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Forschen in Deuschland

Thomas Söding, Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Bochumer Ruhr-Universität, möchte gerne den katholischen Religionsunterricht an deutschen Schulen erforschen. An dem Projekt sollen Doktoranden aber auch Kollegen von anderen Hochschulen mitarbeiten. Wie sieht der Weg bis zur Förderung eines so umfangreichen Projekts aus?

Von Andrea Groß | 29.05.2013
    "Diese ganz großen Projekte, die haben vielleicht ein, zwei Mal ihren Ort. Die normale Arbeit läuft etwas anders. Das ändert sich jetzt und bei dieser Änderung wollen wir dabei sein."

    Thomas Söding möchte den katholischen Religionsunterricht erforschen. Zusammen mit Doktoranden und Kollegen. Nicht nur von seiner eigenen Hochschule, sondern auch mit denen der Nachbaruniversitäten im Ruhrgebiet. Vier Jahre lang will er dafür Geld von der Deutschen Forschungsgemeinschaft haben. Insgesamt mindestens anderthalb Millionen Euro. Die erste – damals noch verschwommene – Idee entstand bereits vor fünf Jahren. Aber erst Anfang 2012 hat Thomas Söding sich hingesetzt und das Projekt auf dem Papier formuliert.

    "Die erste Phase war, das gebe ich zu, relativ mühsam. Dass wir uns von sehr sehr unterschiedlichen theologischen, kirchenpolitischen, disziplinären Standpunkten aus auf eine konzentrierte Projektlinie zubewegt haben. Da haben wir dann grünes Licht von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bekommen und dann ging eigentlich die Arbeit erst richtig los."

    Erst wenn die Projektskizze bewilligt ist, darf der eigentliche Antrag gestellt werden. So handhaben es eine ganze Reihe von Fördergebern. Das zieht den gesamten Prozess zwar über Jahre in die Länge, reduziert unter dem Strich aber die Möglichkeit, dass ein Forscherteam sich umsonst viel Mühe macht. Denn der sogenannte Vollantrag umfasst gelegentlich mehrere Hundert Seiten, in denen auch Formalitäten berücksichtigt werden müssen, die nicht unbedingt fachrelevant sind. An dieser Stelle kommt Gunter Friedrich ins Spiel, dessen Abteilung die Wissenschaftler an der Uni Bochum bei ihren Förderanträgen berät.

    "Wenn man Wissenschaftler berät, die das erste Mal einen Antrag stellen, dann sind die, gerade wenn es darum geht, eine Finanzierung aufzustellen oder einen Zeitplan aufzuschlüsseln, der sozusagen erklärt, was wann in diesem Forschungsprojekt getan werden soll, da sind die zum Teil ein bisschen unsicher noch."

    Gerade bei Großprojekten sehen es Fördergeber außerdem gerne, wenn der wissenschaftliche Nachwuchs mit eingeplant wird, die Frauenquote stimmt und gegebenenfalls eine Kinderbetreuung sichergestellt ist. Gunter Friedrich weiß von einem Antrag, der abgelehnt wurde, weil der Gleichstellungsaspekt gefehlt hat.

    Abteilungen wie die von Gunter Friedrich gibt es mittlerweile an den meisten Hochschulen. Daran lässt sich ablesen, dass in Zeiten sinkender staatlicher Zuschüsse die Einwerbung von Drittmitteln immer wichtiger wird. Dass die Bochumer Uni dabei zumindest im regionalen Vergleich gut dasteht, macht Berater Friedrich stolz. Das Verdienst dafür stehe allerdings nicht ihm zu, sondern den Wissenschaftlern, die den fachlichen Input geben. Deren Freude über eine Bewilligung teilt Friedrich allerdings genauso, wie die Enttäuschung, wenn der Förderantrag abgelehnt wird.

    "Beispielsweise der Antrag zur Exzellenzinitiative. Aber auch sehr große Anträge, wenn zum Beispiel neue Sonderforschungsbereiche beantragt werden. Dann ist die Beratung sehr eng. Man trifft sich auch häufiger mit dem Wissenschaftler, redet und fühlt natürlich auch mit. Also man möchte dann auch, dass so was erfolgreich wird. Auch weil man es mit angeschoben hat."

    Der Antrag des Theologen Thomas Söding wird in Kürze fertig sein. Dann muss er noch von den Rektoraten der beteiligten Universitäten genehmigt werden. Erst im nächsten Jahr wird die Deutsche Forschungsgemeinschaft ihre Entscheidung fällen. Thomas Söding wird dann mehr als zwei Jahre mit seinem Förderantrag beschäftigt gewesen sein. Zusätzlich zu seiner üblichen Lehr- und Forschungstätigkeit. Ob er erleichtert sei, danach wieder zu seinem Kerngeschäft zurückkehren zu können?

    "Also das ist Teil meines Kerngeschäftes."

    Ein Drittel seiner Arbeitszeit, so ist die Faustregel, verbringt ein Wissenschaftler mit der Einwerbung von Drittmitteln. Auf die apparateintensiven natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächer mag das zutreffen, sagt Söding. In den Geisteswissenschaften sei das noch nicht ganz so dramatisch.

    "Ich selber brauche im Moment etwas mehr als ein Drittel zur Vorbereitung, aber das ist Saisongeschäft. Über das Jahr gerechnet ist das bei mir – ich hoffe nicht, dass dadurch die Antragschancen sinken – weniger."

    Thomas Södings persönlich wichtigste Erfahrung bei der bisherigen Antragstellung war nicht die große Zahl an Formalitäten, die berücksichtigt werden müssen, sondern wie viel Fingerspitzengefühl nötig ist, um den Empfindlichkeiten und Bedürfnissen der vielen Beteiligten gerecht zu werden.