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Frankreich
Die konservative Opposition wählt einen neuen Chef

Frankreichs Konservative, die UMP, suchen einen neuen Parteivorsitzenden. Nach einer längeren Auszeit will es der frühere Präsident Nicolas Sarkozy noch einmal wissen. Bruno Le Maire, auch er ein früherer Minister, gilt als sein schärfster Konkurrent.

Von Ursula Welter | 26.11.2014
    Ein Stadtteil-Kino in Neuilly, einem reichen Vorort von Paris. An der großen Glastür treffen sich ein paar Senioren im hellen Licht der Reklame: "Hier in Neuilly wird Nicolas Sarkozy eher geschätzt, fast geliebt - er war hier Bürgermeister, ja, Nicolas Sarkozy ist beliebt in Neuilly!"
    Der freundliche alte Herr strahlt erst recht als von rechts ein junger Mann aus der Dunkelheit auftaucht. Alle Kameras richten sich auf den blond gelockten Jüngling mit modischer Groß-Brille. "Sarkozys Sohn - er ist für die Konservativen im Generalrat des Departement, Jean ist ein politisches Tier, ein extraordinäres Talent, Sie werden sehen, in zehn Jahren ist der Präsident."
    Der Sprössling des Ex-Präsidenten, der wie sein Vater nach Höherem strebt, schüttelt Hände, gibt Interviews, nimmt Platz in der ersten Reihe des Kinos. Als lokaler Statthalter konnte er an diesem Abend nicht fehlen - alles andere hätte entweder nach Affront ausgesehen oder aber nach Angst des Sarkozy-Clans vor einem erstarkenden Gegner. Denn dies ist der Abend des Bruno le Maire.
    Die Ränge sind prall gefüllt, mehr als 300 Leute sind gekommen, um den Mittvierziger zu hören und zu sehen. Eine Mehrheit der Franzosen bescheinigt le Maire einen "erfolgreichen Wahlkampf".
    Neuilly ist Sarkozy-Land
    Mehr als 80 Auftritte im ganzen Land hat der leicht ergraute Absolvent französischer Elitehochschulen, der Literaturexperte und Deutschlandkenner an diesem Abend bereits hinter sich, der Auftritt in Neuilly ist kein Heimspiel, obwohl le Maire hier 1969 geboren wurde. Neuilly ist Sarkozy-Land und dennoch:
    Der Mann, der in der Ära Sarkozy Minister war und jetzt gegen seinen Ex-Chef antritt, will für einen neuen Stil stehen, für einen fairen Wettbewerb der Ideen. "Diese Kampagne ehrt unsere politische Familie."
    Der hochgewachsene le Maire schreitet die Treppen des Saals mal auf und mal ab, eine Hand lässig in der Hosentasche, in der anderen das Mikrofon. "Transparenz für die Parteifinanzen" verspricht er und grenzt sich damit von Sarkozy ab, dessen Wahlkampf 2012 der Justiz zu denken gibt. Auch will Le Maire, anders als der Ex-Präsident, die Partei nicht gänzlich umkrempeln, will den Namen UMP erhalten und ein klares Parteiprogramm entwickeln, gemeinsam mit der Parteibasis. "Mehr Geld für Armee und Polizei"," Lockerung der 35-Stunden Woche", "strengere Einwanderungsregeln", "ein handlungsfähiges Kerneuropa", notfalls ohne Großbritannien: "Meine Herren Briten, wenn Sie nicht zufrieden sind, treten Sie aus der EU aus."
    Nicht nur dafür bekommt Bruno le Maire viel Applaus. Er punktet als er die Begleitung von Schulklassen durch verschleierte Mütter in Frage stellt, aber auch mit dem Hinweis, diese Wahl zum Parteivorsitz sei die letzte Chance für die UMP- nach den Jahren der Hahnenkämpfe an der Spitze, zulasten des inhaltlichen Profils der Partei "Jetzt oder nie", ruft le Maire in den Saal. Denn sollte sich Frankreichs konservative Opposition nicht aufrappeln, werde der Boulevard für den extremen "Front National " bereitet, das lasse er nicht zu.
    "Bruno heißt Erneuerung"
    In der Nähe des Ausgangs steht an diesem Abend Franck, ein junger Mann im grünen Fan-T-Shirt mit der Aufschrift "Bruno heißt Erneuerung": "Er ist ein Mann mit starken Überzeugungen, er hält sein Fähnchen nicht in den Wind, und vor allem tut er was er sagt."
    Bruno Le Maire gilt seinen Anhängern als der verlässlichere, und doch liegt er in den Umfragen hinter dem als sprunghaft geltenden Sarkozy. "Macht nichts", sagte Franck der Student. Wie viele an diesem Abend setzt auch Franck auf die Überraschung und auf Sieg: "On attend la victoire."