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Fracking in den USA
Ist der Boom ein Gewinn?

Amerika gehört dank des Frackings wieder zu den größten Öl-Förderern der Welt. Doch vielen bereitet der neue Boom Sorgen - allerdings nicht wegen der Umweltbelastung, sondern wegen des Ölpreises. Denn ein Problem ignorierten viele Firmen.

Von Wolfgang Kerler | 10.08.2015
    Ein Fracking-Bohrturm in der Abenddämmerung.
    Fracking-Bohrturm nahe Tunkhannoclk, Pennsylvania, USA (dpa/picture alliance/Jim Lo Scalzo)
    Ein Lkw nach dem anderen rollt über die kleine Kreuzung. Von allen vier Seiten. Dabei gibt es nicht einmal eine Ampel. Denn für so viel Verkehr waren die Straßen hier in der texanischen Kleinstadt Nixon nie gedacht. Doch jetzt rauschen täglich tausende schwere Lastwagen über den bröckelnden Straßenbelag. Sie sind beladen mit Öl – oder mit dem Abwasser, das bei der Öl-Förderung entsteht. Manche transportieren auch Ausrüstung zum Bohren, fürs Fracking oder meterlange Rohre für Pipelines.
    "Die Straßen hier sind lebensgefährlich geworden. Auf so viel Verkehr waren wir überhaupt nicht vorbereitet. Nicht mal im Traum hätte jemand damit gerechnet, dass das hier passiert – und plötzlich, über Nacht, war es soweit."
    Das sagt John Dixon, ein Bewohner des Städtchens. Ein großer, schwergewichtiger Mann um die 40. Er trägt Cowboyhut, Cowboystiefel und eine Sonnenbrille. Die verkehrsreiche Kreuzung liegt im Zentrum seiner Heimatstadt im Süden von Texas – und damit mitten auf dem "Eagle Ford Shale". Das riesige Öl- und Gasfeld wird seit etwa sieben Jahren erschlossen.
    "Das Öl hat den kleinen Städten viel gebracht. Ich bin froh, dass wir so viele neue Jobs haben. Das hat auch die Steuer-Einnahmen der Städte erhöht."
    Auch John Dixon verdient sein Geld im Öl-Geschäft. Trotzdem ist er sich nicht sicher, ob der jüngste Boom alles in allem wirklich ein Gewinn für seine Heimat war. Er möchte einen Kollegen vorstellen, der deutsche Vorfahren hat.
    Donald: "Wie geht's Junge?"
    Reporter: "Mir geht's gut."
    Donald: "Was gibt's hier?"
    Donald Hoffman, ein kleiner, fröhlich lächelnder, grauhaariger Mann im roten T-Shirt erzählt stolz, dass seine Familie aus Baden-Baden stammt. Dann lässt er sich in seinem ledernen Bürostuhl nieder, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. An der Wand hängen Fotos von Öl-Pumpen und Bohrtürmen im Sonnenuntergang. Donald und John kommen aus der gleichen Branche. Beide arbeiten als unabhängige "Land Agents", eine Art Land-Vermittler.
    "Zum Öl-Geschäft gehört viel mehr als nur Bohren und Fördern. Es gibt viele Dienstleister, die für die Ölfirmen arbeiten. Und dazu gehören auch John und ich. Wir ziehen los und suchen nach Grundbesitzern, die ihr Land noch nicht verpachtet haben. Dann sprechen wir sie an und sagen: 'Wir hätten da eine Ölfirma, die gerne Ihr Land pachten würde – und zwar zu folgenden Konditionen ...' Und dann nehmen sie das Angebot an oder es wird noch mal nachverhandelt. Solche Vereinbarungen vermitteln wir."
    Ein Teilnehmer trägt bei einer Demonstration der Umweltschutzorganisation BUND gegen die Erdgasfördermethode Fracking einen Button mit der Aufschrift "No Fracking".
    Umweltschützer machen gegen die Ölindustrie mobil. (Felix Kästle, dpa picture-alliance)
    Nachdem der Fracking-Boom losging, konnten Donald und John üppige Provisionen einstreichen. Sie schlossen zahlreiche Geschäfte zwischen Ranch-Besitzern und Ölfirmen ab. Auch ihnen selbst gehört Boden, auf dem jetzt gepumpt wird. Das bringt zusätzliches Geld. Sie leben also nicht schlecht vom neuen Öl-Rausch. Doch selbst Donald, ein Freund der Öl-Industrie, sprudelt nicht über vor Begeisterung.
    "Es kommt eben darauf an, was man als 'gut' bezeichnet. Das Öl hat Wohlstand in unsere Gemeinden gebracht – und viele neue Leute. Aber mit neuen Leuten und Wohlstand kommen auch neue Probleme. Meine Frau und ich können zum Beispiel nicht mehr ungestört auf unserer Veranda sitzen und Kaffee trinken. Die Lastwagen machen so viel Lärm, dass wir nicht mehr raus können ... Es wird nie wieder das Land sein, das es vorher war. Quer über unsere Ranch laufen jetzt Stromleitungen und es werden Pipelines verlegt. Wo früher Kakteen wuchsen, stehen jetzt Öltanks, und wo Gras wuchs, stehen Bohrtürme."
    Jahrzehntelang war die Ölproduktion in Texas rückläufig. Was dann 2008 begann, konnte niemand ahnen. Damals fing man an zwei Fördertechniken miteinander zu kombinieren, die für sich genommen schon sehr lange bekannt sind: Horizontale Bohrungen tief im Untergrund, oft über mehrere Kilometer – und das umstrittene Fracking, beziehungsweise "hydraulic fracturing". Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in die Tiefe gepumpt. Das Gestein bricht auf, Öl und Gas strömen heraus. Auf diese Weise konnten zuvor unerreichbare Vorkommen im Schiefergestein erschlossen werden. Nicht nur in Texas, auch in anderen US-Bundesstaaten. Amerika stieg wieder zu einem der größten Öl-Förderer der Welt auf. Gerade das Fracking ist jedoch ziemlich umstritten. Kritiker warnen vor schweren Umweltschäden: Von der Verschmutzung des Grundwassers bis zu Erdbeben.
    "Eines muss man verstehen: Die größten Umweltschützer der Welt sind die Typen, denen das Land gehört."
    Donald Hoffman hält nicht viel von Umweltschützern, die gegen die Ölindustrie mobil machen. Anders als in Deutschland gehören Grundbesitzern in Texas auch die Bodenschätze unter ihrem Land. Wenn Ölfirmen also bohren wollen, müssen sie einen beachtlichen Teil der Einnahmen an den jeweiligen Eigentümer der Ranch abtreten. Oft um die 25 Prozent. Einige Grundbesitzer, die jahrzehntelang mit ihrer Rinderzucht gerade so über die Runden kamen, wurden – quasi über Nacht – zu Millionären. Das bedeutet aber nicht, dass die Firmen machen dürfen, was sie wollen, beteuert Donald Hofmann.
    "Nur weil wir wirtschaftlich belohnt werden, heißt das nicht, dass ich alles gut finde, was die da machen. Ich beobachte sie wie ein Falke. Wenn sie nur zwei Tropfen Öl aufs Land tropfen, dann rufe ich sofort an und mache sie fertig. Dann müssen sie kommen und alles beseitigen. Also, wenn manche glauben, sie wären Naturschützer – dann haben sie noch nie einen Rancher getroffen, dessen Land seit sechs Generationen in Familienbesitz ist. Ich und John, wir sind die größten Umweltschützer der Welt!"
    Ganz so überzeugt wie sein Freund Donald ist John Dixon nicht, dass der Öl-Boom die Umwelt nicht zerstört. Er fährt über die kaputten Landstraßen. Das Auto rumpelt durch die tiefen Schlaglöcher. Tanklaster mit überhöhter Geschwindigkeit rauschen ihm entgegen.
    "Diese Öl-Leute kommen hierher – sind aber nicht von hier. Sie interessieren sich nicht für mein Grundstück oder das meines Nachbarn. Sie sind nur wegen einer einzigen Sache hier: Das, was unter dem Grundstück ist. Und sie haben keine sentimentalen Gedanken. Umweltschutz ist für die ein Fremdwort. Das ist das Letzte, worum sie sich kümmern."
    Links und rechts der Straße stehen zahlreiche Farmhäuser – soweit das Auge reicht. Auf saftigen Wiesen grasen Rinder. Ein Idyll. Doch zwischendrin stehen überall Ölpumpen, Bohrtürme, große Tanks für Rohöl und Gas, aber auch für das Abwasser, das mit aus dem Grund geholt wird.
    Umweltschutz ist ein Fremdwort
    Die Ölfirmen haben ihre Förderanlagen eingezäunt und an den Toren große Warnschilder aufgestellt: Unbefugter Zutritt verboten! Achtung, giftiges Gas! Nicht Rauchen! Viele Anlagen werden videoüberwacht. John Dixon:
    "Ich glaube nicht, dass es je wieder so sein wird wie früher. Das ist der zweite Boom, den ich miterlebe. In den 80ern wurde ein anderes Ölfeld erschlossen. Aber das, was jetzt passiert, ist viel gewaltiger. Wir werden hier nie wieder so leben, wie davor."
    Eine Studie der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA kam kürzlich zu dem Schluss, dass das Fracking selbst bisher nur vereinzelt zu Wasserverschmutzungen geführt hat, keinesfalls jedoch flächendeckend. Größere Sorgen als das Fracking an sich macht Umweltschützern in den USA deshalb die Abwasserbeseitigung. Denn sowohl beim Fracking als auch bei der Ölförderung entstehen täglich viele Millionen Liter toxischen Schmutzwassers. Das wird oft mit hohem Druck einfach zurück in den Untergrund gepumpt.
    Und dabei – nicht beim Fracking selbst – entstehen kleinere Erdbeben. Die erschüttern seit ein paar Jahren auch dort den Boden, wo früher noch nie Beben vorgekommen waren. Außerdem verunreinigt das Schmutzwasser immer wieder Trinkwasserreservoirs, wenn es zum Beispiel durch alte Bohrlöcher in höhere Gesteinsschichten dringt. Und darüber hinaus verschmutzen der Lkw-Verkehr und die tausenden Förderanlagen die Luft.
    Selbst im Öl-Staat Texas formierten sich deshalb Bürgerinitiativen, die einen Fracking-Stopp fordern. Trotz dieser Widerstände: Alles in allem dürften in Texas dennoch die Befürworter der Ölindustrie in der Mehrheit sein. Noch jedenfalls.
    "Viele sind zu Millionären geworden. Die, die das Glück hatten, Land an den besten Stellen des Eagle Ford Shale-Ölfelds zu besitzen. Durch die Ölproduktion wurden sie in kurzer Zeit ziemlich reich."
    Ein Plakat mit der «Stop Fracking» steht am 03.06.2014 in Brünen (Nordrhein-Westfalen) am Niederrhein in einem Feld.
    Gegen das Fracking regt sich bei den Menschen heftiger Widerstand. (dpa / Martin Gerten)
    Sagt Banks Akin, der "City Manager" von Stockdale, eine Art Verwaltungschef. Stockdale mit rund 1.500 Einwohnern, ist die Nachbargemeinde von Nixon. Hier machte sich der Öl-Boom erst ab 2011 so richtig bemerkbar, erzählt Akin. Dann aber gewaltig. Menschen zogen zu, neue Geschäfte eröffneten, die Steuereinnahmen begannen zu sprudeln.
    "Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer waren vor 2011 ungefähr 6.000 oder 7.000 Dollar im Monat. Und noch nie in der Geschichte waren sie höher als 10.000. Aber jetzt, Anfang dieses Jahres, hatte ich im Schnitt mehr als 25.000 Dollar Einnahmen aus der Mehrwertsteuer."
    Nimmt man alle Steuerarten zusammen, so haben sich die Einnahmen der Gemeinde dank des Öl-Booms verdreifacht. Und nicht nur das.
    "Vor dem Boom lag die Arbeitslosenquote bei neun Prozent. Du konntest Leute für den Mindestlohn oder neun Dollar pro Stunde anstellen. Dann sprang der Wirtschaftsmotor an, die Arbeitslosigkeit sank auf unter fünf Prozent – und der durchschnittliche Stundenlohn liegt jetzt bei 17 bis 19 Dollar. Jeder, der einen Job will, hat jetzt einen."
    Doch natürlich kam es auch zu Schwierigkeiten. Mehr Kriminalität, zum Beispiel. Außerdem leckten immer wieder auch Öl-Leitungen oder giftiges Abwasser trat aus. Aber die Firmen hätten die Schäden immer sofort beseitigt, bekräftigt Banks. Aus seiner Sicht achten sie mittlerweile viel mehr auf Umweltschutz als früher. War der Boom also insgesamt gut für seine Kleinstadt?
    "Ja, das war er auf jeden Fall. Wegen der Einnahmen und der Lebensqualität und der Jobs. Wir hatten schon vorher Booms, aber nie so gewaltige. Es ist fast schon unglaublich, wie viel davon auch unten bei den Menschen ankommt."
    Downtown Houston. Ein gläserner Wolkenkratzer überragt den nächsten. Hier sitzen die großen und auch die kleinen Player im Öl-Business. Exxon, Chevron, BP – alle unterhalten hier Bürotürme. Dutzende unabhängige Unternehmen belegen einzelne Etagen. Houston ist die Hauptstadt des Öls.
    Fracking-Boom könnte für Überangebot sorgen
    Auch hier machen sich viele Sorgen wegen des neuen, amerikanischen Fracking-Booms. Aber nicht wegen der Umweltbelastung, sondern wegen des Ölpreises. Der lag über Jahre hinweg konstant bei über 100 Dollar pro Barrel. Da war es den Unternehmen egal, dass ihr Fracking viel teurer ist als die konventionelle Förderung in Saudi-Arabien und vielen anderen Erdöl-Förderländern. Die USA steigerten also ihre tägliche Rohöl-Produktion von 5 Millionen Barrel auf fast 10 Millionen. Doch ein Problem ignorierten viele Firmen.
    "Die Konjunktur in manchen Ländern kühlte sich ab, zum Beispiel in China. Gleichzeitig stieg das Ölangebot. Nicht nur aus den USA, sondern auch aus Russland, Libyen, Iran und Irak kam Öl auf den Weltmarkt, das keiner brauchte. Dabei kann schon ein kleines Überangebot den Preis drastisch sinken lassen."
    Ed Hirs lehrt an der Universität von Houston Energiewirtschaft und ist mit seiner Firma Hillhouse Resources selbst im Öl- und Gas-Geschäft aktiv. Das Unternehmen sitzt in einem der Hochhäuser von Houston.
    Ed Hirs hatte schon länger gewarnt, dass der Fracking-Boom in den USA für ein Überangebot sorgen könnte. Und so wunderte er sich nicht, als der Ölpreis Mitte 2014 zu sinken begann. Der Absturz folgte dann Ende des Jahres. Von über hundert Dollar fiel der Barrel-Preis auf um die fünfzig, nachdem die OPEC in Wien getagt hatte. Die Organisation der erdölexportierenden Länder entschied sich, die eigene Förderung nicht – wie früher – zu drosseln, um den Preis zu stabilisieren. Vor allem Saudi Arabien will so die neue Konkurrenz aus Amerika mit ihrem kostspieligen Fracking wieder loswerden und den eigenen Anteil am Weltmarkt behaupten. Auch jetzt, über ein halbes Jahr später, fördert die OPEC daher immer noch auf Hochtouren. Der Iran könnte seine Produktion nach dem möglichen Ende der Sanktionen sogar noch kräftig steigern – das Überangebot an Öl würde damit noch weiter wachsen. Der Preis bleibt also im Keller. Ed Hirs:
    "Die amerikanischen Firmen, die nur im Schieferöl-Geschäft sind, stehen vor schwierigen Entscheidungen. Bekommen sie weiter Geld von Investoren oder Banken und können sie weiterproduzieren? Oder verkaufen sie ihre Ausrüstung so teuer wie möglich und hören auf. Wenn der Preis nicht bald wieder anzieht, werden wir noch in diesem Jahr Übernahmen und Firmenpleiten erleben."
    Ed Hirs steht vor einem großen Konferenztisch und breitet eine geologische Karte aus. Sie zeigt das neueste Ölfeld, in das er investiert. Ein konventionelles, für dessen Erschließung nicht gefrackt werden muss. Alles andere wäre ihm als Investment derzeit zu riskant.
    Er erzählt einem guten Bekannten davon, der ihm gegenüber steht. Chris Helman, der Öl-Experte des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes. Auch er rechnet damit, dass der amerikanischen Branche harte Zeiten bevorstehen. Aus seiner Sicht sind viele der kleineren Firmen nur noch „Zombies".
    "Was ich mit Zombie-Ölfirmen meine, sind die Unternehmen, die über ihre Verhältnisse leben. Viele von ihnen haben Ölfelder im Schiefergestein, bei denen es mehr als 75 oder sogar 80 Dollar kostet, ein Barrel zu fördern. Die haben zurzeit überhaupt keine Chance Geld zu verdienen. Sie verbrennen ihr Geld!"
    Als der Ölpreis einbrach, stoppten viele Unternehmen in Texas und auch an anderen Orten in den USA sofort ihre Erkundung. Die Zahl der aktiven Bohrtürme ist deshalb zurzeit so niedrig wie seit fünf Jahren nicht mehr, da sich bei vielen Vorkommen die Erschließung aktuell gar nicht mehr rechnet. Das rasante Wachstum der Fördermenge wurde damit erst mal gestoppt. Doch ihr hohes Niveau hält die US-Produktion - noch. Chris Helman vom Forbes-Magazin:
    "Wenn die Preise so niedrig bleiben, werden die US-Produzenten ihre Aktivitäten herunterfahren. Sie haben gar keine andere Wahl. Das wird relativ schnell, also über sechs oder neun Monate oder in einem Jahr, das amerikanische Öl-Angebot verringern. Und mit der Zeit wird auch das weltweite Überangebot abgebaut werden. Wenn das in ein paar Jahren so weit ist, könnten wir stabile Ölpreise von 80 oder 85 Dollar pro Barrel haben."
    Bis dahin haben die Fracking-Unternehmen nur eine Chance: Sie müssen effizienter und damit billiger arbeiten als bisher.
    Billiger und effizienter arbeiten
    Zurück im Süden von Texas. Auch hier hat der drastische Absturz der Erdölpreise Spuren hinterlassen. Zwar rollen die Lastwagen noch immer über die holprigen Straßen, doch längst sind es nicht mehr so viele wie noch vor einem Jahr. Dass das Geschäft härter und unrentabler geworden ist, dass einige Unternehmen bereits Konsequenzen gezogen haben, ist gut am Wohnwagen-Park am Rand der Kleinstadt Gonzales abzulesen. Dort wohnen viele der Arbeiter, die der Boom und die gut bezahlten Jobs vor Jahren in Scharen angelockt hatten. Ron Prewitt ist einer von ihnen.
    "Vor einem Jahr war hier alles voll. Jetzt ist es höchstens noch halb voll. Denn viele haben ihre Jobs verloren und sind nach Hause."
    Ron Prewitt steht vor seinem Camper. Der 60-jährige blickt etwas traurig auf die vielen leeren Stellplätze um ihn herum. Auch er ist extra hierher gezogen, um am texanischen Öl-Boom teilzuhaben, während seine Frau und seine Kinder allein in Louisiana blieben. In Gonzales machte Ron Prewitt sich selbstständig mit einer kleinen Firma, die Pipelines verlegt.
    "Ende letzten Jahres hatten wir noch 45 Angestellte. Jetzt nur noch 15. Von unseren ursprünglich drei Mannschaften arbeitet nur noch eine."
    Dabei lief es am Anfang so gut. Ron Prewitt konnte sich vor Aufträgen kaum retten. Sieben Tage die Woche, 12 Stunden täglich verbrachte er auf den Ölfeldern. Bis der Ölpreis in den Keller rauschte. Binnen weniger Wochen brachen ihm dutzende Aufträge weg. In der ganzen Branche wurden tausende Jobs gestrichen.
    "Wir können nur warten und hoffen, dass der Ölpreis wieder steigt. Viele Leute da draußen suchen jetzt wieder Arbeit. Und wenn der Preis erst wieder hoch genug ist, können wir sofort loslegen und genau da weitermachen, wo wir vor dem Preisverfall aufgehört haben. Das hoffe ich – und ich bin sicher, es wird so kommen."