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Folgen der US-Wahl
Banger Blick aus Brüssel

Der Wahlsieg von Donald Trump war in Brüssel zunächst ein Schock. Niemand weiß so richtig, wie es mit den Beziehungen zwischen der EU und den USA weitergehen soll. Nach Gratulationen in Richtung Amerika reagierte die EU-Führung aber: Mit dem neugewählten Präsidenten soll möglichst schnell ein EU-USA-Gipfel abgehalten werden.

Von Jörg Münchenberg | 09.11.2016
    Europaflaggen vor der Europäischen Kommission in Brüssel
    Die Europäische Kommission in Brüssel hat viele Fragen an den künftigen US-Präsidenten Trump. (dpa / picture alliance / Daniel Kalker)
    Geschockt, ratlos, verunsichert – so könnte man die Stimmung in Brüssel auf den Wahlsieg von Donald Trump kurz zusammenfassen, hatten doch fast alle EU-Spitzen auf einen Erfolg von Hillary Clinton gesetzt. So aber ging es heute um mögliche Schadensbegrenzung und den bangen Blick nach vorne. EU-Ratspräsident Donald Tusk:
    "Ich glaube nicht, dass heutzutage ein Land alleine erfolgreich sein kann. Aber ich bin davon überzeugt, dass die EU und die USA weiter zusammenarbeiten können und müssen".
    Die Sorge um die künftige transatlantische Zusammenarbeit treibt viele um, hatte Trump im Wahlkampf doch stets den Grundsatz "Amerika first" betont". Also enthält das gemeinsame Glückwunschreiben von Tusk und Kommissionschef Jean Claude Juncker an den designierten neuen US-Präsidenten auch die Einladung für einen baldigen EU-USA Gipfel. Zu besprechen gibt es aus europäischer Sicht viel: wie geht es weiter mit dem Klimaschutz, den Kampf gegen den Terror oder auch der Flüchtlings- und Ukrainekrise. Kommissionssprecher Margaritis Skinas:
    "Die transatlantischen Beziehungen sind enorm wichtig für die Welt. Die EU und die USA müssen deshalb eng zusammenarbeiten, um diese Beziehungen zu bewahren und zu stärken".
    Die Beziehungen zu den USA dürften schwieriger werden
    Das gilt natürlich auch für das Verteidigungsbündnis. Hatte Trump doch während seiner Wahlkampauftritte die Beistandsgarantie indirekt in Frage gestellt und damit in Brüssel für einige Irritation gesorgt. Und so verwies NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in seinem Glückwunschschreiben ausdrücklich auf die vielen gemeinsamen Herausforderungen im Sicherheitsbereich. Eine starke NATO sei gut für die Vereinigten Staaten und gut für Europa. Darüber wolle er möglichst schnell bei einem persönlichen Treffen mit Trump reden, betonte Stoltenberg:
    "Das ist die Plattform, um sich mit dem neuen US-Präsidenten auszutauschen. Und dabei auch über die Bündnisverpflichtung zu diskutieren, um die gemeinsame Verteidigung sicherzustellen. Die auf der Idee beruht: alle für einen, einer für alle".
    Doch in einem Punkt gibt man sich in Brüssel kaum Illusionen hin. Die künftigen Beziehungen zu den USA dürften mit Sicherheit schwieriger werden, auch wenn noch gar nicht klar ist, wie sich der künftige US-Präsident in einzelnen Politikbereichen positionieren wird. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, SPD:
    "Trump ist ein Populist, ganz klar. Aber er ist auch der künftige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, mit dem wir zusammenarbeiten werden und müssen. Und die Menschen, die ihn jetzt gewählt haben, die darf man nicht einfach verdammen".
    Wie geht es jetzt mit TTIP weiter?
    Doch was heißt der Wahlerfolg von Trump für die Populisten in Europa, die schon jetzt einen enormen Zulauf verzeichnen? Nicht nur der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders jubelte per Twitter, die Amerikaner holten sich nun ihr Land zurück. Europa müsse mehr auf die Menschen zugehen und gleichzeitig enger zusammenrücken – diese etwas hilflos anmutende Empfehlung war heute aus dem Europäischen Parlament oft zu hören. Während man sich in der Kommission gleichzeitig fragt, wie es mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP weitergehen wird. Vizekommissionschef Jyrki Katainen:
    "Das einzige, was derzeit sicher ist, ist die Unsicherheit. Wir müssen jetzt ruhig bleiben und warten, welche Antworten der designierte neue Präsident geben wird"
    Um dann schnell noch zu ergänzen – eigentlich gebe es doch auch in den USA viele Befürworter eines gemeinsamen Handelsabkommens.