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Fotografin, Kunsthändlerin, Frau

Als Fotografin gehörte Marianne Breslauer zur Avantgarde der 20er-Jahre. Nach ihrer Heirat wurde sie als Marianne Feilchenfeldt die erste Frau, die Kunsthandel auf höchsten internationalem Niveau betrieb. Eine Autobiografie schildert ihr ereignisreiches Leben.

Von Sacha Verna | 15.11.2009
    Weshalb verfasst jemand seine Autobiografie? Die einen tun es, um sich selber zu finden und den lieben Gott zu preisen.

    Was ist es denn aber, dass ich reden will, mein Herr und mein Gott, als dass ich nicht weiß, von wannen ich hierhergekommen?

    ... schrieb Augustinus in seinen "Confessiones". Andere halten Rückblick auf ihr Leben, um das Verhältnis zwischen Innen und Außen zu ergründen, zwischen sich selber und ihrer Zeit wie Goethe in "Dichtung und Wahrheit":

    ... dieses scheint die Hauptaufgabe der Biographie zu sein, den Menschen in seinen Zeitverhältnissen darzustellen, und zu zeigen, inwiefern ihm das Ganze widerstrebt, inwiefern es ihn begünstigt, wie er sich eine Welt- und Menschenansicht daraus gebildet, und wie er sie, wenn er Künstler, Dichter, Schriftsteller ist, wieder nach außen abgespiegelt.

    Wieder andere erzählen von ihrer Kindheit, Jugend und Karriere, um der Welt brutal offen, wie sie versichern, zu zeigen, wer sie wirklich sind - wie der Tennisstar Andre Agassi, der mit seiner Autobiografie "Open" zurzeit seine Fans beglückt und damit noch ein bisschen mehr Geld verdient, als er bereits hat. Wobei Herr Agassi seine Selbstdarstellung selbstverständlich nicht wirklich selber verfasst hat, sondern mithilfe eines Ghostwriters.

    Auch Marianne Feilchenfeldt Breslauers Erinnerungen sind von einem Ghostwriter zu Papier gebracht worden. Der Publizist und Verleger Bernhard Echte, ein Freund der Familie, hat aus Gesprächen und Texten das Manuskript dessen erstellt, was nun unter dem Titel "Bilder meines Lebens” als Marianne Feilchenfeldts Erinnerungen erscheint, ohne dass diese übertragene Autorenschaft den Wert dieses Buches in irgendeiner Weise mindern würde. Im Gegenteil. Bernhard Echte hat den schlichten zurückhaltenden Ton gut getroffen, den Marianne Feilchenfeldt jeweils anschlug, wenn sie anderen etwas über sich selber und ihr Leben preisgab:

    Meine Tätigkeit - zunächst als Photographin, dann als Kunsthändlerin - hat mich in viele Länder der Erde geführt, sodass ich wahrhaft sagen kann, vieles Schöne und Merkwürdige gesehen und erlebt zu haben.

    Diese Erfahrungen und Erlebnisse habe ich jedoch immer eher als etwas Privates empfunden. Der Gedanke, dass sie von allgemeinem Interesse sein könnten, war mir lange fremd, und noch jetzt zweifle ich insgeheim daran. Doch in den letzten Jahren bin ich, gerade von jüngeren Menschen, immer häufiger nach meinen Erinnerungen befragt worden. Auch habe ich selbst begonnen, mehr über die Vergangenheit nachzudenken, seit ich weniger im Alltäglichen zu tun habe. Zur Zeitzeugin fühle ich mich deswegen noch nicht berufen; was mich im Rückblick interessiert, sind, wie gesagt, eher die privaten, persönlichen Dinge und weniger die großen Ereignisse und Entwicklungen der Zeit. Mit ihnen kam mein Leben nur an wenigen Punkten direkt in Berührung, und zwar, wie mir scheint, zu meinem Vorteil und Glück. Aber vielleicht lohnt es sich deshalb, davon ein wenig zu erzählen.


    Marianne Feilchenfeldt untertreibt in ihrer Einleitung natürlich. Wer 1909 in Berlin als "höhere Tochter", wie es damals hieß, geboren wird, wer 1933 zur "Nicht-Arierin" degradiert und wenig später staatenlos wird, wer erst im holländischen, dann im Schweizer Exil zu leben gezwungen ist und 2001 in Zürich stirbt - der ist mit großen Ereignissen und Entwicklungen mindestens so direkt in Berührung gekommen, wie Millionen anderer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, denen die Geschichte wie ein wildes Pferd durchs Wohnzimmer galoppiert ist. Und wer außerdem Marlene Dietrich und Oskar Kokoschka, Ernst Bloch und Erich Maria Remarque zu seinen Bekannten oder Freunden zählte, der hat mit Sicherheit ein Leben geführt, von dem zu erzählen sich lohnt.

    Vor der Kunsthändlerin Marianne Feilchenfeldt geht die gesamte Zunft noch heute geistig in die Knie. Die Arbeiten der Fotografin Marianne Breslauer hängen in Institutionen wie dem Paul Getty Museum. Dass ihr Name nicht in einem Atemzug mit dem ihrer Zeitgenossen und Kollegen wie Erwin Blumenfeld oder Umbo genannt wird, liegt am frühzeitigen Ende, die ihre fotografische Karriere umständehalber nahm, und keineswegs an der mangelnden künstlerischen Qualität ihres Werkes. Doch der Reihe nach:

    Wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke, dann steht mir zunächst das Haus meiner Eltern und die Grunewald-Umgebung vor Augen. Geboren bin ich zwar an der Kurfürstenstraße 53 in Berlin, doch ich war noch kein Jahr alt, da zogen meine Eltern in die Rheinbabenallee nach Dahlem. Mein Vater hatte dort ein wundervolles großes Haus gebaut, zu dem ein Garten und ein Waldstück gehörten, und hier habe ich meine ganze Kindheit und Jugend bis hinein ins Erwachsenenalter verbracht.

    Mariannes Vater Alfred Breslauer war ein erfolgreicher Architekt, der unter anderem für die Sektdynastie Henkell und die Gebrüder Ullstein Häuser baute. Der großbürgerliche Haushalt, in dem Marianne und ihre drei Schwestern aufwuchsen, erinnert an Thomas Manns Buddenbrooks: Es gibt Kinderfräuleins und Diener, die die Mahlzeiten mit weißen Handschuhen servieren, es gibt mit Marmor verkleidete und mit Fresken geschmückte Badezimmer und einen Ballsaal, in dem, wenn nicht getanzt, unter einem riesigen Baum Weihnachten gefeiert wird. Unter den Breslauerschen Nachbarn befindet sich ein Rittmeister, der vierspännig die Allee entlangzukutschieren pflegt, und dessen Gemahlin sich regelmäßig von Prinz Friedrich Carl von Preußen zu Fahrten im offenen Automobil um den Wannsee abholen lässt.

    Zu behaupten, Marianne Feilchenfeldt schildere diese Zeit in den prächtigsten Farben, wäre freilich eine starke Übertreibung. Das meiste davon muss man sich als Leser vorstellen. Die Erzählerin streift lediglich dieses, deutet jenes an und geht auch mit Anekdoten äußerst sparsam um. Eine hübsche Anekdote ist allerdings jene, wonach sie als kleines Kind einmal vor der Abreise in die Sommerferien durch den Garten der elterlichen Villa gelaufen ist und schluchzend "Nun ade, du mein lieb Heimatland" gesungen hat. Es soll während Sommerferien in Holland gewesen sein, dass die kleine Marianne zum ersten Mal dem Zauber von Bildern verfiel:

    ... ich war wirklich nicht älter als viereinhalb Jahre, als die Leidenschaft für die Kunst mich packte. Haarlem, die "Groote Kerk" und die Männer mit den Halskrausen im Frans-Hals-Museum, die ich immer wieder sehen wollte - so begann es!

    Als Marianne mit sechzehn Jahren von der ihr verhassten Schule abging, sah sie sich nach einem ihren Neigungen entsprechenden Beruf um:

    Es stand für mich außer Frage, dass mein Beruf etwas mit Kunst zu tun haben müsse, auch wenn ich zu meinem Bedauern wusste, dass ich nicht im engeren Sinn künstlerisch begabt war. Talent im Zeichnen oder Malen besaß ich, so sehr ich mir dies gewünscht hätte, nicht, und so fiel die Kunst als Beruf außer Betracht. Kunst kann man nicht lernen - sie muss einem gegeben sein.

    Doch:

    Ich merkte, dass sich auch mit dem Medium Photographie etwas kreieren, etwas Künstlerisches schaffen ließ. So habe ich damals beschlossen, Photographin zu werden, was ein typischer und durchaus geachteter Frauenberuf war.

    Die Ausbildung dazu absolvierte Marianne Breslauer im berühmt gewordenen Lette-Haus in Berlin. Die erste Praxis folgte bei niemand Geringerem als Man Ray in Paris. Jedenfalls war das im Frühjahr 1929 der Plan:

    Man Ray war ein kleines melancholisches Männchen, das mir nur bis zur Brust reichte. Er war außerordentlich liebenswert und großzügig in seiner Art, und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden.

    Was ich bei ihm wollte, war ihm allerdings nicht recht klar. Ich legte ihm einige Aufnahmen vor, er sah sie sich aufmerksam an und sagte, ich könne doch eigentlich schon alles. Was er mir denn da noch beibringen solle? Besser wäre, ich würde einfach alles weiter so machen, wie ich es für richtig hielte, ich hätte meine eigene Art des Photographierens ja schon in mir. Im Übrigen fand er es lächerlich, dass ich ihm für Unterricht etwas zahlen wollte, und er sagte, ich dürfe seine Dunkelkammer und das Atelier benutzen, soviel ich wollte. Ich bin dann bei ihm aus- und eingegangen.


    Da ist jemand also 19 Jahre alt und geht bei einem der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts in Paris ein und aus. Und zwar auf Vermittlung einer Freundin hin, die zufällig Helene Gund heißt und mit dem Berliner Schriftsteller Franz Hessel verheiratet ist.

    Die beiden wiederum sind in den durch François Truffauts Film "Jules et Jim" berühmt gewordene Ménage-à-trois mit Henri-Pierre Roché verstrickt. Das Who-is-Who, als das sich Marianne Feilchenfeldts Leben liest, nimmt spätestens von da an keinen Abbruch mehr. Als sei es für diese Frau von Anfang an das Normalste der Welt gewesen, mit der gesamten kultivierten Prominenz ihrer Zeit zu verkehren; mit Künstlern und Mäzenen, Schauspielern, Dichtern und Denkern; mit Max Beckmann, Walter Benjamin, Greta Garbo.

    Die Passagen über ihren Aufenthalt in Paris und jene über ihre erste Stelle später im Fotoatelier des Verlagsriesen Ullstein in Berlin bleiben die einzigen, in denen sich Marianne Feilchenfeldt näher zu ihrer Fotografie äußert. Es habe sie stets interessiert, einfach nur herumzustreifen und ganz normale Leute zu fotografieren:

    Alltagsszenen, unbeachtete Momente, Nebensächlichkeiten. Das taten damals bekanntlich noch andere, Kertész zum Beispiel, der sicher ein viel besserer Photograph war als ich, oder Brassaï, Germaine Krull usw. Diese Art von Photographie lag damals in der Luft, und ich glaube, dass ich all dies recht früh gespürt habe. Ich bilde mir auch ein, meine Photos hätten eine gewisse Poesie. Mit der Neuen Sachlichkeit, die in den 20er Jahren im Schwange war, haben sie jedenfalls nichts zu tun. In meinen Photos liegt, wie gesagt, viel eher etwas Poetisches, und das freut mich bis heute.

    Etwas Poetisches haben Marianne Feilchenfeldts Fotografien in der Tat. "Bilder meines Lebens" ist mit Bildern aus diesem Leben illustriert: eine verstreute Gruppe älterer Herren beim Plaudern auf dem Domplatz von Münster; ein kleines Mädchen, das vor einem weihnachtlich geschmückten Schaufenster kniet; immer wieder Porträts von Freunden und Bekannten, die wirklich die Personen darzustellen scheinen, nicht bloß ihr Gesicht - vom Modeschöpfer Paul Poiret bis hin zur Aufnahme der beängstigend schönen Annemarie Schwarzenbach; dann der Isthmus von Korinth, Wasserträger in Jerusalem, Fußgänger in Alexandria. Diese Bilder sind später entstanden, auf Reisen in den 30er-Jahren, als Marianne Breslauer ihren künftigen Ehemann bereits kennengelernt hat.

    Walter Feilchenfeldt, Feilchen, wie sie ihn liebevoll nennt, ist fünfzehn Jahre älter als sie und leitet zusammen mit Grete Ring seit dem Selbstmord des Galeristen Paul Cassirer 1926 dessen legendäre Kunsthandlung in Berlin.

    Marianne Breslauer mag bereits mit viereinhalb Jahren im Frans Hals Museum in Holland dem Zauber der Kunst verfallen sein. Doch richtig Zugang zu dieser Welt fand sie erst durch ihre Beziehung zu Walter Feilchenfeldt:

    In der Galerie Cassirer bald ein- und ausgehen zu können, war für mich ein besonderes Erlebnis. Trotz meiner Vorliebe für die ältere Kunst war mir sehr wohl bewusst, welche Bedeutung diese Kunsthandlung besaß. Ich hatte dort die Munch-Ausstellung und dann, im Sommer 1928, die große Van-Gogh-Ausstellung gesehen.

    Mit Walter Feilchenfeldt fährt Marianne Breslauer bald im Cabriolet von Kunde zu Kunde quer durch Europa. Eine Zeit lang leben die beiden buchstäblich aus dem Auto heraus, während Feilchenfeldt damit beschäftigt ist, den Sitz der Cassirerschen Kunsthandlung nach Amsterdam und London zu verlegen.

    Dabei trafen wir des Öfteren auf Freunde, die ebenfalls einen Bogen um Deutschland herum machten und in gleicher oder umgekehrter Richtung fuhren. Besonders oft kreuzte sich unser Weg mit demjenigen von Therese Giehse und Erika Mann. Wenn wir wieder einmal an einer Grenze standen und darauf warteten, abgefertigt zu werden, so konnten wir fast darauf wetten, dass die beiden sogleich aus der entgegengesetzten Richtung auftauchen würden. Es war jenseits aller Wahrscheinlichkeit, wie oft wir uns auf diese Weise zufällig an Schlagbäumen trafen - sie in ihrem offenen Wagen, wir in unserem offenen Wagen. Wir tauschten rasch einige Neuigkeiten aus und fuhren dann wieder unserer Wege.

    Die Machtübernahme der Nationalsozialisten verunmöglichte den Verbleib der Kunsthandlung in Deutschland. Walter Feilchenfeldt war als Jude, Marianne Breslauer und ihre Familie waren als getaufte Juden ohnehin in Gefahr. Es gelang ihnen zunächst die Emigration nach Holland, dann die in die Schweiz. Es dauerte allerdings bis 1947, bis die Behörden Walter Feilchenfeldt in Zürich erlaubten, eine neue Firma zu gründen. Cassirer durfte sie nicht heißen - in der Schweiz sind Verstorbene als Namensgeber von Einzelfirmen nicht zugelassen. Also nannte er sie "Walter Feilchenfeldt Kunsthandel". Der Aufbau dieses neuen Lebens ließ Marianne Feilchenfeldt zum Fotografieren bald keine Zeit mehr - eine Tatsache, über die sie an keiner Stelle Bedauern äußert.

    Was hat Marianne Breslauer, die 1936 zu Marianne Feilchenfeldt wurde, über Hitler und den Krieg zu sagen? Nicht viel. Sicher, da ist die Rede vom Spuk, für den man zuerst alles hielt und anschließend von Wirren und Sorgen, von der Ungewissheit über das eigene und das Schicksal von Freunden. Doch unterlässt Marianne Feilchenfeldt pauschale Be- und Verurteilungen:

    Je weiter diese Zeit zurückliegt, desto unwahrscheinlicher scheint es mir, dass wir so gnädig durch all diese Fährnisse geschlüpft sind, zumal wir im Grunde keine Vorstellung davon hatten, in welchen Gefahren wir schwebten. Lebhaft spürten wir allerdings schon damals, dass wir Glück gehabt hatten.

    Glück gehabt - weshalb verfasst jemand seine Autobiografie? Marianne Feilchenfeldt hat es vielleicht aus dem Gefühl heraus getan, Glück gehabt zu haben. "Bilder meines Lebens" ist vieles und vieles nicht. Es ist eine Liebesgeschichte und die Geschichte einer Leidenschaft. Die Zärtlichkeit und Bewunderung, die aus Marianne Feilchenfeldts Schilderungen ihres Mannes sprechen, zählen zum Rührendsten, was dieses Buch enthält. Die Begeisterung, mit der sie Zeichnungen, Gemälde und Ausstellungen beschreibt, zeigt, dass für sie die Kunst immer mehr war, als nur ein Beruf. "Bilder meines Lebens" ist eine Galerie von Schnappschüssen berühmter Leute. Doch verzichtet Marianne Feilchenfeldt auf das Ausbreiten von Intimitäten. Häufig, fast zu häufig, ist für sie jemand einfach ein reizender oder ein weniger reizender Mensch.

    "Bilder meines Lebens" ist nicht die Darstellung einer Epoche. Marianne Feilchenfeldt bemüht sich nicht darum, etwas zu überblicken, das sich kaum überblicken lässt. Sie hält sich an Details und Fragmente. Es ist dies auch kein Selbstfindungsprotokoll. Erörtert wird hier nicht die Reifung eines Ichs. Ja, in dem Augenblick, von dem an Marianne Feilchenfeldt ganz allein im Mittelpunkt der Erzählung stehen würde, bricht das Buch ab. Über das halbe Jahrhundert nach dem frühen Tod ihres Mannes 1953, in dem sie die Kunsthandlung Walter Feilchenfeldt weiterführte und zwei Söhne großzog, schweigt sie sich weitgehend aus. Dabei gilt ihre Kunsthandlung heute international als eine der ersten Adressen für Werke der klassischen Moderne und Alte Meister. Weshalb veröffentlicht jemand seine Autobiografie?

    Ich habe meine Geschichte geschrieben, und hiergegen kann niemand etwas einzuwenden haben. Aber tue ich recht daran, sie dem Publikum zu übergeben, das ich nur von einer sehr schlechten Seite kenne? Nein. Ich weiß, ich mache eine Dummheit. Aber da ich einmal das Bedürfnis empfinde, mich zu beschäftigen und zu lachen - warum sollte ich es mir versagen, dies zu tun.

    Diese Erklärung stammt natürlich nicht von Marianne Feilchenfeldt. Sie stammt von Giacomo Casanova, der damit die Veröffentlichung seiner Memoiren rechtfertigte.

    Marianne Feilchenfeldt hat ihre Lebenserinnerungen nicht veröffentlicht. "Bilder meines Lebens" kam kurz vor ihrem Tod 2001 als Privatdruck heraus und wurde lediglich an Freunde verschickt, wie sie es sich gewünscht hatte. Dass sie nun in gepflegtester Buchform einem breiten Publikum zugänglich sind, geht auf Marianne Feilchenfeldts Söhne zurück, die sich zu der Publikation anlässlich des 100. Geburtstags ihrer Mutter entschlossen.

    Haben sie gut daran getan? Obwohl es viel packendere, witzigere, Jetzt-erkläre-ich-euch-mal-die-Welt-Lebensbeschreibungen gibt, die einen ähnlichen Zeitraum umfassen, wie den von Marianne Feilchenfeldt geschilderten? Ja. Weil man eben nicht immer die Welt erklärt bekommen will. Weil dies vielleicht nicht die packendste und witzigste Prosa aller Zeiten ist, aber es in diesem Fall genügt, dass die Autorin …

    ... wahrhaft sagen kann, vieles Schöne und Merkwürdige gesehen und erlebt zu haben.

    Augustinus, Goethe, Agassi, Casanova: Die einen finden sich in Gott, die anderen bereichern die Leserschaft oder sich selber und die Dritten wollen sich amüsieren. Marianne Feilchenfeldt erzählt ganz einfach ein wenig von ihrem Leben, von dem zu erfahren sich lohnt.

    Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Bilder meines Lebens. Erinnerungen
    Mit 40 Fotografien
    Nimbus Verlag, Zürich 2009, 231 Seiten, 26 Euro