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Francos gewaltsame Auflösung der Republik

Sofort von Beginn an stellte sich Francisco Franco 1937 an die Spitze des Militärputsches gegen die 2. spanische Republik, dem ein blutiger Bürgerkrieg folgte. Francos Diktatur endete erst 1975, doch die innere Aussöhnung Spaniens sollte noch lange auf sich warten lassen.

Von Volker Mauersberger | 17.07.2011
    Ein Bürgerkrieg sei kein Krieg, sondern eine Krankheit, schrieb der französische Schriftsteller Antoine de Saint Exupery, "der Feind steht im eigenen Land und man kämpft beinahe gegen sich selbst". Was am 17. Juli 1936 in Spanien begann, war eine Tragödie, die weit größere Ausmaße als ein Bürgerkrieg besaß – das Land jenseits der Pyrenäen wurde urplötzlich in einen internationalen Konflikt verstrickt, der über eine Million Tote forderte und in einer Diktatur endete, die bis zum Jahre 1975 andauern sollte.

    Was zunächst wie ein Operettenputsch aussah, wurde zur Probe für den Zweiten Weltkrieg, bei der Diktatoren wie Stalin und Hitler ihre diabolischen Rollen spielten. Schauplatz war die junge Republik Spanien, seit 1931 eine Demokratie, die jedoch auf tönernen Füßen stand. Walther L. Bernecker, Professor für Auslandswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg:

    "Die 2. Republik, die 1931 ausgerufen wurde, hat in der Tat sowohl in der Historiographie als auch in der öffentlichen Meinung einen relativ schlechten Eindruck hinterlassen. Dazu gehört auch der relativ häufige Wechsel von Regierungen. Das hängt zum einen mit dem Wahlsystem zusammen. Das hängt zum anderen damit zusammen, dass Spanien keinerlei demokratische Tradition hat. Das hängt damit zusammen, dass sowohl Parteien als auch Gewerkschaften noch sehr extremistisch waren und von daher auch ein Wechsel von einer eher Mitte-Links-Regierung zu einer eher Mitte-Rechts-Regierung erfolgen konnte und im Frühjahr 1936 eine Parteienkoalition die Wahlen schließlich gewann, die man als Volksfront-Parteien oder als Volksfront-Koalition bezeichnet, das heißt eine Koalition der Linken, die bereit und Willens war, radikale Reformen im Lande durchzuführen."

    Kaum vier Jahre nachdem Spaniens neue Verfassung noch als "nina bonita", als schöne Tochter, begrüßt worden war, schien das Land politisch heillos in Aufklärer und Klerikale, in Liberale und Karlisten, Konservative und Anarchisten zerrissen, vom traditionell unruhigen Militär ganz zu schweigen. Spanien lebte in einer Gefühlslage, wie sie vom bedeutendsten Lyriker des Landes, dem in Sevilla geborenen Antonio Machado, in dunkler Vorahnung beschrieben worden war.

    "Kleiner Spanier, der Du auf die Welt kommst, behüt Dich Gott. Eines der beiden Spanien wird Dein Herz gefrieren lassen."

    Der Funke, der den folgenschweren Putsch auslösen sollte, zündete keineswegs überraschend. Am Nachmittag des 17. Juli 1936 versammelte sich in der militärischen Küstenfestung von Melilla eine kleine Gruppe illoyaler Militärs, die aus Offizieren, Berufssoldaten und Befehlshabern der Fremdenlegion bestand. Was sie vereinte, war ein geheimer Plan, der an diesem Tag umgesetzt werden sollte. Was sie beflügelte, war eine tiefe Verachtung des herrschenden Parteienstaats und offener Hass auf die Regierung in Madrid.

    Schon am 16. Juni 1936 hatte der konservative Parteiführer Antonio Gil–Robles im Parlament erklärt, dass seit dem Frühjahr 1936 170 Kirchen niedergebrannt, 269 Morde verübt und über eintausend Personen verletzt worden seien. Überall herrsche der Eindruck vor, dass Spanien unregierbar werde – eine Meinung, die bei jenen illoyalen Militärs weit verbreitet war, die wie die Generäle Mola oder der auf den Kanaren befehlende Francisco Franco auf eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse hofften.

    Die Systemwechsel in Italien und Deutschland, wo Mussolini und Hitler an die Macht gekommen waren, hatten auch in Spanien Bewunderer gefunden. Wo die konservative Rechte in Erscheinung trat, sah sie das Vaterland in Gefahr. Weit weg von der Hauptstadt Madrid, in der Kolonie Spanisch-Marokko, schien man tatsächlich nur noch auf den geeigneten Augenblick zu warten, um endlich loszuschlagen. Für den Historiker Bernecker war das die Vorbereitung zu einem lang ersehnten Putsch:


    "Im Februar '36 haben die bereits erwähnten Volksfront-Wahlen stattgefunden. Und das war für die konservative Fraktion sowohl im Militär als auch in der spanischen Bourgeoisie das Zeichen dafür, dass die nächsten vier Jahre weitreichende Reformen durchgeführt würden und dass das nicht zu verhindern sein würde. Deswegen hat diese konservative Fraktion – und zu dieser gehörte Franco – sehr früh schon geplant, die Regierung gewaltmäßig abzusetzen."

    In Spanisch-Marokko war damals das spanische Afrika-Heer stationiert: 30.000, relativ gut ausgebildete spanische Soldaten, dazu 12.000 Marokkaner und die Fremdenlegion, die meist aus entsprungenen Häftlingen und anderen zwielichtigen Gestalten bestand. Als die militärischen Vorgesetzten den geheimen Aufstandsplan, der eine gewaltsame Eroberung der Garnisonsstadt vorsah, in letzter Minute vereiteln wollten, wurden sie verhaftet und standrechtlich erschossen. Haupträdelsführer des Militäraufstands waren neben hochgestellten Generälen, die sich noch vorsichtig im Hintergrund hielten, spanische Berufssoldaten und Kriminelle der Fremdenlegion.

    Als geheimer Drahtzieher der Revolte aber fungierte General Francisco Franco, der von seinem Militärstützpunkt auf den Kanarischen Inseln die Revolte lanciert hatte und am Morgen nach dem Putsch mit einer Privatmaschine in der Garnisonsstadt Tetuan gelandet war, wo er einen Appell an alle Divisionskommandeure verbreitete, der seinen Machtanspruch unmissverständlich vorwegnahm.

    "Spanier! Die ihr den heiligen Namen Spaniens spürt und empfindet! Euch ruft die ganze Nation! Hass und Verbrechen sind an die Stelle eines gegenseitigen Respekts getreten. Die Einheit des Vaterlandes ist bedroht."
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    Bei allen Auftritten Francos wurde fortan die Hymne der rechtskonservativen Partei Falange gespielt, deren Symbol das Schwarzhemd sowie "fünf Rosen, ein Joch und die Pfeile meines Bündels" waren, wie es wörtlich hieß. "Cara al Sol – Das Gesicht der Sonne entgegen wird mich der Tod antreffen, und ich werde Dich nie mehr wiedersehen".

    "Ihr wisst: Wir haben noch einen langen Weg vor uns, für ein neues Spanien, ein neues Vaterland. Aber die Jugend des Landes versammelt sich hinter uns. Wir werden siegen und grüßen euch mit heißem Herzen. Aufwärts mit Spanien! Arriba Espana!"

    Die Stimme Francisco Francos, der sich bald zum Generalisimo und Führer Spaniens erklärte. Bereits mit 33 Jahren war er Brigadegeneral geworden und hatte 1934 mit den Afrika-Truppen und Teilen der Fremdenlegion einen Aufstand im nördlichen Asturien niedergeschlagen. Im Jahr darauf ernannte man ihn zum Generalstabschef der Zentralregion. Bei Beginn der Revolte in Spanisch-Marokko war er mit 34 Jahren einer der jüngsten Divisionskommandeure in Europa – eine Karriere, die ihren Eindruck bei späteren Verbündeten wie Hitler und Mussolini nicht verfehlen sollte.

    Als am 18. Juli 1936 über der Küste die Abenddämmerung hereinbrach, war die kleine Kolonie Spanisch-Marokko längst zur Beute der Putschisten geworden. Den Bürgermeister der Stadt hatte man auf der Stelle erschossen; außer ihn traf es zahlreiche Arbeiter und Gewerkschafter, die sich den revoltierenden Militärs in den Weg gestellt hatten. Die Putschisten fanden mit ihrem Vorgehen zwar bei weiten Teilen der Bevölkerung sowie beim spanischen Gesamtheer Sympathie. Über die Einstellung bei der Generalität hatten sich die Aufständischen jedoch gründlich verschätzt. So entschieden sich 80 Prozent des unteren und mittleren Offizierskorps, aber nur vier von insgesamt 13 Generalkapitänen für eine Beteiligung an dem Putsch.

    Die spanische Regierung, die schon am 18. Juli 1936 mit einem Aufruf zur Mobilmachung reagierte, konnte sich auf die Mehrheit der spanischen Generalität, auf zwei Drittel aller Marinesoldaten sowie auf die Hälfte der spanischen Luftwaffe stützen. Und ein durchschlagender Erfolg Francos schien ohne die Eroberung Madrids kaum wahrscheinlich. Nur die Hilfe der faschistischen Regierungen in Rom und Berlin stärkte die aufständischen Rebellen und hob Franco am Ende in den Sattel - nach einem grausamen Krieg, der zum prägenden Erlebnis für eine ganze Generation von europäischen Politikern, Soldaten, Intellektuellen und Idealisten wurde.

    Männer wie Picasso und Orwell, Koestler und Hemingway, Malraux und Ehrenburg, Kantorowicz und Neruda, Brandt, Brecht und Bernadotte, malten, dichteten und kämpften für die spanische Republik - oder sangen wie der deutsche Kommunist Ernst Busch, der diesen Krieg zu seiner Sache machte:

    "Dem Faschisten werden wir nicht weichen, schickt er auch die Kugeln hageldicht. Mit uns stehn Kameraden ohnegleichen, und ein Rückwärts gibt es für uns nicht."

    Der gesamte Militäraufstand sollte eigentlich nur fünf Tage dauern. Doch in Madrid leisteten die Republikaner erbitterten Widerstand. Auf den Barrikaden der Hauptstadt stand mit Dolores Ibarruri eine für ihre Durchhalteparolen bekannte, wegen ihres hemmungslosen Karrierestrebens in den eigenen Reihen höchst umstrittene Figur des spanischen Kommunismus, eine glühende Stalinistin. "La Pasionaria", wie man sie allgemein nannte, rief in ihrer ersten Kriegsrede am 19. Juli 1936 über Radio Madrid das demokratische Spanien zum erbitterten Widerstand auf. Ihr berühmter Leitspruch hieß später "No pasaran – Sie werden nicht durchkommen!":

    "Ihr Völker Spaniens, steht auf. Auf die Barrikaden! Ihr Frauen und Mütter, verteidigt das Leben eurer Kinder! Jetzt geht es um die Freiheit unseres Volkes. Nieder mit allen Feinden, fort mit allen Machthabern und Tyrannen. Jetzt müssen wir alle gemeinsam handeln! Alle zusammen, Mann für Mann. Es lebe die Republik. Nieder mit Faschismus und Reaktion!"

    Weil beide Seiten für diesen langwierigen Kampf Waffen brauchten, waren sie gezwungen, im Ausland Hilfe zu suchen. Die Internationalisierung des spanischen Bürgerkrieges begann. Der militärisch bedrängte Franco hatte Hitler kaum eine Woche nach dem Putsch in einem persönlichen Brief um die Entsendung von Transportflugzeugen gebeten. Hitler, der als Ehrengast bei den Bayreuther Festspielen weilte, sagte umgehend zu.

    Bernecker: "Franco hatte ja nicht vor, einen Bürgerkrieg zu führen, sondern er wollte in der Tradition der spanischen Pronunciamientos, also der Militärputsche, die ja seit dem 19. Jahrhundert Tradition haben, einfach die Regierung eliminieren, die Regierung absetzen und eine konservative Militärregierung einsetzen. Und eigentlich dachte Franco, dass es auch im Jahre 1936 funktionieren würde. Das Problem bestand darin, dass die Gesellschaft des Jahres '36 nicht mehr die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts war. Die Arbeiter waren nicht bereit, zu akzeptieren, dass es einen Rückschritt bei den sozialen Reformen gibt, die die 2. Republik eingeführt hatte. Die Gesellschaft ließ es sich nicht gefallen, dass dieser Putsch erfolgreich zu Ende geführt wurde – unter Gesellschaft meine ich jetzt vor allem die Arbeiterklasse der großen Städte: Barcelona, Madrid und andere Städte, die sich gegen diesen Putsch erhoben. Und damit ist der Putsch als solcher gescheitert und wäre wahrscheinlich innerhalb weniger Tage zusammengebrochen, wenn es nicht die Unterstützung von außen, sprich vor allem von Deutschland und Italien, gegeben hätte."

    Der Einsatz der deutschen "Legion Condor", die mit der Bombardierung der baskischen Stadt Guernica eines der größten Massaker unter der spanischen Zivilbevölkerung verübte, diente der Vorbereitung von Hitlers Kriegspolitik. Zur verlogenen Propaganda der Nationalsozialisten gehörte, dass die Zerstörung der heiligen Stadt dem internationalen Bolschewismus angelastet wurde:

    "Das sind die Ruinen der altspanischen Stadt Guernica. Wenige Stunden, nachdem die bolschewistischen Mordbrenner von den nationalen Truppen vertrieben worden waren. Die jüdische Lügenpresse behauptete, deutsche Flugzeuge hätten die Stadt bombardiert. Jedoch musste die internationale Weltpresse diese Meldung sehr bald als Pressemanöver der Bolschewisten brandmarken, welche selbst die gesamte Stadt beim Verlassen Haus für Haus niedergebrannt hatten."

    Tatsächlich wurde Guernica am 26. April 1937 durch einen dreistündigen Luftangriff von Junkers 52 und Heinkel-Bombern der Legion Condor zerstört. Es gilt als erwiesen, dass das franquistische Oberkommando in Salamanca und die Legion Condor den Angriff auf Guernica gemeinsam beschlossen haben. Dabei handelte es sich um einen planmäßigen Terrorangriff auf die Zivilbevölkerung, der nur das einzige Ziel hatte, die Moral der Basken zu brechen. Deutsche Soldaten, deren Einsätze offiziell geheim gehalten wurden, kämpften in den Schlachten am Ebro, bombardierten den Hafen von Barcelona und warfen in nur in einem einzigen Monat 36 Tonnen Bomben auf das eingekesselte Madrid. Doch Hitlers großzügige Waffenhilfe blieb nicht geheim. Ausländische Medien berichteten über die Angriffe der deutschen Bomber. Und der kommunistische Freiheitssender informierte fast jeden Abend aus Madrid über den Einsatz deutscher Soldaten in Spanien, über Siege und Niederlagen:

    "Der republikanischen Luftflotte gelang es in enger Zusammenarbeit mit einigen Flakbatterien den Himmel von den faschistischen Junkers zu säubern, die mehr als einmal gezwungen wurden, geplante Angriffe auf Mora und Ferales abzubrechen und ihre Bomben ins freie Gelände zu werfen, wobei jedes Mal feindliche Begleitflieger abgeschossen wurden."

    Die brüderliche Waffenhilfe des Auslands wurde zum Auftakt für eine Art "ideologischen Weltkrieg", bei dem sich Faschismus und Demokratie, Stalinismus und Anarchismus, westliches Abendland und östlicher Bolschewismus unversöhnlich gegenüberstanden. Die Lieder der Internationalen Brigaden, deren Kämpfer zu den Tapfersten unter allen ausländischen Truppen gehörten, spiegelten mit einfacher Lyrik das Kampfgeschehen wider. Zu den "Interbrigadistas" gehörten Freiwillige aus dem Ausland, die trotz mangelnder Erfahrung kämpften und in deren Reihen berühmte Schriftsteller wie George Orwell standen.

    Spaniens Hauptstadt fiel am 27. März 1939, nachdem das Baskenland sowie Kantabrien, Aragonien und Katalonien von den Aufständischen erobert worden waren. Einen Tag später zogen Francos Truppen in die spanische Hauptstadt ein. Seine Herrschaft sollte fast vierzig Jahre andauern, und der größte Teil der Verbrechen kam erst nach dem Tod des Diktators ans Licht. Die Schätzungen schwanken zwischen 300.000 und 900.000 Toten, die durch Krieg, Terror und Hunger zu beklagen waren. Über 300.000 Emigranten starben im Exil. Der Historiker Walther L. Bernecker:

    "Die außerordentliche Grausamkeit im Bürgerkrieg hängt damit zusammen, dass ganz konkret Franco gewillt war, eine Situation zu hinterlassen, in der ein für alle Mal sein Pronunciamiento, sein Militärputsch, sein Krieg der letzte in der spanischen Geschichte sein würde. Und dazu war es erforderlich, alle Gegner zu eliminieren, alle, die auch nur im Verdacht standen, mit der Republik zu sympathisieren."

    Als Franco im November des Jahres 1975 starb, hinterließ er ein unversöhntes Volk. Noch einen Monat vor seinem Tod hatte er angebliche ETA-Terroristen erschießen lassen. Die weinerliche Stimme, mit der Ministerpräsident Arias Navarro das Ableben des Diktators verkündete, entsprach keineswegs der heimlichen Freude, mit der man in Spanien den Tod des Caudillo begrüßte.

    Allen voran König Juan Carlos wusste, dass sich Ursachen und Folgen des Franco-Regimes tief in die Köpfe der Spanier eingegraben hatten – und er erkannte die historische Notwendigkeit, ein Monarch aller Spanier zu werden. In seiner mit Spannung erwarteten Rede sagte er am 22. November 1975 im Parlament, dass eine neue Etappe beginne, bei der die Monarchie ein Wächter und das Volk einziger Souverän einer demokratischen Gesellschaft sein müsse:

    "Heute beginnt eine neue Etappe in der Geschichte Spaniens. Diese Etappe, durch die wir gemeinsam fortschreiten werden, nimmt ihren Ausgangspunkt in Frieden, Arbeit und Wohlfahrt, der Frucht gemeinsamen und kollektiven Willens, gemeinsamer und kollektiver Stärke. Die Monarchie wird der getreue Wächter dieser Erbschaft sein und jederzeit versuchen, engsten Kontakt mit dem Volke zu bewahren. Und heute, in dieser bedeutsamen Stunde, wende ich mich an euch alle, denn es ist die Pflicht aller, Spanien zu dienen."

    Doch erst spät ging man daran, die Denkmäler Francos zu schleifen. Das Trauma jener "zwei Spanien" dauerte bis weit in die achtziger Jahre. Ein dramatischer Überfall auf das Parlament signalisierte 1981, dass der Rückfall in autoritäre Visionen längst nicht gebannt war. Damals stürmte Oberstleutnant Antonio Tejero mit einer Gruppe meuternder Zivilgardisten den Plenarsaal, schoss wild um sich und zwang über 300 Abgeordnete und Minister, auf dem Fußboden Deckung zu suchen.

    "Beginnt mit einer Salve aus Maschinengewehr ... Dann der Ruf "Todos al suelo". Wieder Schüsse."

    Damals faselte der schnauzbärtige Putschist Tejero von einem starken Unbekannten, der die Geschicke Spaniens bald übernehmen solle. Gemeint war offensichtlich König Juan Carlos, der den Putschisten aber einen Strich durch die Rechnung machte, weil er sich quer stellte und die Verschwörer auf der Stelle verhaften ließ.

    Es gehört zur Paradoxie der jüngeren spanischen Geschichte, dass erst Tejeros vereiteltes Unternehmen jene an die Macht brachte, die unter Franco am meisten gelitten hatten: Sozialisten, Gewerkschafter und Kommunisten, linke, liberale und konservative Intellektuelle, die wegen ihres Widerstands gegen Franco von einer allmächtigen Geheimpolizei gefoltert, in die Gefängnisse gesteckt oder in das Ausland vertrieben worden waren. Mit dem Sieg der Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE unter ihrem jungen Hoffnungsträger Felipe Gonzalez, der sich 1982 wie ein überraschender Erdrutsch ereignete, war das Trauma des Bürgerkrieges beendet. Spaniens innere Aussöhnung begann.