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Frankreich
Regierung brüstet sich mit Wirtschaftsnobelpreis

Dass Jean Tirole den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhält, ist Balsam auf die französischen Wunden. Und ließ alle laufenden Debatten über den Wirtschaftsstandort Frankreich in den Hintergrund treten. "Welch ein Nasedrehen für das 'French bashing'", jubilierte etwa Premierminister Manuel Valls.

Von Ursula Welter | 13.10.2014
    "Dem 'French Bashing' wurde die lange Nase gezeigt " freute sich der Premierminister per Twitter. Ein Franzose als alleiniger Träger eines Wirtschaftsnobelpreises, das ließ alle laufenden Debatten über den Wirtschaftsstandort Frankreich in den Hintergrund treten.
    In Toulouse, an der "School of Economics" gab es stehende Ovationen, junge Leute in T-Shirts mit der Aufschrift "I love TSE", feierten den frisch gebackenen Preisträger.
    Er sei bewegt und glücklich, sagte Jean Tirole. Aber die Füße habe er noch nicht wieder recht auf dem Boden seit dem Anruf aus Stockholm. Der ihn etwas verspätet erreichte, Tirol hatte - anderweitig beschäftigt - sein Telefon um die Mittagszeit stumm geschaltet.
    Der Dank des Wissenschaftlers galt nicht zuletzt seinen Mitarbeitern. Das ist Teamwork, sagte er in den prall gefüllten Saal. Er habe mit den richtigen Leuten zum richtigen Zeitpunkt zusammengearbeitet.
    Und erinnerte, wie viele in Frankreich heute, an Jean-Jacques Laffont. Der war es gewesen, der in den 80er-Jahren in Toulouse das Fundament für die wissenschaftliche Forschung gelegt hatte, die nun ausgezeichnet wurde. Laffont war es auch, der Tirole schließlich aus den USA, vom namhaften MIT, zurück nach Toulouse holte und an dessen Seite Tirole dann am Rüstzeug für die Marktregulierung arbeitete. Der frisch gekürte Nobelpreisträger, dessen wissenschaftliche Arbeit nur teilweise aus dem Englischen in die französische Sprache übersetzt wurde, gehört nicht zu den Ökonomen Frankreichs, die sich medienwirksam vermarkten.
    Frankreichs Wirtschaftsminister, Emanuel Macron, gratulierte ebenfalls per Twitter, sagte, Tirole sei ein großer Wissenschaftler und die Auszeichnung auch eine Auszeichnung für die Wirtschaftsforschung in Frankreich. Macron, der gerade den Zorn des linken Flügels und der Gewerkschaften auf sich gezogen hat, weil er eine weitere Reform des Arbeitsmarktes ins Gespräch gebracht hatte. Der frisch gekürte Nobelpreisträger Tirole hat im Übrigen auch dazu geforscht und Ideen entwickelt, wie der Arbeitsmarkt gestaltet sein sollte, um Massenarbeitslosigkeit zu verhindern.
    Das was ihm heute widerfahren sei, könne man auf jeden Fall "extraordinaire" nennen, sagte Jean Tirole.