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Frankfurt-Hahn
Wie prüft man chinesische Investoren?

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat das Misstrauensvotum wegen des geplatzten Frankfurt-Hahn-Verkaufs überstanden. Unklar ist, warum ihre Regierung dem Investor aus Schanghai auf den Leim gegangen ist und das nicht durchschaut. Wie lassen sich chinesische Angebote auf ihre Seriosität hin prüfen?

Von Sebastian Hesse | 14.07.2016
    Die Aufschrift "frankfurt hahn airport" prangt auf einem Gebäude, darüber blauer bewölkter Himmel
    Für den Flughafen Hahn muss ein neuer Käufer gefunden werden. (dpa / Thomas Frey)
    Der Blick ins Handelsregister ist auch für den deutschen Anwalt Patrick Heid der erste Reflex, wenn er ein chinesisches Unternehmen bewerten soll. Background-Checks gehören zum Alltag des Leiters der Kanzlei Graf von Westphalen in Schanghai. Wie hoch ist das Stammkapital? Kann sich das Unternehmen die geplante Investition leisten? Hat es kürzlich einen Anteilseigner-Wechsel gegeben? Danach schaut Anwalt Heid als Erstes und dann auf den sogenannten Unternehmensgegenstand. Also das, womit sich ein Unternehmen befasst.
    "Anders als in Deutschland ist ein chinesisches Unternehmen im Prinzip gezwungen, seine Aktivitäten nur im Rahmen dieses genehmigten Unternehmensgegenstandes auszuüben. Und wenn das nicht mit dem zusammenpasst, was die angeben in ihrer Präsentation, womit sie sich beschäftigen beispielsweise, dann hat man schon so ein erstes Alarmzeichen."
    Strategie: "Alles weitere wird sich schon ergeben"
    Bei der Yiqian Trading Company war eingetragen: der Handel mit Baumaterialien, Textilien und Elektroprodukten. Sprich: Flughafen-Logistik gehörte nicht zu den registrierten Geschäftsfeldern des Hahn-Investors. Allerdings ist es in China durchaus üblich, dass sich Unternehmen, bei entsprechender Gelegenheit, auf völlig neue Geschäftsfelder wagen. Zunächst im Geiste hochtrabende Pläne entsinnen für neue Geschäftsmodelle:
    "Die werden aber häufig so dem deutschen Partner, oder Verkäufer oder Investor verkauft, als gäbe es keinen Zweifel daran, dass das tatsächlich passiert. Das würde ich persönlich nie den Chinesen als Betrugsversuch in die Schuhe schieben, sondern das ist eher ein kulturelles Thema. Die Strategie ist quasi: Sobald ich einmal diese Gelegenheit beim Schopf gepackt habe, wird sich alles weitere schon ergeben."
    Das könnte im Falle Hahn so gelaufen sein: Dass die Yiqian-Gesellschafter die Ausschreibung für den Regionalflughafen entdeckt haben. Und eher aus einem spontanen Impuls heraus ein neues Geschäftsfeld ausgemacht haben. In China selbst passiert das oft bei Immobilienkäufen: Unternehmer sichern sich bei Gelegenheit Grundstücke oder Büroflächen, ohne zunächst genau zu wissen, was sie dort geschäftlich tun werden.
    "Diese Denke, finde ich, illustriert ganz gut, wie viele chinesische Unternehmen auch an Projekte in Übersee und in Deutschland herangehen. Man hat noch nicht sofort einen Plan, aber man hat bestimmte Vorstellungen und man will erst mal zugreifen, bevor es jemand anderes tut, und überlegt danach weiter."
    Staatliche Genehmigung abfragen
    So würde sich erklären, dass die Yiqian Trading ihre genauen Nutzungspläne für den Hahn erst nach dem endgültigen Abschluss des Deals offenbaren wollte. Patrick Heid unterzieht daher Unternehmen, die er evaluieren soll, und deren Pläne einem Plausibilitäts-Check:
    "Wieweit diese Pläne schon gediehen sind, ob die irgendwie fixiert sind oder ob das nur Wolkenkuckucksheime sind bislang: Das kann man versuchen, in den Gesprächen mit den Investoren oder den potenziellen Joint Venture-Partnern abzufragen und zu plausibilisieren. Und das ist ein wesentlicher Teil auch dessen, was wir machen, wenn wir die Ernsthaftigkeit, beziehungsweise den Realismus eines solchen Investments versuchen zu checken."
    Und dann empfiehlt Heid, was die Mainzer Landesregierung zum Schluss ja auch gemacht hat: Bei den chinesischen Behörden nachprüfen, ob der Erwerb im Ausland denn auch staatlich genehmigt wurde. Im Falle Frankfurt-Hahn war das nicht der Fall.