Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Frankreich
Der eine Staatskonzern hilft dem anderen

Der staatliche französische Atomkonzern Areva steckt seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima tief in der Krise. Ein anderer Staatskonzern, der Stromriese EDF, springt ihm nun bei und beteiligt sich an der Kraftwerkssparte von Areva. An Risiken wie einem Akw-Projekt in Finnland will sich EDF aber nicht beteiligen.

Von Ursula Welter | 30.07.2015
    Der Unternehmenssitz des Industriekonzerns Areva im Hochhausviertel La Defense in Paris.
    Der Unternehmenssitz des Industriekonzerns Areva im Hochhausviertel La Defense in Paris. (Imago / PanoramiC / Jade Annest)
    Der eine Staatsbetrieb hat Probleme, Fukushima hat der Reaktorsparte zugesetzt, im März hatte der Chef des Atomkonzerns, Philippe Varin, eingestanden: "Areva steckt in der Krise". Knapp fünf Milliarden Euro Verlust. Jetzt springt der eine Staatsbetrieb dem anderen zur Seite. "Das spielt sich in der Tat zwischen zwei großen, öffentlichen Betrieben ab", sagt Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, "zwei Staatsbetrieben, die sich leider zu oft in der Vergangenheit gegenseitig ausgespielt haben."
    Der Stromkonzern EDF wird nun also Mehrheitseigner der Reaktorsparte von Areva, übernimmt die Kontrolle von Areva Nuclear Power. Ursprünglich hatte EDF zwei Milliarden Euro geboten, jetzt wurde auf 2,7 Milliarden nachgebessert. Ob der Scheck allerdings in dieser Höhe ausgestellt werden wird, ist noch offen - EDF behält sich vor, den Kassensturz abzuwarten.
    Der Stromkonzern will seinen Einstieg in das Kapital der Reaktorsparte von Areva auf 51 bis maximal 75 Prozent begrenzen. Andere Investoren sollen in einer nächsten Etappe hinzukommen, je nach Investoreninteresse wird Areva maximal 25 Prozent an der neuen Konstruktion halten.
    Außerdem einigten sich die beiden Konzerne, unter den Augen und unter der Vermittlung des französischen Wirtschaftsministers, auf die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zur Entwicklung neuer Kernkraftwerke. EDF wird daran mit 80 Prozent Mehrheitseigner, Areva soll 20 Prozent halten.
    Der EDF-Chef akzeptierte die Hilfestellung für den angeschlagenen Atomkonzern Areva nur unter der Bedingung, dass sein Unternehmen nicht in Haftung genommen wird für die Probleme des Druckwasserreaktors der neuen Generation, EPR, den Areva in Finnland baut - ein pannengeplagtes Projekt, dessen Kosten von ursprünglich drei auf nunmehr acht Milliarden explodiert sind. Für dieses Risiko will EDF nicht einstehen.
    Gepokert wurde auch um den zweiten Teil des Areva-Konzerns, die Brennstoffverarbeitung, die zwar bei Areva verbleibt, aber abhängig ist von EDF, da der Stromkonzern der wichtigste Kunde ist. Französische Zeitungen hatten berichtet, EDF werde sich vertraglich verpflichten, bis 2023 die Areva-Kapazitäten der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague am Ärmelkanal zu nutzen. In der heute vorgelegten Einigung der Konzerne wird dieser Punkt öffentlich aber nicht präzisiert.
    Der Staat Frankreich, als Mehrheitseigentümer von Areva, wird außerdem noch sagen müssen, wie groß die staatliche Kapitalstütze ausfällt und wie mit den finanziellen Risiken des Druckwasserreaktorprojekts in Finnland verfahren werden soll. Areva hatte heute früh mitgeteilt, dass nach erneut schlechten Zahlen im ersten Halbjahr der Finanzbedarf bis 2017 bei sieben Milliarden Euro liege. An einer Kapitalerhöhung kommt das Unternehmen also nicht vorbei. Die französische Regierung will nach der politischen Sommerpause, im September, ihre Antworten auf diese Fragen vorlegen.