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Formel 1
Als wäre nichts gewesen

Trotz seit Jahren anhaltender staatlicher Gewalt gegen innenpolitische Gegner dreht die Formel 1 auch 2014 wieder ihre Runden in Bahrain.

Von Ulrich Leidholdt | 05.04.2014
    Vettel & Co. sollten den ramponierten Ruf der Monarchie der al-Khalifa aufpolieren. Doch das Rennen machte die Opposition: Einen kurzen Augenblick lang schaute die Welt während des Formel 1 Grand Prix 2012 in Bahrain auf die Insel im Persischen Golf. Jetzt, Anfang April 2014, wirft das Formel-1-Rennen auf dem Sakhir-Kurs von Manama wieder sein grelles Licht auf das sonst unbeachtete Hinterzimmer arabischer Aufstände. Für Publizistin und Menschenrechtsaktivistin Cherif Alaa Shehabi ist es ein Unding, dass das Herrscherhaus den Grand-Prix-Zirkus seine Runden drehen lässt, als sei abseits der Piste rein gar nichts geschehen. Und erinnert daran, dass die Formel 1 sich in vergleichbaren Situationen schon anders verhalten hat.
    "Damals in Südafrika hat die Formel 1 wegen der Apartheid Stellung bezogen. In Bahrain ist die Lage nicht anders."
    Die Proteste richten sich gegen die absolute sunnitische Herrschaft. 70 Prozent Schiiten fühlen sich bei Wahlen, Jobs und Wohnungen, in Schulen und von der Bürokratie diskriminiert. Das Regime schlug mit saudischer Hilfe den Aufstand im Sog des Arabischen Frühlings nieder. 80 Menschen starben.
    In vielen Fällen, so der US-ägyptische Rechtsexperte Cherif Bassiouni, seien Sicherheitskräfte mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen, hätten sie terrorisiert und Eigentum zerstört. Erzwungene Geständnisse, Folter, Vergewaltigung. Tod und Strafen für vermeintliche Rädelsführer - auch Ärzte. Weil sie Verletzte ohne Ansehen von Person und Religion behandelten.
    Alles beim Alten
    Der König versprach Reformen, doch nichts geschah. Er vermutet Iran hinter den Protesten. Die USA mit ihrer 5. Flotte in Bahrain schweigen und liefern Waffen. Oppositionelle wie Abdulhadi al-Khawayya bekamen lebenslänglich, weil sie eine Republik statt der Monarchie wollen. Seine Tochter Maryam sagt:
    "Weil Golf-Monarchien Öl haben,heißt das doch nicht, dass Menschen dort nicht Unterstützung brauchen wie in Syrien, Ägypten oder Tunesien. Die USA, Großbritannien und Frankreich verkaufen Waffen an Bahrain, kritisieren aber Rußland, wenn es das gleiche in Syrien tut. Das sind doch ganz klar doppelte Standards."
    Die Formel 1 erlaubt Menschenrechtlern, mit dem Schlaglicht der Medien ein paar Tage lang schlimme Verbrechen in Bahrain zu beleuchten, sagt David Mepham von Human Rights Watch. Rennstrecken-Chef Zayani fragt dagegen: "Was wissen denn die Medien von Menschenrechten? Fliegen Sie nach Syrien und lernen sie die Realität kennen. Was scheren uns die paar 100, die hier Krawall machen und dann nach Hause gehen?"
    Formel-1-Weltmeister Vettel stieß 2012 ins gleiche Horn. Reifendruck und Rennwagen statt Kritik an Folter, Willkür und Mord.:
    "Wir wollen in Bahrain fahren. Kümmern wir uns nicht um Sachen, die uns nichts angehen."
    Es geht nicht wirklich um die Formel 1, stellt Menschenrechtlerin Alaa Shehabi klar. Es gehe um mehr demokratische Rechte. Die große Mehrheit habe völlig berechtigte Forderungen. Weil die nicht erfüllt sind, halten Proteste in Bahrain an. Die Formel 1 gastiert wieder in Bahrain - als wäre alles im Reinen.