommen."

    Zur Orientierung der Bienen sind ein paar Zimmerpflanzen im Raum verteilt. An den Wänden hängen zwei Bilder mit großen Spiralen, Dreiecken und bunt gemusterten Kreisen. Gelbe und rote Sonnen markieren die Öffnung des Brutkastens sowie den Futterplatz mit Blütenpollen und Honigwasser.

    "Sie sehen, auch in der Grundform erinnert das an Blüten, der geometrischen Grundform, an der sich die Bienen gut orientieren können. Damit sie auch wieder, wenn sie ausfliegen zum Futterplatz, zurück zum Bienenstock finden. Normalerweise hat eine Biene ein größeres Einzugsgebiet und sie hat Geländemarken, an denen sie sich orientiert. Die muss man ihr hier zur Verfügung stellen."

    In Kooperation mit der Universität Würzburg erforschen die Wissenschaftler das Immunsystem der Honigbiene. Alle zwei Wochen nehmen sie etwa 200 Bienenlarven aus dem Brutkasten und infizieren sie im Labor mit künstlichen Viren und Bakterien.

    "Im Moment geht es uns darum, an Bienenbrut heranzukommen. Die Brut wird dann unter sterilen Bedingungen per Hand aufgezogen und wir können dann dieser Bienenbrut Krankheitserreger zugeben in kontrollierter Menge. So kann man dann sehen, wie lange es dauert und welchem Stadium der Brutentwicklung das Immunsystem reagiert. Um dann auch Rückschlüsse zu ziehen, wie sich das Bienenvolk einer Krankheit erwehren kann."

    Die Varroa-Milbe ist ein eingewanderter Schädling aus den Tropen. Seit einigen Jahren befällt sie v.a. nach milden Wintern die Brut der Honigbiene, saugt ihr Blut und schwächt sie so, dass sie anfällig wird für andere Krankheitserreger. Auch für dieses Jahr befürchten die Wissenschaftler, dass bis zu 30 Prozent der Honigbienenvölker infolge des Parasitenbefalles absterben.

    "Die Varroa-Milbe ist Überträger einer Vielzahl von Sekundärinfektionen, Virenerkrankungen. Und um die Auswirkungen der Virenerkrankungen auf die Biene, darum geht es zurzeit. Wir müssen viel mehr noch verstehen, wie ein Bienenvolk funktioniert, wie das Immunsystem der Biene funktioniert, welche Krankheiten die zentralen Rollen spielen, damit wir zukünftig solchem Bienensterben entgegen treten können."

    In diesem Winter wurde der Bienenflugraum eröffnet und zur Nachzucht der Brut für die Laborversuche mit Krankheitserregern genutzt. Im Herbst, wenn die Temperaturen fallen, wird im Bienenraum wieder der Sommer simuliert. Dann wollen die Wissenschaftler ein Bienenvolk als geschlossenes System untersuchen und herausfinden, wie es sich verhält, wenn seine Brut durch die Varroa-Milbe geschwächt ist und von Viren befallen wird.

    "Wir müssen auch verstehen, wie ein Bienenvolk auf Viren reagiert, um auch zu sehen, gibt es zwischen den verschiedenen Bienenherkünften Unterschiede in der Reaktion auf die Viren. Können wir da mit der Zucht ansetzen: dass wir widerstandsfähigere Bienenvölker züchten, die mit Viren besser klar kommen als andere Bienen. Das würde endlich auch gegen die Varroa-Milbe helfen, weil solche Völker dann nicht mehr so schnell an der Varroa-Milbe zugrunde gingen, wenn sie die Widerstandskraft gegen die Sekundärinfektion hätten."