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Forschungsprojekt Panda
Chancen und Risiken des Darknets erkennen

Das Darknet setzt sich aus tausenden von Servern mit tausenden Marktplätzen zusammen, die überall auf der Welt verteilt sind. Darin liegt die Herausforderung für Behörden, die Cyberkriminalität bekämpfen sollen. Forscher untersuchen nun die Nutzung des Darknets - fernab von Waffen- und Drogenhandel.

Von Carina Fron | 18.05.2019
Ein Mann sitzt in einem dunklen Raum vor einem hell erleuchtenden Monitor.
Das Darknet einfach zu verbieten, halten Experten für nicht sinnvoll (EyeEm / shabab)
Ursprünglich stand das Internet für Freiheit, schwärmt Victoria Wang von der University of Portsmouth:
"Aber heutzutage ist das Internet der am stärksten regulierte Platz im Leben. Es gibt nicht nur internationale Gesetze, sondern nationale Gesetze, verschiedene Unternehmen haben ihre eigenen Regeln, man hat verschiedene Suchmaschinen mit ihren spezifischen Algorithmen. Das mögen die Leute nicht."
Nutzung fernab von Waffenverkauf und Drogenhandel
Das Darknet sei deshalb ein Zufluchtsort, meint die Kriminologin. Bestätigt fühlt sie sich durch ihre Studie. Mit Fragebögen in Foren und sozialen Netzwerken im Darknet hat sie bewusst nach Aussagen zu alternativen Nutzungen gesucht - fernab von den Marktplätzen für Waffen, Drogenhandel und Kinderpornographie. Diese Vielschichtigkeit des anonymen Netzwerkes interessiert auch Martin Steinebach. Er ist Experte für IT-Sicherheit am Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt. Dort erforscht er erforscht das Darknet im Projekt ‘Panda’, gefördert von der Bundesregierung. Steinebach will das Schwarz-Weiß-Denken in Sachen Darknet beenden.
"Dass man zumindest mal weg von so einem ganz harten Pauschalisieren kommt. Das Darknet an sich ist dual use. Aber dieser oder jener Mechanismus führt eigentlich eher dazu, dass hiermit etwas Illegales gemacht wird. Und dieser Mechanismus führt dazu, dass positive Dinge realisiert werden können."
Herausforderung für Forschung und Behörden
‘Panda’ möchte zum Beispiel wissen, welche Auswirkungen es hat, dass das Darknet nur über bestimmte Browser zu erreichen ist und das anonyme Zahlungsmittel verwendet werden. Es geht darum, die Chancen und Risiken des Darknets zu erkennen. Ein Unterfangen, das nicht ganz einfach ist. Zwar ließen sich einzelne Marktplätze recht einfach betrachten. Die sehen ähnlich aus wie Ebay und lassen sich auch automatisch nach Informationen durchforsten. Doch das Darknet setzt sich aus tausenden von Servern mit tausenden Marktplätzen zusammen, die überall auf der Welt verteilt sind. Genau darin liegt auch die Herausforderung - nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Behörden.
"Den Drogenhandel auf der Straße kann ich ressourcenmäßig auch nicht vollständig verfolgen. Und das Zweite ist, dass die Ermittlungen einfach erschwert werden durch die Nutzung des Darknets, weil es einfach deutlich schwerer ist, die Identität von Leuten zu ermitteln, deren IP-Adresse im Darknet verschleiert ist."
Darknet zu verbieten, sei nicht sinnvoll
Rechtswissenschaftler Christian Rückert ist dennoch überzeugt, dass die Polizei einen guten Job macht. Das zeige beispielsweise der Fall der Kinderpornographie-Plattform "Elysium". Die Betreiber sind 2017 aufgeflogen und wurden in diesem Jahr zu bis zu zehn Jahren Haft verurteilt. Allerdings hält der Forscher von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg nichts vom sogenannten ‘Darknet-Gesetz’. Es wurde im März diesen Jahres vom Bundesrat auf den Weg gebracht. "Internetbasierte Leistungen" zur Ermöglichung von Straftaten sollen damit verboten werden. Denn bislang ist es so, dass Plattformen für die Inhalte von anderen Nutzern nicht haften.
"Wenn ich jetzt in der Praxis den Zweck einer Plattform zur Straftatbegehung dadurch bestimme, wie die Plattformbetreiber mit illegalen Inhalten umgehen, bedeutet das, wenn der nicht ständig Ermittlungsverfahren gegen sich laufen haben will, muss er tatsächlich aktiv nach illegalen Inhalten fanden."
Zudem sei das Gesetz so weit gefasst, dass damit einfach werde, jegliche Plattformbetreiber unter Verdacht zu stellen. Auch das Darknet zu verbieten, finden die drei Experten nicht sinnvoll. Kriminologin Victoria Wang verweist dabei auf China – für sie ein Negativ-Vorbild.
Mehr in die Forschung investieren
"Die Cyberkriminalität nimmt so rasant zu. Sie hat bereits große Teile der traditionellen Kriminalität verdrängt. Dieses Land gibt so viel aus, um Cyberkriminalität zu verhindern. Sie haben sogar eine Cyberpolizei. Das beweist, dass es nicht funktioniert."
Vielmehr sollte noch mehr in die Forschung des Darknets investiert werden. Außerdem ist entsprechende Personal in den Behörden erforderlich, damit am Ende wirklich nur die Kriminellen bestraft werden und nicht die, die einfach nur Freiheit und Anonymität suchen.