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Frankreich
Der Front National und die Panama Papers

Der rechtsextreme Front National tritt in Frankreich vollmundig als Interessenvertreter des kleinen Mannes auf. Besonders pikant ist deshalb, dass sich gerade hier mehrere Verdachtsmomente aus den Panama Papers ergeben: Geldwäsche und illegale Wahlkampf-Finanzierung stehen als Vorwurf im Raum. Die Partei selbst wittert reflexartig ein Komplott.

Von Jürgen König | 07.04.2016
    Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National in nachdenklicher Pose, im Hintergrund die französische Flagge
    Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National: Auch hier scheinen Briefkastenfirmen eine Rolle gespielt zu haben. (picture alliance / dpa / Marlene Awaad/Ip3)
    "Panama-Papers: Die Offshore-Konten der Vertrauten von Marine Le Pen" - mit dieser Überschrift auf der Titelseite sorgte "Le Monde" für reichlich Gesprächsstoff in Frankreich. Mit dem "Internationalen Konsortium für investigative Journalisten" arbeitet "Le Monde" eng zusammen. Ein "système sophistiqué", ein "raffiniertes, ausgeklügeltes Offshore-System" sei in der "Umgebung" von Marine Le Pen, der Präsidentin des Front National, errichtet worden. Im Zentrum der Berichterstattung stehen zwei Männer: Der Geschäftsmann Frédéric Chatillon, dessen Kommunikationsfirma Riwal in mehreren Wahlkämpfen für Kandidaten des Front National gearbeitet hatte und der Wirtschaftsprüfer Nicolas Crochet.
    Gegen beide wird wegen illegaler Wahlkampffinanzierung zugunsten des Front National ermittelt. Den Panama Papers zufolge, so "Le Monde", transferierten beide nach den Präsidentschaftswahlen 2012 mittels fingierter Rechnungen und Scheinfirmen in Hongkong, Singapur, den Britischen Jungferninseln und Panama insgesamt 316.000 Euro aus Frankreich mit dem Ziel, den "französischen Anti-Geldwäsche-Behörden zu entgehen".
    Frédéric Chatillon sieht sich unschuldig, teilte auf Facebook mit, sein Unternehmen habe "absolut legal" in Asien investiert, der Front National sei an diesen privaten Aktivitäten nicht beteiligt gewesen. Die ganze Geschichte sei lächerlich, erklärte Chatillons Anwalt, Alexandre Varaut:
    "Und sie gesellt sich zu einem Sturm, mit dem beide nichts zu tun haben: das Weltfinanzsystem, versteckte Gelder in Steuerparadiesen – sie haben gar nichts versteckt."
    Louis Aliot, der Vizepräsident des Front National:
    "Vor zwei Jahren untersuchten die Richter den Vorwurf, Frédéric Châtillon habe Guthaben nicht korrekt angegeben. Und sie haben nichts gefunden. "Le Monde" tut so, als würde sie etwas enthüllen, was aber nicht erwiesen ist. Ich nenne das Diffamierung. Währenddessen steigt die Arbeitslosigkeit, es gibt die schlimmsten Attentate in Frankreich und die Situation ist explosiv. Und also dient der Front National nur einem Täuschungsmanöver der Regierung, die die öffentliche Meinung gegen eine Partei richtet, die politisch und wirtschaftlich für nichts verantwortlich ist. Um damit gegen etwas zu agitieren, was nicht existiert. Weder der Front National, noch Marine Le Pen sind in diese Affäre verwickelt, weder im engeren noch im weiteren Sinne."
    Einhellige Entrüstung beim Front National
    Einhellig ist die Entrüstung beim Front National. Frédéric Chatillon habe keine Verantwortung beim Front National, hieß es, die Partei unterhalte auch keine Offshore-Konten. Gilbert Collard, einer von zwei Abgeordneten der Partei in der Nationalversammlung:
    "Wenn man den Namen von zwei Menschen zitiert, die dem Front National nahestehen, heißt das doch noch lange nicht, dass der ganze Front National damit etwas zu tun hat. Dieser Chatillon wird sich erklären, Crochet wird sich erklären und danach wird man sehen, was davon zu halten ist. Eines ist klar: Wenn die Behauptungen sich bestätigen, heißt es sie oder ich."
    Steuerbetrug wird dem Front National schon länger vorgeworfen, das Büro des Parteigründers Jean-Marie Le Pen war erst im November durchsucht worden. Dessen früherer "Butler" Gérald Gérin wird in den "Panama Papers" auch erwähnt: 2008 soll er als Begünstigter eines Trusts mit Vermögenstiteln von fast einer Million Euro eingesetzt worden sein.
    Wer tatsächlich von dem Geld profitiere, sei unklar schreibt "Le Monde", die französische Justiz gehe aber Verbindungen zu Jean-Marie Le Pen nach. Dieser äußerte sich dazu nur kurz:
    "Der Skandal ist ein Bluff. Ich glaube, dass diese ganzen skandalösen Enthüllungen nur eines sollen: Viel Wind machen."
    Für die öffentlichen Reaktionen kann beispielhaft die Zeitung "Le Midi Libre" aus Montpellier zitiert werden:
    "Vertraute der Parteivorsitzenden und des Gründervaters des Front National, die uns pausenlos Lektionen in Sachen politische Moral geben, sie, die stets die Verwaltung des Staats kritisieren, sollen Vermögen in Steuerparadiesen versteckt haben. Und wie immer sprechen die Verantwortlichen des Front National reflexartig von Manipulation, Verleumdung, Komplott. Zwischen Tarnfirmen, falschen Rechnungen und einem zweifelhaften Butler fühlt man sich wie in einem Rollenspiel. Ein lustiges Spiel ist es nicht - es wird einem eher übel."